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Pressemitteilung
T-499/12;
Verkündet am: 
 12.11.2015
EuGH Europäischer Gerichtshof
 

Rechtskräftig: unbekannt!
Das Gericht weist die Klage von zwei Minderheitsaktionären der HSH Nordbank ab und bestätigt damit den Beschluss der Kommission aus dem Jahr 2011, mit dem die deutschen Rettungsmaßnahmen zugunsten der HSH Nordbank unter Auflagen genehmigt wurden
Zum Urteilstext (Englisch!)
Zur englischen Version der Presserklärung

Die HSH Nordbank, eine im Jahr 2003 aus der Fusion der Hamburgischen Landesbank und der Landesbank Schleswig-Holstein entstandene Aktiengesellschaft, ist die fünftgrößte deutsche Landesbank. Da sie von der 2007 aufgetretenen und durch die Insolvenz der Bank Lehmann Brothers im September 2008 verschärfte Subprime-Krise1 betroffen war, wurden ihr eine Reihe von Rettungsmaßnahmen gewährt: (i) eine Rekapitalisierung in Höhe von 3 Mrd. Euro durch die Ausgabe von Aktien der HSH Nordbank (die vollständig von ihrem Mehrheitsaktionär, dem HSH Finanzfonds, einer Anstalt des öffentlichen Rechts2, gezeichnet wurden), (ii) eine
Risikoabschirmung in Höhe von 10 Mrd. Euro3 durch die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein und (iii) eine vom deutschen Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung gewährte Liquiditätsgarantie in Höhe von 17 Mrd. Euro.

Mit Beschluss vom 20. September 20114 hat die Kommission diese Maßnahmen als staatliche Beihilfen gewertet, diese aber gleichzeitig als mit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen, sofern Deutschland bestimmte Verpflichtungszusagen und Auflagen einhielt. Gemäß diesen Auflagen musste die HSH Nordbank dem HSH Finanzfonds einen Anspruch auf eine Einmalzahlung in Höhe von 500 Mio. Euro einräumen, die der HSH Finanzfonds anschließend als „Sachkapitalerhöhung“ in die HSH Nordbank einbringen musste. Zudem war der HSH Nordbank bis zum Ende des Geschäftsjahrs 2014 die Ausschüttung von Dividenden verboten. In den Jahren 2015 und 2016 schließlich war die Möglichkeit zur Zahlung von Dividenden beschränkt.5

Zwei Minderheitsaktionäre der HSH Nordbank, die luxemburgischen Anlagefonds HSH Investment Holdings Coinvest-C Sàrl und HSH Investment Holdings FSO Sàrl, haben beim Gericht der Europäischen Union Klage auf vollständige oder zumindest teilweise Nichtigerklärung des Kommissionsbeschlusses erhoben. Diese beiden Fonds sowie andere von der amerikanischen Gesellschaft JC Flowers & Co. beratene Anlagefonds hielten vor der Rekapitalisierung 25,67 % des Kapitals der HSH Nordbank. Danach hielten sie nur noch 9,19 %.

Mit seinem heutigen Urteil weist das Gericht die Klage der beiden Aktionäre ab.

Das Gericht erklärt die Klage nur insoweit für zulässig, als die beiden Minderheitsaktionäre die Nichtigerklärung der Auflage begehren, wonach mittels der Einmalzahlung in Höhe von 500 Mio. Euro das Kapital der HSH Nordbank ausschließlich zugunsten des HSH Finanzfonds erhöht werden sollte. Da sich nämlich die Interessen der beiden Aktionäre hinsichtlich dieses Vorgangs nicht mit denen der NSH Nordbank decken, müssen sie die Möglichkeit haben, unmittelbar zu klagen, und sich nicht mit der Möglichkeit begnügen, die betreffenden Interessen dadurch zu verteidigen, dass sie ihre Recht als Aktionäre der HSH Nordbank ausüben, damit diese eine Klage einreicht. Das Gericht stellt hierzu fest, dass der in Rede stehende Vorgang für die HSH Nordbank neutral war6, während deren Minderheitsaktionäre eine Verwässerung ihrer relativen Beteiligung an der Bank und infolgedessen eine Schmälerung ihrer Rechte als Aktionäre hinnehmen mussten. Was hingegen die Genehmigung der Rettungsmaßnahmen als solche sowie das Verbot bzw. die Beschränkung von Dividendenausschüttungen betrifft, sieht das Gericht die Interessen der Aktionäre und die der Gesellschaft als deckungsgleich an.

Das Gericht verwirft anschließend die Argumente der beiden Minderheitsaktionäre, mit denen diese aufzeigen wollen, dass der Beschluss der Kommission, was die Kapitalerhöhung im Wege der Einmalzahlung in Höhe von 500 Mio. Euro betrifft, fehlerhaft sei.

