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Text des Urteils
2 U 53/10 (Hs);
Verkündet am: 
 24.03.2011
OLG Oberlandesgericht
 

Naumburg
Vorinstanzen:
8 O 528/09
Landgericht
Halle;
Rechtskräftig: unbekannt!
Zur Auslegung eines Vertrages zwischen Lieferant des künftigen Leasingobjekts und künftigem Leasingnehmer beim Finanzierungsleasing
Leitsatz des Gerichts:
1. Zur Auslegung eines Vertrages zwischen Lieferant des künftigen Leasingobjekts und künftigem Leasingnehmer beim Finanzierungsleasing.

2. Der mit dem Abschluss des Leasingvertrages bewirkte Eintritt der Leasingbank in den Liefervertrag zwischen Lieferant und Leasingnehmer führt zur Schuldbefreiung des bisherigen Vertragspartners des Lieferanten.
In dem Rechtsstreit
…

hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Engel, den Richter am Oberlandesgericht Wiedemann und die Richterin am Oberlandesgericht Joost auf die mündliche Verhandlung vom 2. März 2011 für Recht erkannt:

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 6. Mai 2010 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer – 2. Kammer für Handelssachen – des Landgerichts Halle unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 4.456,80 € nebst Zinsen hierauf in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6. Mai 2008 zu zahlen.

Im Ãœbrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe geleistet hat.



Gründe


A.

Die Klägerin, welche mit Solaranlagen handelt, begehrt von der Beklagten Schadenersatz wegen der Nichterfüllung eines Kaufvertrages über Solarmodule für eine Photovoltaikanlage im Jahre 2008.

Bereits seit dem Jahre 2005 beabsichtigte der damalige Vorstand der Beklagten W. Sch. , der - nach einer zwischenzeitlichen Bestellung des C. W. als Vorstand - diese Funktion seit September 2010 wieder ausübt, mit seinen Unternehmungen, darunter der Beklagten, als Nebenerwerb auch elektrische Energie aus erneuerbaren Energien zu erzeugen. Für die Anschaffung von Photovoltaikanlagen benötigte er jedoch eine Fremdfinanzierung zu annehmbaren Bedingungen. Hieran scheiterte die Investitionsabsicht zunächst. Im Jahre 2007 / 2008 verhandelte er mit der Klägerin über die Lieferung und Errichtung einer Photovoltaikanlage auf den Gebäudedächern einer seiner Unternehmungen in D. (Landkreis R. , Baden-Württemberg). In der Zeit bis November 2007 führten die Parteien unter Vermittlung des freien Handelsvertreters R. F. vor allem Verhandlungen über die Einzelheiten des Kaufvertrages, insbesondere auch über die Höhe des Kaufpreises. Gegenstand der Verhandlungen war weiterhin, dass eine andere Unternehmung des W. Sch. , die S. GmbH, einen Teil der Montageleistungen übernehmen sollte; der auf die Montageleistungen entfallende Anteil des Kaufpreises sollte letztlich an W. Sch. fließen. Zwischen den Parteien sind die Einzelheiten der vertraglichen Konstruktion der Einbindung der S. GmbH streitig. Im Ergebnis dieses Teils der Vertragsverhandlungen unterbreitete die Klägerin der Beklagten am 1. Februar 2008 ein Angebot zur Lieferung und Montage von Solarmodulen zum Gesamtpreis von 3.275.236,80 € netto, wobei der Kaufpreis den Lieferanteil und den Montageanteil je Kilowatt Peak (kWp) jeweils gesondert auswies (vgl. Anlage K 1, Anlagenband Klägerin).

Parallel zu den Verhandlungen über die Einzelheiten des Liefervertrages war die Fremdfinanzierung des Geschäfts sicherzustellen. Hierzu stellte F. für die Beklagte einen Kontakt zu dem Finanzierungsvermittler M. H. her. Dieser wiederum vermittelte Gespräche mit der A. Leasing GmbH (künftig: Leasingbank), für die im weiteren Verlauf vor allem M. T. Ansprechpartner war. Wegen der Verhandlung der Einzelheiten der Finanzierung beauftragte W. Sch. seinen Finanzierungsberater G. R. , so dass die Verhandlungen über die Finanzierungsbedingungen im Wesentlichen nicht unmittelbar zwischen Sch. und T. , sondern zwischen R. und H. geführt wurden. Der Inhalt dieser Verhandlungen sowie das Bestehen vorheriger Geschäftsbeziehungen zwischen der Klägerin und der Leasingbank sind streitig. Jedenfalls adressierte die Klägerin jeweils eine Gesamtrechnung über die Lieferung und Montage der Solarmodule unter dem 31. Januar 2008 und unter dem 1. Februar 2008 an die Leasingbank (vgl. Anlagen B 2 und B 3, Anlagenband Beklagte). In diesen Rechnungen heißt es, dass das Eigentum an der Ware auf die Leasingbank übergehe, eine Lieferung jedoch direkt an die Beklagte erfolgen werde. Eine Bezahlung dieser Rechnungen erfolgte nicht.

