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StGB (Stand 31.12.2012)
Strafgesetzbuch
§ 56f Widerruf der Strafaussetzung (Regelung seit 01.01.1999 gültig bis vor 31.12.2006, bitte hier klicken zur Änderung)
(1) Das Gericht widerruft die Strafaussetzung, wenn der Verurteilte

1. in der Bewährungszeit eine Straftat begeht und dadurch zeigt, daß die Erwartung, die der Strafaussetzung zugrunde lag, sich nicht erfüllt hat,

2. gegen Weisungen gröblich oder beharrlich verstößt oder sich der Aufsicht und Leitung des Bewährungshelfers beharrlich entzieht und dadurch Anlaß zu der Besorgnis gibt, daß er erneut Straftaten begehen wird, oder

3. gegen Auflagen gröblich oder beharrlich verstößt.

Satz 1 Nr. 1 gilt entsprechend, wenn die Tat in der Zeit zwischen der Entscheidung über die Strafaussetzung und deren Rechtskraft begangen worden ist.

(2) Das Gericht sieht jedoch von dem Widerruf ab, wenn es ausreicht,

1. weitere Auflagen oder Weisungen zu erteilen, namentlich den Verurteilten einem Bewährungshelfer zu unterstellen, oder

2. die Bewährungs- oder Unterstellungszeit zu verlänern.

In den Fällen der Nummer 2 darf die Bewährungszeit nicht um mehr als die Hälfte der zunächst bestimmten Bewährungszeit verlängert werden.

(3) Leistungen, die der Verurteilte zur Erfüllung von Auflagen, Anerbieten, Weisungen oder Zusagen erbracht hat, werden nicht erstattet. Das Gericht kann jedoch, wenn es die Strafaussetzung widerruft, Leistungen, die der Verurteilte zur Erfüllung von Auflagen nach § 56b Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 bis 4 oder entsprechenden Anerbieten nach § 56b Abs. 3 erbracht hat, auf die Strafe anrechnen.
Durch § 56f wird dem Gericht die Möglichkeit eingeräumt, die Strafaussetzung zu widerrufen.

In § 56f I sind die Widerrufsgründe abschließend und in § 56f II die Voraussetzungen für das Absehen von einem Widerruf geregelt.

Die in § 56f I geregelten Widerrufsgründe sind vor den in § 56f II geregelten Voraussetzungen zu prüfen.

Nach § 56f I S.1 Nr. 1 widerruft das Gericht die Strafaussetzung, wenn der Verurteilte in der Bewährungszeit (nach § 56f I S. 2 zwischen der Entscheidung über die Strafaussetzung und dem Ende der Bewährungszeit) eine Straftat (eine fahrlässige reicht aus; MDR 82, S. 353) begeht und dadurch zeigt, dass die Erwartung, die der Strafaussetzung (§ 56) zu Grunde lag, sich nicht erfüllt hat. Dabei sind bei der Beurteilung die gesamten Umstände und der Charakter der Tat zu berücksichtigen, um so die Wiedereingliederung des Verurteilten nicht zu gefährden (StV 98, S. 215). Daher begründen sog. Bagatelldelikte, z. B. Gelegenheitsdelikte, nicht gleich einen Widerruf der Strafaussetzung (StV 94, S. 198). Kommen jedoch schwerwiegende Taten zusammen und fehlen auf Grund der Umstände die Erwartungen, so ist ein Widerruf möglich. Weiterhin ist hier noch anzumerken, dass auch nach Ablauf der Bewährungszeit, jedoch zeitlich beschränkt, ein Widerruf zulässig ist (vgl. NStZ 98, S. 479). § 56f I S. 1 Nr. 1 gilt auch bei einer nachträglichen Gesamtstrafenbildung (Tröndle § 56f Rn 3a).

Für die Anwendung des § 56f I S. 1 Nr. 2 muss der Verurteilte gegen Weisungen (§ 56c) gröblich oder beharrlich verstoßen oder sich der Aufsicht und Leitung des Bewährungshelfers beharrlich entzogen und dadurch den Anlass zur Besorgnis geben haben, dass er erneute Straftaten begeht. Dabei ist ein Verstoß gröblich, wenn der Verurteilte schuldhaft und objektiv schwerwiegend zuwiderhandelt. Bloße Formalverstöße, z. B. dass der Verurteilte sich nicht an die Anstaltsordnung hält, zählen nicht dazu (Tröndle § 56f Rn 4). Ein beharrlicher Verstoß muss dagegen nicht schwerwiegend sein, hier genügt es nach der h. M., dass es zu ständig wiederholten Zuwiderhandlungen kommt (Lackner § 56f Rn 6). Um die Voraussetzungen der Entziehung zu erfüllen, muss der Verurteilte dem Bewährungshelfer die Möglichkeit nehmen seinen Einfluss auf ihn auszuüben, z. B. weil er ständig seinen Aufenthaltsort ändert. Liegen die Voraussetzungen vor, so muss das Gericht eine erneute Prognose, unter Berücksichtigung aller derzeitigen Umstände, stellen, die zur Erkenntnis führt, dass der Verurteilte Anlass gibt, neue Straftaten zu begehen. Schließlich ist hier noch zu beachten, dass ein Verstoß gegen das Anerbieten (§ 56b III) oder Zusagen (§ 56c IV) nicht genügt, hierfür ist zunächst eine nachträgliche Anordnung nach § 56e zu treffen.

Für den gröblichen oder beharrlichen Verstoß gegen Auflagen nach § 56f I S. 1 Nr. 3 gilt das oben genannte entsprechend.
Liegt eine Voraussetzung des § 56f I vor, so ist § 56 II (dann als lex specialis) zu prüfen.

Das Gericht sieht vom Widerruf ab, wenn es nach § 56f II Nr. 1 ausreicht, weitere Auflagen (§ 56b) oder Weisungen (§ 56c), z. B. die Unterstellung unter einen Bewährungshelfer (§ 56d) zu erteilen und damit die Resozialisierung des Verurteilten verbessert wird.

Das Gericht kann auch von einem Widerruf absehen, wenn es der Ansicht ist, dass eine Verlängerung der Bewährungs- (beachte hier § 56a II S. 2) oder Unterstellungszeit ausreicht (die Verlängerung darf u. U. auch mehrmals vorgenommen werden). Dabei ist zu beachten, dass die Verlängerung der Unterstellungszeit durch das Höchstmaß der Bewährungszeit begrenzt ist, jedoch darf das Höchstmaß der Bewährungszeit überschritten werden (Tröndle § 56f Rn 8). Nach § 56f II S. 2 darf die Bewährungszeit nicht um mehr als die Hälfte der zunächst bestimmten Bewährungszeit verlängert werden.

Nach § 56f III S. 2 kann dass Gericht, nach pflichtgemäßen Ermessen, Leistungen die der Verurteilte zur Erfüllung von Auflagen nach § 56b II S. 1 Nr. 2 oder entsprechenden Anerbieten nach § 56b III erbracht hat auf die Strafe anrechnen, wenn es die Strafaussetzung widerruft.

Anregungen nehmen die Autoren,

Rechtsreferendar Daniel Großmann
Stud. jur. Constanze Großmann

gerne entgegen.