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BGB
Bürgerliches Gesetzbuch
§ 723 Kündigung durch Gesellschafter (Regelung seit 01.01.2002)
(1) Ist die Gesellschaft nicht für eine bestimmte Zeit eingegangen, so kann jeder Gesellschafter sie jederzeit kündigen. Ist eine Zeitdauer bestimmt, so ist die Kündigung vor dem Ablauf der Zeit zulässig, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor,

1. wenn ein anderer Gesellschafter eine ihm nach dem Gesellschaftsvertrag obliegende wesentliche Verpflichtung vorsätzlich oder aus grober Fahrlässigkeit verletzt hat oder wenn die Erfüllung einer solchen Verpflichtung unmöglich wird,

2. wenn der Gesellschafter das 18. Lebensjahr vollendet hat.

Der volljährig Gewordene kann die Kündigung nach Nummer 2 nur binnen drei Monaten von dem Zeitpunkt an erklären, in welchem er von seiner Gesellschafterstellung Kenntnis hatte oder haben musste. Das Kündigungsrecht besteht nicht, wenn der Gesellschafter bezüglich des Gegenstands der Gesellschaft zum selbständigen Betrieb eines Erwerbsgeschäfts gemäß § 112 ermächtigt war oder der Zweck der Gesellschaft allein der Befriedigung seiner persönlichen Bedürfnisse diente. Unter den gleichen Voraussetzungen ist, wenn eine Kündigungsfrist bestimmt ist, die Kündigung ohne Einhaltung der Frist zulässig.

(2) Die Kündigung darf nicht zur Unzeit geschehen, es sei denn, dass ein wichtiger Grund für die unzeitige Kündigung vorliegt. Kündigt ein Gesellschafter ohne solchen Grund zur Unzeit, so hat er den übrigen Gesellschaftern den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.

(3) Eine Vereinbarung, durch welche das Kündigungsrecht ausgeschlossen oder diesen Vorschriften zuwider beschränkt wird, ist nichtig.

Das Kündigungsrecht gehört zu den Verwaltungsrechten jedes Gesellschafters. Es wird durch einseitige Erklärung gegenüber allen anderen Gesellschaftern (auch konkludent) ausgeübt. Der Zugang allein beim geschäftsführenden Gesellschafter ist nur dann ausreichend, wenn der Gesellschaftsvertrag diesen zur Entgegennahme von Kündigungserklärungen ermächtigt oder er die an die Gesellschaft gerichteten Kündigungserklärungen von sich aus an die übrigen Gesellschafter zur Kenntnisnahme weiterleitet (OLG Celle, Teil-Urt.v.10.11.1999 - U 53/99). Folge der Kündigung ist mangels anderweitiger Regelung (§ 736) die Auflösung der Gesellschaft und sofern vorhanden, die Auseinandersetzung des Gesellschaftsvermögens (§§ 730-735). Bis zu deren Abschluss besteht die Gesellschaft als Liquidationsgesellschaft fort (§ 730 II). Sofortige Vollbeendigung tritt nur bei fehlendem Gesellschaftsvermögen (z.B. Innengesellschaft) oder tatsächlich unterlassenem Vollzug des Gesellschaftsvertrages ein.
Ein einseitiger Widerruf der Kündigung ist nicht möglich. Die Gesellschafter können aber während einer vereinbarten Kündigungsfrist oder der Auseinandersetzung die Fortsetzung der Gesellschaft beschließen. Das Kündigungsrecht ersetzt bei einer in Vollzug gesetzten GbR das Recht zum Rücktritt (hierzu unter § 705).

Gesellschaften auf unbestimmte Zeit können jederzeit gekündigt werden. Ein Ausschluß der Kündigung durch die Gesellschafter ist nur für eine gewisse Zeit möglich und umfasst nicht das solange geltende Kündigungsrecht aus wichtigem Grunde. Anderenfalls ist die Beschränkung unwirksam und Abs.1 S.1 ist anwendbar (Bsp.: § 724 S.1).

Eine Gesellschaft ist auf bestimmte Zeit eingegangen (Abs.1 S.2), wenn die Gesellschafter für eine beschränkte Zeit ohne Beendigungsmöglichkeit an die Gesellschaft gebunden sind. Der beabsichtigte Ausschluss einer ordentlichen Kündigung kann sich auch aus dem Gesellschaftszweck ergeben. Ist die Dauer der Gesellschaft übermäßig lang, besteht jedoch wieder ein ordentliches Kündigungsrecht nach Abs.1 S.1.

Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden eine Fortsetzung bis zum nächsten ordentlichen Beendigungszeitpunkt bei Würdigung aller Einzelumstände nach Treu und Glauben nicht zugemutet werden kann. Die aufgeführten Beispiele in Abs.1 S.3 sind nicht abschließend. Die Kündigung aus wichtigem Grund nach Abs.1 S.3 Nr.2 wird durch Abs.1 S.4 und Nr.5 eingegrenzt bzw. ausgeschlossen. Das Kündigungsrecht muß in einer angemessenen Frist ausgeübt werden, da andernfalls ein Wegfall des zur Kündigung berechtigenden Grundes zu vermuten ist. Weiter Kündigungsgründe können nachgeschoben werden.

Verletzt eine Kündigung durch ihren Zeitpunkt die gemeinschaftlichen Interessen der Gesellschafter ist sie unzeitig i.S.d. Abs.2. Eine solche Kündigung ist zwar grundsätzlich wirksam, verpflichtet aber zum Ersatz des aus der Kündigung gerade zu diesem Zeitpunkt entstehenden Schadens. Letzteres gilt nicht, wenn für die Wahl dieses Zeitpunktes ein wichtiger Grund bestand.

Der Abs.3 stellt die Unverzichtbarkeit des Kündigungsrechtes fest. Unwirksame Beschränkungen sind nicht etwa zeitliche, sondern beispielsweise Belastungen mit Vertragsstrafen, Austritts- und Abfindungsgeld oder schwerwiegende Einengungungen der Entschließungsfreiheit zur Kündigung wegen wirtschaftlich nachteiliger Folgen. Die Vorschrift des Abs.3 ist auf stille Gesellschaften entsprechend anwendbar.

Prozessuales:

Die Beweislast für das Fortbestehen des Kündigungsgrundes nach Ablauf einer angemessenen Zeitspanne bei einer Kündigung aus wichtigem Grund trägt der Kündigende.

Diese Kommentierung basiert auf einer Arbeit des Rechtsanwalts Michael Linke. Stand ist eigentlich der 30.05.2000. Aus technischen Gründen musste oben ein Stand nach dem In-Kraft-treten der Neufassung des BGB am 1.1.2002 eingegeben werden.


Urteile nach 02.01.2002, also nach Abschluss dieser Kommentierung