Ebenfalls unter dem 1. Februar 2008 bestätigte die Beklagte auf einer von der Klägerin vorformulierten schriftlichen Auftragsbestätigung die Annahme des Angebots der Klägerin über den Abschluss eines Liefervertrages vom selben Tage. Die Auftragsbestätigung enthält die vorformulierte Klausel:

„Der Zahlungsfluss aus 3.275.236,80 € zzgl. 19 % MwSt. durch die A. ist wie folgt zwischen Herrn R. und Herrn T. (A. ) vereinbart:

Solarmodule: 100 % Bezahlung der Module nach Bestätigung des Erhalts der Ware durch Herrn Sch.

Die restlichen Posten werden nach Baufortschritt in Rechnung gestellt.“


Diese Klausel ergänzte W. Sch. handschriftlich, wie folgt:

„50 % Montage + Mont Material sofort bei Modul Lieferung“. (vgl. Anlage K 2).

Diese Auftragsbestätigung der Beklagten wurde am 1. Februar 2008 nochmals von der Klägerin gegengezeichnet. Um die Auslegung der Vereinbarung streiten die Parteien des Rechtsstreits.

Am 7. Februar 2008 schlossen die Leasingbank und die Beklagte einen Leasingvertrag. Danach wurde ein Vertragsmodell der Teilamortisation mit Andienungsrecht gewählt. Als Lieferantin des Leasinggutes ist die Klägerin angegeben; die Konditionen des Liefervertrages vom 1. Februar 2008 sind aufgeführt, insbesondere der Gesamtpreis und der Lieferort. Der Vertrag sieht eine Leasingzeit von 216 Monaten mit anschließendem Andienungsrecht zu einem Restwert von 10 % vor. Die in den Leasingvertrag einbezogenen Vertragsbedingungen gehen von einem Kauf des Leasingobjektes durch die Leasingbank zu den vom Leasingnehmer anerkannten Bedingungen des Lieferanten alternativ durch direkten Kaufvertrag mit dem Lieferanten oder durch einen Eintritt in einen bereits geschlossenen Kaufvertrag zwischen dem Lieferanten und dem Leasingnehmer aus (Ziffer 7 lit. a), vgl. Anlage K 40, Anlagenband Klägerin).

Am 25. Februar 2008 teilte die Klägerin der Beklagten per eMail mit, dass sie davon ausgehe, dass die Leasingbank am nächsten Tage die ihr übersandte Rechnung bezahlen werde und dass nach dem Zahlungseingang bei ihr auch der Anteil des Gesamtpreises, der als Vergütung der von der S. GmbH übernommenen Montageleistungen gedacht sei, an W. Sch. überwiesen werden könne (vgl. Anlage K 30). Tatsächlich erfolgte keine Zahlung der Leasingbank.