Das Gericht stellt u. a. fest, dass die Einmalzahlung, auch wenn sie wirtschaftlich zur Folge hat, dass sich der Wert der Beteiligung der Minderheitsaktionäre am Kapital der HSH Nordbank vermindert, rechtlich begründet ist, weil sie die Minderheitsaktionäre zu einer Aufwendung zwingt, die im Verhältnis zu der Aufwendung steht, mit der sich die öffentlichen Anteilseigner bei der Rekapitalisierung einverstanden erklärt haben: Infolgedessen kommt den Minderheitsaktionären nicht mittelbar eine Beihilfe zugute und können die in Rede stehenden Maßnahmen für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt werden. Im Übrigen hat der HSH Finanzfonds die neuen Aktien nicht in seiner Eigenschaft als Aktionär, sondern ausschließlich in seiner Eigenschaft als Beihilfegeber erhalten. Dieser erforderliche Ausgleich hätte sich auch durch die Einrichtung einer neuen Anstalt des öffentlichen Rechts herstellen lassen, die kein Aktionär gewesen wäre, sondern lediglich Empfänger der Mittel. Auch dann wäre es zu derselben Lastenverteilung zwischen allen Aktionären zugunsten des durch diese Anstalt vertretenen Beihilfegebers gekommen.

Das Gericht gelangt zu dem Schluss, dass die beiden Minderheitsaktionäre nicht nachgewiesen haben, dass die Einmalzahlung, die allein bezweckte, die staatliche Beihilfe mit dem Binnenmarkt vereinbar zu machen, eine unverhältnismäßige oder dem Gleichbehandlungsgrundsatz zuwiderlaufende Auflage darstellte.

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HINWEIS: Gegen die Entscheidung des Gerichts kann innerhalb von zwei Monaten nach ihrer Zustellung ein auf Rechtsfragen beschränktes Rechtsmittel beim Gerichtshof eingelegt werden.

HINWEIS: Eine Nichtigkeitsklage dient dazu, unionsrechtswidrige Handlungen der Unionsorgane für nichtig erklären zu lassen. Sie kann unter bestimmten Voraussetzungen von Mitgliedstaaten, Organen der Union oder Einzelnen beim Gerichtshof oder beim Gericht erhoben werden. Ist die Klage begründet, wird die Handlung für nichtig erklärt. Das betreffende Organ hat eine durch die Nichtigerklärung der Handlung etwa entstehende Regelungslücke zu schließen.
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1Nach Aktenlage beliefen sich die Verluste der HSH Nordbank im Jahr 2008 auf 3,195 Mrd. Euro und im Jahr 2009 auf 838 Mio. Euro.
2Der HSH Finanzfonds wird zu gleichen Teilen von den Ländern Hamburg und Schleswig-Holstein getragen.
3Es handelt sich um eine sogenannte „Zweitverlustgarantie“ in Höhe von 10 Mrd. Euro, die dem Schutz der HSH Nordbank vor Verlusten dienen sollte, die ihr Portfolio an wertgeminderten Aktiva beeinträchtigen könnten, um so die Kernkapitalquoten der Bank zu stärken. Die „Erstverlusttranche“ ging zulasten der HSH Nordbank selbst. 4Beschluss 2012/477/EU der Kommission vom 20. September 2011 über die Staatliche Beihilfe SA.29338 (C 29/09 [ex N 264/09]) der Bundesrepublik Deutschland an die HSH Nordbank (ABl. 2012, L 225, S. 1).
5Nach dem Beschluss der Kommission dürfen Dividendenzahlungen nur bis zur Höhe von 50 % des Jahresüberschusses des jeweils abgelaufenen Geschäftsjahres und nur unter der Voraussetzung erfolgen, dass „dadurch die Einhaltung der Vorschriften über die Eigenmittelausstattung der Kreditinstitute nach Basel III auch mittelfristig nicht gefährdet wird“.
6Der Abfluss von flüssigen Mitteln in Höhe von 500 Mio. Euro wurde nämlich gleichzeitig durch eine Erhöhung des Gesellschaftskapitals um 500 Mio. Euro ausgeglichen.
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Die von uns erfassten Urteile wurden oft anders formatiert als das Original. Dies bedeutet, daß Absätze eingefügt und Hervorhebungen durch fett-/kursiv-/&farbig-machen sowie Unterstreichungen vorgenommen wurden. Dies soll verdeutlichen, aber keinesfalls natürlich den Sinn verändern.Wenn Sie vorsichtshalber zusätzlich die Originalversion sehen möchten, hier ist der Link zur Quelle (kein Link? Dann ist dieser Link nicht in unserer DB gespeichert, z.B. weil das Urteil vor Frühjahr 2009 gespeichert worden ist).