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BGB
Bürgerliches Gesetzbuch
§ 134 Gesetzliches Verbot (Regelung seit 01.01.2002)
Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.
1. § 134 BGB dient der Kontrolle von Rechtsgeschäften jeder Art und ist auch auf Vertragsangebote anwendbar. Verbotsgesetze i.S.d. Vorschrift sind Normen, welche grundsätzlich mögliche Rechtsgeschäfte wegen ihres Inhalts oder den Umständen ihres Zustandekommens untersagen. Zu den Normen gehören Gesetze, Rechtsverordnungen des Bundes und im Rahmen der Zuständigkeiten auch der Länder (BGH NJW 86, 2361) sowie Gewohnheitsrecht. Auch Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen (§ 88 BetrVG) und berufsständische Satzungen (BGH NJW 86, 2361) gehören dazu. Ebenso können sich aus dem Recht der EU Verbote i.S.d. § 134 BGB ergeben. Ausländisches Recht ist auf Grund von völkerrechtlichen Verträgen zu beachten, wenn sie in innerstaatliches Recht (Art.25, 59 GG) umgesetzt wurden oder soweit sie nicht nur die Beziehungen zwischen den Regierungen betreffen. Die Grundrechte des GG sind i.d.R. keine Verbotsgesetze i.S.d. § 134 BGB.

2.1. Das Verbot muss sich gerade gegen die Vornahme eines Rechtsgeschäftes richten (BGH NJW 83, 2873). Dies kann sich auch durch die Auslegung des Gesetzes ergeben.

2.2. Ein Verstoß i.S.d. § 134 BGB setzt kein Verschulden voraus. Wenn aber gegen Strafgesetze verstoßen wird, muss - entsprechend der jeweiligen verletzten Norm - auch Vorsatz oder zumindest Fahrlässigkeit gegeben sein.

3.1. Verstößt ein Rechtsgeschäft gegen ein gesetzliches Verbot, führt dies zur Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts. In einigen Fällen wird diese Folge des Gesetzesverstoßes im Gesetz ausdrücklich bestimmt, z.B. in §§ 476, 537 Abs. III, 550a, 557 Abs. IV BGB, § 4 Abs. II S.2 BKleingG, § 9 Nr. 1 AÜG.
Grundsätzlich ist das gesamte Rechtsgeschäft nichtig. Aus dem Schutzzweck der Norm kann sich jedoch anderes ergeben. So führt der Ausschluss einer Ratenzahlung nach § 550 b I 3 BGB nicht zu einer Gesamtnichtigkeit der Kautionsabrede, wenn die Trennung der Abrede in einen zulässigen Teil über die Höhe der Kaution und einen unzulässigen Teil über die Fälligkeit möglich ist (LG Lüneburg, Urt. v. 09.09.1999 - 1 S 116/99).

3.2. Ergibt sich die Nichtigkeit nicht aus der verletzten Gesetzesnorm, so ist nach Auslegung des Gesetzeszwecks i.S.d. § 134 BGB im Zweifel davon auszugehen, dass das Rechtsgeschäft nichtig sein soll. Wird im Gesetz folgendermaßen formuliert: "kann nicht", "ist unzulässig", "ist nicht übertragbar", ist davon auszugehen, dass hier nur eine Einschränkung der rechtsgeschäftlichen Gestaltungsmacht vorliegt, die zur endgültigen oder schwebenden Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts führt, und kein gesetzliches Verbot. Ist der Abschluss eines Vertrages nur für einen Teil verboten, so bleibt das Geschäft i.d.R. gültig (BGH NJW 81, 1205). Ein Geschäft, durch das ein verbotener Erfolg durch die Verwendung von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten, welche (scheinbar) nicht von der Verbotsnorm erfasst werden, erreicht werden soll, ist wegen Umgehung der gesetzlichen Bestimmungen, nichtig.