Am 5. März 2008 erreichten die Solarmodule auf dem Schiffswege den Hafen in H. . Die ersten drei Container mit Solarmodulen wurden am 10. März 2008 in D. angeliefert. Am 11. März stellte die Klägerin der Beklagten drei Teilrechnungen über diese Einzellieferungen in Höhe von insgesamt 1.328.543,00 € brutto. Auf eine Nachfrage des W. Sch. von diesem Tage bestätigte die Leasingbank mit Schreiben vom 12. März 2008 zwar die Bereitschaft zur Finanzierung, forderte jedoch erstmals, dass vorab eine Vertragserfüllungsbürgschaft der Klägerin vorzulegen sei (vgl. Anlage B 1, Anlagenband Beklagte). Die Beklagte wies die Rechnungen der Klägerin mit Schreiben vom 13. März 2008 zurück, kündigte deren Weiterleitung an die Leasingbank an und forderte die Klägerin auf, der Leasingbank gegenüber ihre Eignung als Generalunternehmerin, insbesondere ihre Leistungsfähigkeit, nachzuweisen (vgl. Anlage K 9). Die Beklagte verwies insoweit darauf, dass die Leasingbank als wirtschaftlich stärkster Partner des Projekts wohl in der Lage sei, ihre nunmehrigen Forderungen auch durchzusetzen. Die Klägerin lehnte die Beibringung einer Vertragserfüllungsbürgschaft zugunsten der Leasingbank ab und vertrat die Auffassung, es sei allein Sache der Beklagten, die Finanzierung des Kaufs zu sichern (vgl. Anlage K 1). Weitere Bemühungen der Beklagten, die Klägerin zu einem Eingehen auf die Forderungen der Leasingbank zu bewegen, blieben erfolglos. Die Klägerin erklärte nach fruchtlosem Ablauf einer für die Bezahlung der Teilrechnungen vom 11. März 2008 gesetzten Nachfrist mit Schriftsatz vom 2. April 2008 den Rücktritt vom Kaufvertrag mit der Beklagten (Anlage K 13).

Die Beklagte verweigerte am 4. April 2008 zunächst die bedingungslose Herausgabe der bereits gelieferten Solarmodule. Daraufhin beauftragte die Klägerin ihre späteren Prozessbevollmächtigten mit der Erhebung einer Herausgabeklage. Nach nochmaliger anwaltlicher Aufforderung zur Herausgabe und Klageandrohung mit Schriftsatz vom 8. April 2008 (vgl. Anlage K 17) erklärte sich die Beklagte zur freiwilligen Herausgabe bereit. Letztlich holte die Klägerin am 14. April 2008 die bereits gelieferten Anlagenteile bei der Beklagten ab. Inzwischen sind die Solarmodule, die Gegenstand des Vertrages vom 1. Februar 2008 waren, von der Klägerin anderweitig verkauft worden.

Die Klägerin hat behauptet, dass zwischen ihr und der Beklagten ein unbedingter Kaufvertrag zustande gekommen sei. Die Erwähnung der Leasingbank im Vertrag betreffe nur die „technische“ Vertragsabwicklung, also die Zahlungsmodalitäten und -zeitpunkte. Soweit W. Sch. als Vertreter der Beklagten bei der Unterzeichnung der Auftragsbestätigung fehlsam von einer gesicherten Finanzierung des Kaufs durch die Leasingbank ausgegangen sei, berühre dies die Wirksamkeit des Kaufvertrags nicht. Die Klägerin hat zunächst behauptet, dass die Unterzeichnung bei einem Gespräch im Hause des Geschäftsführers der Klägerin in U. erfolgt sei; für die näheren Umstände der Unterzeichnung hat die Klägerin Zeugenbeweis angeboten.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass sie zu einer nachträglichen Mitwirkung an der Sicherung der Finanzierung durch Beibringung einer Erfüllungsbürgschaft nicht verpflichtet gewesen sei. Wegen des Zahlungsverzuges der Beklagten sei ihr Rücktritt vom Vertrage berechtigt gewesen.

Die Klägerin hat als Schaden einen entgangenen Gewinn wegen des geringeren Kaufpreises beim nachfolgenden Verkauf der Solarmodule sowie weitere Vermögensschäden, so durch Aufwendungen für die zwischenzeitliche Einlagerung der Solarmodule, behauptet.

Die Beklagte hat ihre alleinige Verantwortlichkeit für die Sicherstellung der Fremdfinanzierung in Abrede gestellt und dagegen behauptet, dass anlässlich der Unterzeichnung der Auftragsbestätigung allen Beteiligten bewusst gewesen sei, dass die Beklagte den Vertrag lediglich unter der aufschiebenden Bedingung seiner Finanzierung durch die Leasingbank abschließe.

Das Landgericht hat zum Verlaufe der Vertragsverhandlungen, zu den äußeren Umständen des Termins der Unterzeichnung des Liefervertrages sowie des Termins im Hause des Geschäftsführers der Klägerin in U. Beweis erhoben.

Wegen der weiteren Einzelheiten, insbesondere wegen der widerstreitenden Rechtsauffassungen der Parteien des Rechtsstreits, wegen des Verlaufs des Verfahrens und wegen des Inhalts der Beweisaufnahme in erster Instanz, nimmt der Senat auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil sowie auf die Protokolle der Sitzungen vom 23. November 2009 und vom 12. April 2010 (GA Bd. I Bl. 96 bis 113 und Bl. 153 bis 167) Bezug, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.

