Mi, 15. Mai 2024, 00:29    |  Login:  User Passwort    Anmelden    Passwort vergessen
ARBEITSPLATTFORM NEWS URTEILE GESETZE/VO KOMMENTARE SITEINFO/IMPRESSUM NEWSLETTER
HGB
Handelsgesetzbuch
(1) Solange eine in das Handelsregister einzutragende Tatsache nicht eingetragen und bekanntgemacht ist, kann sie von demjenigen, in dessen Angelegenheiten sie einzutragen war, einem Dritten nicht entgegengesetzt werden, es sei denn, daß sie diesem bekannt war.

(2) Ist die Tatsache eingetragen und bekanntgemacht worden, so muß ein Dritter sie gegen sich gelten lassen. Dies gilt nicht bei Rechtshandlungen, die innerhalb von fünfzehn Tagen nach der Bekanntmachung vorgenommen werden, sofern der Dritte beweist, daß er die Tatsache weder kannte noch kennen mußte.

(3) Ist eine einzutragende Tatsache unrichtig bekanntgemacht, so kann sich ein Dritter demjenigen gegenüber, in dessen Angelegenheiten die Tatsache einzutragen war, auf die bekanntgemachte Tatsache berufen, es sei denn, daß er die Unrichtigkeit kannte.

(4) Für den Geschäftsverkehr mit einer in das Handelsregister eingetragenen Zweigniederlassung ist im Sinne dieser Vorschriften die Eintragung und Bekanntmachung durch das Gericht der Zweigniederlassung entscheidend. Für Zweigniederlassungen von Unternehmen mit Sitz im Inland gilt dies nur für die in § 13 Abs. 6 angeführten Tatsachen.
I. Allgemeines

Eine ziemlich schwer zu lesende Norm.

Hintergrund ist, dass viele Eintragungen nur deklaratorisch sind (bei konstitutiven Eintragungen wäre diese Vorschrift wohl überflüssig). In diesen Fällen kommt es (fast) immer zu einer Zwischenphase, in der der Inhalt des Handelsregisters der wirklichen materiellen Rechtslage widerspricht.

Während Abs. 1 die sogenannte negative Publizität (was nicht da steht gibt es nicht) des Handelsregisters normiert regelt Abs. 3 die sogenannte positive Publizität (was da steht ist so).

Geschützt wird der sonstige Rechtsverkehr, der keine besseren Informationen als das Handelsregister hat.

Generell gilt deshalb auch, dass bei lediglich deklaratorischer Wirkung der Eintragung jeder, der die wahre Rechtslage kennt (bzw. kennen müsste), nicht nach dem Inhalt des Handelsregisters handeln kann sondern sich gem. seines Wissens verhalten muß.

Man kann also (vielleicht) sagen, dass nur das geltende Rechtslage ist, was im Handelsregister steht, solange die betreffenden Personen es nicht besser wissen.

Allerdings ist es auch falsch, anzunehmen, dem Dritten stünde im Falle des Abs. 1 z.B. ein beliebiges Wahlrecht zu, ob er sich auf die wirkliche Rechtslage berufen will oder auf den Inhalt es Handelsregisters. Das stimmt nur, wenn der Dritte die wahre Rechtslage nicht kannte.

Völlig unerheblich ist es, ob der Eintragungspflichtige bzw. der Eingetragene etwas dafür kann, dass der Inhalt des Handelsregisters nicht der materiellen Rechtslage entspricht.

II. Absatz 1

Dieser Absatz wird, was sprachlich erst einmal eigenartig ankommt, vor allem beim Widerruf (also eines negierenden Vorgangs) von Rechtspositionen wirksam.

Insbesondere die deklaratorisch einzutragende Prokura gilt, obwohl mündlich und sofort wirksam widerruflich, gem. § 15 I zugunsten von Dritten fort bis zur Eintragung des Erlöschens der Prokura.

Das gilt nur dann nicht, wenn der sich auf die Prokura berufende Dritte von dem Erlöschen wusste. Einfache oder auch grobe Fahrlässigkeit schadet dem Dritten nicht!

III. Verzwickter Sonderfall

Verzwickt scheinen insbesondere Fälle, in denen weder das Entstehen noch das Erlöschen eines Rechtes eingetragen sind und beides nur deklaratorisch ist, wie z.B. die Prokura.

Prokuraerteilung und Widerruf erfolgen mündlich. Nach dem Widerruf schließt der (Ex-) Prokurist einen Vertrag mit einem ganz neuen Kunden (NK), der also niemals mit ihm als (wirklichem) Prokuristen verhandelte.

Nach strengem Wortlaut des § 15, insb. Abs.1, hat der (Ex-) Prokurist den Kaufmann wirksam vertreten! Die ursprüngliche Prokuraerteilung war (natürlich) wirksam, und der Widerruf gilt wegen fehlender Eintragung als nicht erfolgt.

Andererseits hat der NK keinerlei Anlaß, an die Prokura des P zu glauben, denn er konte ihn nicht als Prokuristen im HR lesen noch hat er jemals mit ihm als Prokurist verhandelt.

Die (wohl) hM. wendet dennoch § 15 I an und bejaht den Vertragsschluß. Ich meine, das geht an Sinn und Zweck der Norm vorbei und ist deshalb anders zu entscheiden (was natürlich nicht ausschließt, dass es eine Anscheinsvollmacht geben kann, je nach den Umständen des Einzelfalls).