3.3. Die Formulierung "soll nicht" hat im BGB nur die Bedeutung einer bloßen Ordnungsvorschrift, deren Verletzung die Wirksamkeit des Rechtsgeschäftes nicht berührt. Voraussetzung ist aber, dass sich das Verbot an beide Teile des Rechtsgeschäftes wendet. Der Verstoß gegen Ordnungsvorschriften führt aber nicht zur Unwirksamkeit (BGH NJW 2286). So führt ein Verstoß gegen die Vergaberichtlinien der VOB/A nicht zur Nichtigkeit der Vergabeentscheidung (OLG Schleswig-Holstein, Urt. v. 06.07.1999 - 6 U Kart 22/99). Widerspricht das Rechtsgeschäft nur rechtlichen Grundsätzen und Wertungen, aber keinem gesetzlichen Verbot, kann sich dessen Nichtigkeit aus § 138 BGB ergeben.

3.4. Wird in einer Norm eine behördliche Genehmigung gefordert, so bedeutet dies, dass die beabsichtigte Handlung ohne diese Genehmigung verboten ist. Dies führt aber nur zu schwebenden Unwirksamkeit der Rechtshandlung und nicht zur Nichtigkeit. Nichtig ist ein solches Rechtsgeschäft nur, wenn es von den Parteien in Umgehungsabsicht abgeschlossen wurde (BGH NJW 68, 1928).

3.5. Ist für die Ausübung bestimmter Berufe eine behördliche Erlaubnis (Berufszulassung) erforderlich, ist nach dem Zweck der Norm zu ermitteln, ob das Fehlen der Zulassung den abgeschlossenen Vertrag nichtig macht. Dies ist zu bejahen bei Verträgen mit nicht zugelassenem Rechtsberater z.B. Syndikusanwalt (BGH, Urt. v. 25.02.1999 - IX ZR 384/97), Arbeitsvermittler, Steuerberater (BGH, Urt. v. 30.09.1999 - IX ZR 139/98;OLG Köln, Urt. v. 01.10.1999 - 19 U 219/98), Veranstalter von Fernunterricht und Heilpraktiker. Der Werkvertrag mit einem nicht in die Handwerksrolle eingetragenen Handwerker ist demgegenüber wirksam.


4. Die Nichtigkeit (das Geschäft stellt sich als nicht geschlossen dar) des Rechtsgeschäfts tritt ein, wenn dass Verbot schon bei Vornahme des Geschäfts vorlag. Entfällt das Verbot nachträglich, muss das Rechtsgeschäft gem. § 141 BGB durch Neuvornahme bestätigt werden, damit dieses wirksam wird. Ist der Vertrag von vornherein für den Fall des Wegfalls des Verbotes geschlossen worden, wird er entsprechend §§ 309, 308 BGB wirksam.
Aus dem Zweck der Verbotsnorm kann sich ergeben, dass nur die verbotene Klausel eines Vertrages nichtig ist, § 139 BGB, ansonsten erstreckt sich die Nichtigkeit auf das gesamte Rechtsgeschäft.


5. Beispiele
5.1. Mietrecht: Eine neuere Entscheidung des HansOLG Hamburg befasst sich mit der Frage, ob sich bei Staffelmietverträgen die Nichtigkeit einer Staffelmiete auch auf die vereinbarten künftigen Staffelmieten erstrecke. Eine Staffelmiete habe nicht der ortsüblichen Vergleichsmiete entsprochen und somit gegen die Verbotsnorm des § 5 Abs. II WiStrG verstoßen. Die daraus folgende Nichtigkeit nach § 134 BGB bewirke aber nicht auch die Hinfälligkeit der vereinbarten zukünftigen Staffelmieten, vielmehr müsse die Nichtigkeit für diese Mieten gesondert festgestellt werden (HansOLG Hamburg, Rechtsentscheid v. 13.01.2000 - 4 U 112/99). Die Nichtigkeit ist des Weiteren bei einem Nachweisverzicht bei der Ausstellung der vollstreckbaren Urkunde bei einer Unterwerfungserklärung zur sofortigen Zwangsvollstreckung (OLG Celle, Urt. v. 02.02.1999 - 16 U 180/98). Ebenso besteht Nichtigkeit wegen Verstoß von § 134 BGB wenn eine Mieterklausel die Vermietung einer Fläche auf 10 Jahre an bestimmte Betriebe untersagt, da ein Verstoß gegen § 26 II 2 GWB i.V.m. § 134 BGB wegen unangemessener Benachteiligung vorliegt (OLG Dresden, Urt. v. 29.10.1998 - 7 U 1117/98). Ein Ausschluss des Rechts auf Ratenzahlung nach § 550 b I 3 BGB ist nichtig (LG Lüneburg, Urt. v. 09.09.1999 - 1 S 116/99).