Das Landgericht hat die Klage ganz überwiegend abgewiesen und hat die Klage abweisende Entscheidung im Wesentlichen darauf gestützt, dass der Kaufvertrag zwischen der Klägerin und der Beklagten unter der auflösenden Bedingung geschlossen worden sei, dass keine Finanzierung zustande komme. Da die auflösende Bedingung eingetreten sei, sei der Vertrag unwirksam geworden; der Rücktritt gehe ins Leere. Vertragliche Ansprüche auf Schadenersatz seien daher nicht entstanden. Das Landgericht hat der Klägerin lediglich einen Teil der Rechtsverfolgungskosten – und zwar in Höhe von 851,90 € – zugesprochen, die auf die Durchsetzung der Rückabwicklung der Teillieferungen gerichtet gewesen seien.

Die Klägerin hat gegen das ihr am 12. Mai 2010 zugestellte Urteil mit einem am 8. Juni 2010 beim Oberlandesgericht vorab per Fax eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese Berufung innerhalb der ihr letztlich bis zum 13. September 2010 verlängerten Berufungsbegründungsfrist begründet.

Die Klägerin meint, dass sich das Landgericht nur unzureichend mit der Differenzierung zwischen auflösender und aufschiebender Bedingung auseinandergesetzt habe, sie geht aber weiter von einem unbedingten Vertragsschluss aus. Im Kern greift sie die Vertragsauslegung und die Beweiswürdigung des Landgerichts an und meint, dass das Landgericht sich nicht ausreichend mit den Widersprüchen in den Aussagen der einzelnen Zeugen sowie mit dem Umstand auseinandergesetzt habe, dass nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme das Treffen im Hause des Geschäftsführers der Klägerin erst am 27. Februar 2008 und mithin lange nach der Vertragsunterzeichnung stattgefunden habe. Hilfsweise für den Fall der Unbegründetheit ihrer Hauptforderungen sei zu berücksichtigen, dass die auf die Herausgabe der Teillieferungen entfallenden Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 8.061,70 € angefallen seien.

Die Klägerin beantragt,

unter teilweiser Abänderung des erstinstanzlichen Urteils

die Beklagte zu verurteilen, an sie 316.949,86 € sowie weitere 18.026,70 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus insgesamt 180.177,03 € seit dem 6. Mai 2008 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil und weist insbesondere darauf hin, dass es für den Ausgang des Rechtsstreits nicht darauf ankomme, ob die festgestellte Bedingtheit des Vertragsschlusses zwischen den Parteien des Rechtsstreits auflösender oder aufschiebender Natur sei.

Der Senat hat am 2. März 2011 mündlich zur Sache verhandelt; wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Sitzungsprotokolls des Senats vom selben Tage (vgl. GA Bd. II Bl. 84) Bezug genommen.


B.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgemäß eingelegt und begründet worden.

Sie hat jedoch in der Sache – mit Ausnahme eines Teils ihrer Hilfsbegründung – keinen Erfolg.

Das Landgericht hat im Ergebnis zu Recht darauf erkannt, dass die Klägerin gegen die Beklagte keine vertraglichen Ansprüche auf Schadenersatz hat. Die Beklagte ist für die mit der Klage geltend gemachten Sekundäransprüche aus dem Liefervertrag schon nicht (mehr) passiv legitimiert. Aus gleichem Grunde sind die hiermit im Zusammenhang stehenden Nebenforderungen – Zinsen und Rechtsverfolgungskosten – unbegründet. Der Verzögerungsschaden im Hinblick auf die Verpflichtung der Beklagten zur Herausgabe der Teillieferungen war betragsmäßig abzuändern.

I. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keine vertragliche Ansprüche aus dem Liefervertrag vom 1. Februar 2008 bzw. seiner Nichterfüllung.

Die Beklagte ist nicht mehr Vertragspartnerin dieses Vertrages; sie ist durch den Eintritt der Leasingbank in diesen Vertrag von allen Zahlungsverpflichtungen gegenüber der Klägerin befreit worden.

1. Allerdings haben die Parteien des Rechtsstreits am 1. Februar 2008 einen Liefervertrag über Solarmodule und deren Montage geschlossen.

