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BGB
Bürgerliches Gesetzbuch
§ 779 Begriff des Vergleichs, Irrtum über die Vergleichsgrundlage (Regelung seit 01.01.2002)
(1) Ein Vertrag, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird (Vergleich), ist unwirksam, wenn der nach dem Inhalt des Vertrags als feststehend zugrunde gelegte Sachverhalt der Wirklichkeit nicht entspricht und der Streit oder die Ungewissheit bei Kenntnis der Sachlage nicht entstanden sein würde.

(2) Der Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis steht es gleich, wenn die Verwirklichung eines Anspruchs unsicher ist.

Es gibt den zivilrechtlichen Vergleich, den Prozessvergleich und den Anwaltsvergleich. Alle sind zunächst materiell-rechtliche Vergleiche, bei den beiden letztgenannten kommen aber noch prozess- bzw. vollstreckungsrechtliche Elemente hinzu.

Ein Vergleich zeichnet sich dadurch aus, dass:

Ein Streit über ein Rechtsverhältnis vorliegt sowie

dass beide Seiten etwas nachgeben.

Gibt eine Seite nicht nach, dürfte ein Anerkenntnis vorliegen, das gem. §§ 781, 782 der Schriftform bedarf! Vergleiche bedürfen einer bestimmten Form eigentlich nicht, wenngleich sich auch aus Vorschriften wie des § 313 gelegentlich etwas anderes ergibt.

§ 779 ist eine gesetzlich geregelte Konstellation des Fehlens der Geschäftsgrundlage. Ein schönes aktuelles Beispiel für die hiermit zusammenhängenden Probleme gab das OLG Hamm erst am 5.8.1999.

Daneben kommen selbstverständlich auch alle anderen Nichtigkeits- bzw. Unwirksamkeitsgründe für einen Vergleich in Betracht; auch eine Anwendung der Regeln über das Fehlen bzw. den Wegfall der GG neben den in § 779 explizit geregelten Fällen bleibt möglich (Pal.-Thomas § 779 Rn 24).

Prozessuales:

Für den Prozessvergleich ist noch wichtig zu wissen, dass ein Streit über die Wirksamkeit (wegen § 779 oder auch aus anderen Gründen, zB. Anfechtung) nicht etwa im Wege der Vollstreckungsgegenklage sondern durch Fortsetzung des alten Verfahrens ausgetragen wird. Dies ist auch logisch , da bei Unwirksamkeit des Prozessvergleiches ja das alte Verfahren keinen Abschluss gefunden hat! Folglich muss Anberaumung eines neuen Termins verlangt werden!

Ist lediglich der Inhalt des Prozessvergleiches strittig, ist allerdings ein neues Verfahren anzustrengen (Pal.-Thomas, § 779 Rn 32 mwN.).

Der Anwaltsvergleich gem. § 1044b ZPO (der bislang wohl keine nennenswerte Bedeutung erlangt zu haben scheint) dürfte mit den üblichen vollstreckungsrechtlichen Rechtsbehelfen anzugehen sein, also Erinnerung gegen die Vollstreckungsklausel bzw. Vollstreckungsgegenklage.

Diese Kommentierung basiert auf einer Arbeit des Rechtsanwalts Michael Linke. Stand ist eigentlich der 03.04.2000. Aus technischen Gründen musste oben ein Stand nach dem In-Kraft-treten der Neufassung des BGB am 1.1.2002 eingegeben werden.
Urteile nach 02.01.2002, also nach Abschluss dieser Kommentierung