5.2. Arbeitsrecht: Dagegen ist eine Schenkung wegen fehlender Zustimmung nach § 10 I BAT nicht nach § 134 BGB nichtig (BGH, Urt. v. 14.12.1999 - XZR 34/98). Ebensowenig liegt in der Abtretung des Gehaltes ( vereinbartes Festgeld) ein Verstoß gegen das Verschwiegenheitsgebot nach § 85 I GmbHG i.V.m. § 134 BGB vor (OLG Köln, Urt. v. 20.09.1999 - 16 U 25/99). Es liegt auch keine Benachteiligung von Teilzeitarbeitnehmern durch tarifliche Bestimmungen vor, wenn sich diese nur aus abstrakten Berechnungen ergeben (BAG, Urt. v. 18.08.1999 - 10 AZR 424/98). Nichtig ist dagegen die Kündigung einer Erziehungsberechtigten nach § 18 BErzGG i.V.m. § 134 BGB, wenn keine Genehmigung der zuständigen Behörde vorliegt (BAG, Urt. v. 11.03.1999 - 2 AZR 19/98). Die Vereinbarung einer Abfindung für den Fall einer Kündigung aus wichtigem Grund stellt eine unzulässige Einschränkung des außerordentlichen Kündigungsrechtes (§ 626 BGB) dar und ist deshalb nichtig (BGH, Urt. v. 03.07.2000 - II ZR 282/98).

5.3. Der Verkauf einer Rechtsanwaltskanzlei verstößt dann gegen § 134 BGB i.V.m. § 203 StGB, wenn der Erwerber vorher dort nicht tätig gewesen ist und der Veräußerer als freier Mitarbeiter in der Kanzlei weiterarbeitet (OLG München, Urt. v. 05.05.2000 - 23 U 6086/99).

5.4. Betrifft das Verbot das Erfüllungsgeschäft, ist auch das Verpflichtungsgeschäft nichtig. Die Nichtigkeit des Verpflichtungsgeschäftes berührt die Wirksamkeit des Erfüllungsgeschäftes nur ganz ausnahmsweise.

6. Für die Haftung des Vertragspartners, der das gesetzliche Verbot kannte, siehe § 309 BGB.

7. Prozessuales
Derjenige, der sich auf die Nichtigkeit des Rechtsgeschäftes beruft, muss die tatsächlichen Voraussetzungen eines Gesetzesverstoßes beweisen.


Diese Kommentierung basiert auf einer Arbeit des Rechtsanwalts Thomas Weidel, Bitterfeld, einem damaligen Mitarbeiter der Fa. Advo-net.com, Eco-Part GmbH & Co. KG. Stand ist eigentlich der 04.10.2000. Aus technischen Gründen musste oben ein Stand nach dem In-Kraft-treten der Neufassung des BGB am 1.1.2002 eingegeben werden.

Für Hinweise und Anregungen sind wir immer dankbar. Bei Interesse ist qualifizierten Juristen die Aufnahme in die Kommentatoren-Liste möglich.

Urteile nach 02.01.2002, also nach Abschluss dieser Kommentierung