Die Klägerin hat am 1. Februar 2008 ein entsprechendes Angebot unterbreitet. Die Beklagte hat dieses Angebot nur mit Modifikationen angenommen. Diese modifizierte Annahme, die nach § 150 Abs. 2 BGB als neues Angebot zu bewerten ist, wurde von der Klägerin durch Gegenzeichnung der „Auftragsbestätigung“ am 1. Februar 2008 angenommen.

2. In diesen ursprünglich zwischen der Klägerin und der Beklagten geschlossenen Liefervertrag ist jedoch am 7. Februar 2008 die Leasingbank an Stelle der Beklagten eingetreten und hat diesen Vertrag vollständig übernommen.

a) Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass das Gesamtgeschäft im Wege des sog. Finanzierungsleasings abgewickelt werden sollte.

aa) Grundmerkmale des Finanzierungsleasings sind einerseits, dass eine vertragliche Beziehung zwischen dem Leasinggeber und dem Leasingnehmer besteht, welche die Nutzung eines Leasingobjekts durch den Leasingnehmer für eine feste Leasingzeit vorsieht.

Während dieser Leasingzeit trägt der Leasingnehmer die Sachgefahr; der Leasinggeber tritt ihm seine Gewährleistungsansprüche gegen den Hersteller bzw. Lieferanten des Leasingobjektes ab. Diese Voraussetzungen sind hier durch Abschluss des Leasingvertrages vom 7. Februar 2008 zwischen der Leasingbank und der Beklagten erfüllt.

bb) Weitere Voraussetzung des Finanzierungsleasings ist, dass der Leasinggeber das Leasingobjekt vom Hersteller oder Lieferanten erwirbt, und zwar typischerweise zu den vom späteren Leasingnehmer mit dem Hersteller oder Lieferanten verhandelten Vertragsbedingungen.

Einen solchen Erwerb durch Eintritt in einen bereits bestehenden Kaufvertrag sieht auch der hier vorliegende Leasingvertrag vom 7. Februar 2008 in Ziffer 7 lit. a) seiner Vertragsbedingungen vor.

(1) Eine direkte vertragliche Vereinbarung zwischen der Klägerin und der Leasingbank ist unstreitig nicht geschlossen worden, insbesondere ist kein Direktkauf durch die Leasingbank erfolgt.

(2) Es entspricht einer leasingtypischen Gestaltungsmöglichkeit, dass der Leasinggeber statt dessen in einen zuvor bindend zwischen dem Hersteller bzw. Lieferanten und dem späteren Leasingnehmer geschlossenen Kaufvertrag auf Käuferseite eintritt (vgl. BGH, Urteil v. 19.12. 1979, VIII ZR 95/79 – NJW 1980, 698; Urteil v. 27.11.1985, VIII ZR 316/84 – WM 1986, 163: Urteil v. 24.01.1990, VIII ZR 22/89 – NJW 1990, 1290; vgl. auch H. Beckmann in: Martinek/ Stoffels/ Wimmer-Leonhardt, Leasinghandbuch, 2. Aufl. 2008, § 5 Rn. 25 ff.; Wimmer-Leonhardt, ebenda, § 10 Rn. 4; Graf v. Westphalen in: Der Leasingvertrag, 6. Aufl. 2008, Kap. C Rn. 122 ff.; Wolf/ Eckert/ Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 10. Aufl. 2009, Rn. 1167). Diese Gestaltungsmöglichkeit haben die Parteien des Leasingvertrages vom 7. Februar 2008 gewählt. Indem der Abschluss des Leasingvertrages zeitlich erst nach Abschluss des Liefervertrages vom 1. Februar 2008 erfolgte, war die erstgenannte Gestaltungsalternative bereits weitgehend ausgeschlossen. Die Parteien des Leasingvertrages haben zudem durch die Übernahme der Konditionen des Liefervertrages vom 1. Februar 2008 deutlich gemacht, dass dieser bereits geschlossene Liefervertrag Grundlage des Erwerbs des Leasingobjekts durch die Leasingbank sein sollte.

b) Dem Vorausgeführten entsprach die Gestaltung des Liefervertrages zwischen der Klägerin und der Beklagten.

aa) Der Liefervertrag enthält besondere Festlegungen zu den Zahlungsmodalitäten. Danach wird die Leasingbank als Leistende der Zahlungsverpflichtungen der Käuferin i.S. von § 267 Abs. 1 BGB eingesetzt.

