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BGB
Bürgerliches Gesetzbuch
§ 776 Aufgabe einer Sicherheit (Regelung seit 01.01.2002)
Gibt der Gläubiger ein mit der Forderung verbundenes Vorzugsrecht, eine für sie bestehende Hypothek oder Schiffshypothek, ein für sie bestehendes Pfandrecht oder das Recht gegen einen Mitbürgen auf, so wird der Bürge insoweit frei, als er aus dem aufgegebenen Recht nach §774 hätte Ersatz erlangen können. Dies gilt auch dann, wenn das aufgegebene Recht erst nach der Übernahme der Bürgschaft entstanden ist.

1. Zweck der Vorschrift ist zu verhindern, dass der Kreditgeber im Wissen um einen finanzstarken Bürgen, andere Sicherheiten aufgeben; z.B. um dem Hauptschuldner die Bedienung eines anderen Kredites zu ermöglichen. Dies widerspräche dem auch in § 767 BGB deutlich werdenden Prinzip, dass Hauptschuldner und Gläubiger nach Übernahme der Bürgschaft alles tun dürfen, was dem Bürgen nutzt, aber nichts, was dem Bürgen schadet. Dieser Gedanke findet in dieser Vorschrift nun eine weitere Ausprägung.

2.1. Grundsätzlich hat der Gläubiger gegenüber dem Bürgen keine Interessenwahrungspflichten (OLG Köln WM 95, 1965), da dass Bürgschaftsverhältniss einen einseitigen Vertrag darstellt. An Ersatzansprüche des Bürgen oder die Einwendung des Rechtsmißbrauchgs gegen den Gläubiger sind an strenge Voraussetzungen geknüpft (BGH WM 68, 1391). Allerdings hat er gegenüber dem Bürgen Treu und Glauben (§ 242 BGB) zu wahren und macht sich ersatzpflichtig, wenn er arglistig handelt und in schwerwiegender Weise gegen Interessen des Bürgen verstößt.

2.2. Der Gläubiger muss die Sicherheit vorsätzlich aufgegeben haben, Untergang einer Sicherheit durch Fahrlässigkeit ist nicht ausreichend (NJW 66, 2009). Ein Unterlassen kann nur berücksichtigt werden, wenn eine Rechtspflicht zum Handeln bestanden hat. Bei konkreten Gefahren wie Verlust oder Verschlechterung besteht demnach eine Pflicht des Gläubigers zum Handeln. Nur ausnahmsweise kann, bei fahrlässigem Verlust von Sicherheiten, eine analoge Anwendung des § 776 BGB geboten sein. Als Sicherheiten können neben Hypotheken, Pfandrechten und Vorzugsrechten auch Sicherungsübereignung, Sicherungsabtretung und Eigentumsvorbehalt gezählt werden.

3. Bei Aufgabe der Sicherheit durch den Gläubiger erlischt die Bürgschaft nur dann, wenn der Bürge durch Rückgriff hätte Ersatz verlangen können.

4. Die Vorschrift ist abdingbar. Nach älterer Rechtsprechung sollte dies auch mittels AGB möglich sein. Mit der Einführung des AGBG ändert sich die Rechtssprechung des BGH aber insoweit, als ein formularmäßiger Verzicht auf die Rechte aus dieser Vorschrift gegen § 9 AGBG verstößt (BGH, Urt.02.03.2000-IX ZR 328/98; BGH Urt.v.06.04.2000-IX ZR 2/98) !

5. Eine Ausdehnung der Risikoübernahme durch entsprechende Anwendung wird abgelehnt (WM 88, 1846; OLG Köln WM 95, 1965).

6. Prozessuales
Der Bürge muss beweisen, dass er auf die aufgegebene Sicherheit hätte zurückgreifen können.

Diese Kommentierung basiert auf einer Arbeit des Rechtsanwalts Michael Linke. Stand ist eigentlich der 20.07..2000. Aus technischen Gründen musste oben ein Stand nach dem In-Kraft-treten der Neufassung des BGB am 1.1.2002 eingegeben werden.