Die Klausel über den vorgesehenen Zahlungsfluss des gesamten Bruttopreises kann nur so verstanden werden, dass beide Vertragsparteien des Liefervertrages im Hinblick auf § 267 BGB auf die Befugnis verzichteten, der Leistung des Kaufpreises durch die Leasingbank widersprechen zu können (ebenso BGH, Urteil v. 19.12.1979, a.a.O.). Denn die Klägerin hat diesen Teil der Zahlungsklausel selbst vorformuliert; sie ist Bestandteil beider auf den Abschluss des Liefervertrages gerichteter Willenserklärungen der Vertrags-parteien geworden und mithin auch Bestandteil der Annahme durch die Klägerin.

bb) Unter weiterer Berücksichtigung des Verlaufs und Inhalts der Vertragsverhandlungen kam dem Verzicht der Klägerin auf einen etwaigen Widerspruch gegen die Fremdtilgung der Verbindlichkeiten durch die Leasingbank zugleich die Wirkung einer Einwilligung zur Schuldübernahme i.S. von § 415 Abs. 1 BGB zu (vgl. zur Zulässigkeit der Einwilligung statt der Genehmigung als Zustimmung auch Grüneberg, a.a.O., § 415 Rn. 3 m.w.N.).

(1) Die Klägerin war über den Vermittler des Liefergeschäfts, R. F. , darüber informiert, dass W. Sch. bereits im Jahre 2006 ein konkretes Angebot zum Kauf von Solarmodulen verhandelt, vom Kauf letztlich jedoch wegen des Scheiterns der Fremdfinanzierung Abstand genommen hatte.

(2) In den Vertragsverhandlungen zwischen der Klägerin und der Beklagten spielte die Frage der Sicherstellung einer Fremdfinanzierung eine erhebliche Rolle. Im Ergebnis der Beweisaufnahme ist festzustellen, dass Sch. bereits bei dem Gespräch im Oktober 2007 auf dem Flughafen in M. unmissverständlich zum Ausdruck gebracht hatte, dass er ohne eine Fremdfinanzierung nicht zum Kauf in der Lage sei. Dies ergibt sich aus den insoweit übereinstimmenden Angaben des Zeugen R. und des damals als Zeugen vernommenen W. Sch. , dessen Angaben jedenfalls als eine persönliche Anhörung der Partei verwertbar sind.

(3) Für die erhebliche Bedeutung der Klärung der Finanzierungsfrage spricht auch, dass die Einigung über die wesentlichen Konditionen des bloßen Liefergeschäfts bereits im November 2007 erzielt worden war. Die Verzögerungen bis zum tatsächlichen Vertragsschluss am 1. Februar 2008 sind allein mit der offenen Frage der Fremdfinanzierung zu erklären.

(4) Die Beklagte stellte ihren Antrag bei der Leasingbank mit Wissen und im Einverständnis mit der Klägerin.

(5) Schließlich erkannte die Klägerin die besondere Bedeutung des Zustandekommens des Leasingvertrages für die Abwicklung des Liefergeschäfts auch daraus, dass W. Sch. seine Unterschriftsleistung am 1. Februar 2008 nochmals hinauszögerte und mehrfache telefonische Nachfragen beim Finanzvermittler H. und beim Mitarbeiter der Leasingbank T. erfolgten, bevor Sch. dann unterzeichnete. Dies ergibt sich aus den Aussagen der Zeugen R. und H. , den Angaben des W. Sch. in seiner Anhörung sowie indirekt auch aus den Angaben des Zeugen E. .

Soweit die Klägerin die Glaubhaftigkeit der Angaben des Zeugen R. und des W. Sch. hinsichtlich der näheren Umstände der Unterzeichnung in Zweifel zieht, ergeben sich hieraus für den Senat keine Anhaltspunkte, die gegen die Richtigkeit und Vollständigkeit des Beweisergebnisses sprechen. Der von der Klägerin aufgeführte vermeintliche zeitliche Widerspruch besteht nicht. Zwar hat die Zeugin G. Wz. , die Ehefrau des Geschäftsführers der Klägerin, die zeitliche Einordnung des letzten Gesprächstermins in ihrem Hause in U. nachvollziehbar auf den 27. Februar 2008 vorgenommen; sie hat aber selbst nicht ausgesagt, dass dies der Termin der Unterzeichnung des Liefervertrages gewesen sei, der durch mehrfaches schriftliches Festhalten des Datums auf der Vertragsurkunde auch feststeht. Der Schilderung der mehrfachen Telefonate der Gesprächsteilnehmer vom 27. Februar 2008 in Erwartung einer Bestätigung des Zahlungsflusses steht nicht entgegen, dass eine vergleichbare Situation auch bereits am 1. Februar 2008 vor der Unterzeichnung bestanden hat.

cc) Das Auslegungsergebnis des Senats findet seine Bestätigung im Verhalten der Klägerin unmittelbar im Januar und Februar 2008.

Die Klägerin hat ihre Rechnungen zunächst an die Leasingbank adressiert und ist noch am 25. Februar 2008 davon ausgegangen, dass allein die Leasingbank Zahlungsverpflichtete sei.

c) Die Verpflichtung zur Zahlung des Kaufpreises ist mit dem Abschluss des Leasing-vertrages vom 7. Februar 2008 auf die Leasingbank übergegangen; mit diesem Vertragsschluss wurde eine Schuldübernahme zwischen der Beklagten und der Leasingbank vereinbart, der die Klägerin bereits vorab zugestimmt hatte.

Die Leasingbank trat am 7. Februar 2008 in den Kaufvertrag vom 1. Februar 2008 als Käuferin ein.

Der mit dem Abschluss des Leasingvertrages bewirkte Eintritt der Leasingbank als Übernehmerin in den Liefervertrag vom 1. Februar 2008 wahrt die Identität der Verbindlichkeit, der bisherige Vertragspartner – hier die Beklagte – wird jedoch frei von dieser Schuld (vgl. BGH, Urteil v. 27.11.1985, a.a.O.; so auch H. Beckmann, a.a.O., § 5 Rn. 30; Grüneberg in: Palandt, BGB, 70. Aufl. 2011, Überblick vor § 414 Rn. 1).

d) Danach kommt es auf die Frage, ob das Zustandekommen des Leasingvertrages und der Eintritt der Leasingbank in den Liefervertrag eine aufschiebende bzw. auflösende Bedingung des Liefervertrages i.S. von § 158 BGB sein sollte, nicht mehr an.

II. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Ersatz höherer Rechtsverfolgungskosten als Verzögerungsschaden im Hinblick auf die Verpflichtung der Beklagten zur (bedingungslosen) Herausgabe der Teillieferungen.

1. Die Klägerin hatte gegen die Beklagte einen Anspruch auf Herausgabe der ohne Rechtsgrund erlangten Ware nach § 812 BGB.

2. Mit der Erfüllung dieses Anspruchs ist die Beklagte in Verzug geraten, indem sie sich am 4. April 2008 weigerte, die gelieferten Solarmodule bedingungsfrei zur Abholung zur Verfügung zu stellen.

3. Die Klägerin durfte es angesichts dieser Weigerung als erforderlich ansehen, einen Rechtsanwalt mit der gerichtlichen Geltendmachung des Herausgabeanspruchs zu beauftragen.

Dieser Auftrag ist Grundlage der Berechnung des Verzögerungsschadens der Klägerin.

4. Der Anspruch besteht in Höhe von 4.456,80 €.

a) Die Klägerin ist bei ihrer Schadensberechnung von einem zutreffenden Gegenstandswert - nämlich von 1.328.543,30 € - ausgegangen.

Dieser Bruttowert entsprach dem Warenwert der herauszugebenden Sache.

b) Die Klägerin kann Gebühren nach RVG VV Nr. 3101 – gerichtliche Vertretung bei vorzeitiger Beendigung vor Klageerhebung – in Ansatz bringen, nicht jedoch zusätzlich Gebühren für die außergerichtliche Vertretung.

Soweit eine außergerichtliche Vertretung erfolgt ist, wurde der Auftrag hierfür vor dem Verzugseintritt am 4. April 2008 erteilt und steht nicht in einem ursächlichen Zusammenhang hierzu. Der insoweit ermittelte Betrag der Klägerin ist sachlich und rechnerisch richtig.

c) Schließlich ist die Berechnung einer Pauschale nach RVG VV Nr. 2300 in Höhe von 20,00 € gerechtfertigt.


C.

Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die weiteren Nebenentscheidungen ergeben sich aus § 26 Nr. 8 EGZPO i.V. mit §§ 708 Nr. 10, 711 S. 1 sowie 543, 544 Abs. 1 S. 1 ZPO.

Die Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO war nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.

gez. Dr. Engel gez. Joost gez. Wiedemann
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