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BGB
Bürgerliches Gesetzbuch
§ 817 Verstoß gegen Gesetz oder gute Sitten (Regelung seit 01.01.2002)
War der Zweck einer Leistung in der Art bestimmt, dass der Empfänger durch die Annahme gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstoßen hat, so ist der Empfänger zur Herausgabe verpflichtet. Die Rückforderung ist ausgeschlossen, wenn dem Leistenden gleichfalls ein solcher Verstoß zur Last fällt, es sei denn, dass die Leistung in der Eingehung einer Verbindlichkeit bestand; das zur Erfüllung einer solchen Verbindlichkeit Geleistete kann nicht zurückgefordert werden.

1. Die Vorschrift ist nur im Rahmen von Leistungen nach § 812 BGB nicht aber bei Eingriffskondiktionen anwendbar.

2.1. Neben den allgemeinen Voraussetzungen eines Bereicherungsanspruches nach § 817 S.1 BGB ist notwendig, dass die Parteien einen gesetzes- und sittenwidrigen Hauptzweck der Leistung vereinbart haben. Dieser kann in der Zahlung eines Schweigegeldes betreffs einer Straftat, Abkaufen des Erziehungsrechtes eines Kindes von einem Berechtigten oder in der Übertragung eines Grundstückes an eine Frau liegen um diese zur Ehe zu bewegen. Bei mehreren Leistungen auf Grund eines Rechtsverhältnisses ist jede einzelne auf ihre Sitten- und Gesetzwidrigkeit zu überprüfen. Der Empfänger der Leistung muss positive Kenntnis von der Gesetzes- und Sittenwidrigkeit haben (BGH NJW 80, 452). Wer sich leichtfertig vor der Erkenntnis der Sittenwidrigkeit verschließt ist so zu behandeln, als ob er positive Kenntnis gehabt hätte (BGH NJW 89, 3217).

2.2. Ist die vertragliche Vereinbarung wegen §§ 134, 138 BGB nichtig, die Erfüllungsleistung aber wegen dem Abstraktionsprinzip wirksam so ist der Empfänger der Leistung nach § 817 S.1 BGB zur Herausgabe verpflichtet, wenn diese Verpflichtung nicht schon nach § 812 BGB besteht. Das Rückforderungsrecht aus § 817 S.1 BGB besteht neben § 812 BGB auch dann, wenn außer dem Vertrags- auch das Erfüllungsverhältnis nichtig ist, vor allem bei sittenwidrigen Geschäften. Ist dagegen nur das Erfüllungsgeschäft unwirksam, das Vertragsverhältnis aber nicht, kann die Herausgabe nur nach § 817 S.1 BGB erfolgen, da ja mit dem Vertragsverhältnis ein Rechtsgrund für die Leistung i.S.d. § 812 BGB gegeben ist.

3.1. Der Leistende kann die Herausgabe nach § 817 S.2 BGB nicht verlangen, wenn er ebenfalls vorsätzlich (BGH 50, 90) oder leichtfertig (BGH NJW 89, 3217) einen Gesetzes- und Sittenverstoß begeht, ausgenommen, dieser bezieht sich nur auf die Eingehung einer Verbindlichkeit. Letzteres ist damit zu begründen, dass das Eingehen einer Verbindlichkeit noch nicht zu einer Durchführung des Rechtsgeschäftes führen muss, da der Leistungsversprechende die Erfüllung nach § 821 BGB verweigern kann. Für den Gesetzesverstoß ist es ausreichend, wenn den Parteien der Zweck des Rechtsverhältnisses bekannt ist. Nach § 817 S.2 BGB kann ein Verlag, der gegen das Werbeverbot für entgeltliche sexuelle Handlungen verstößt, nach § 817 S.2 BGB nicht das Honorar einfordern. Ebenso hat diese Vorschrift oft bei Kauf- und Pachtverträgen über Bordelle (Staudinger § 817 Rn.11) sowie Wucherdarlehen (Staudinger § 817 Rn.12) eine erhebliche Bedeutung. Die Schwarzarbeit fällt aber nicht unter diese Norm. Zwar weiß ein Schwarzarabeiter von dem Gesetzesverstoß, dennoch kann er nach §§ 812, 818 BGB Ersatz des Wertes verlangen, welcher dem Auftraggeber durch seine Tätigkeit zugeflossen ist (BGH 111, 308). Maßgebender Zeitpunkt ist dabei die Leistung, spätere sittenwidrige Abreden sind unbeachtlich.

3.2. Eine Herausgabeanspruch ist dann ausgeschlossen, wenn die Leistung erbracht und der Vermögensvorteil beim Empfänger entgültig ist (BGH NJW 95, 1152). Insoweit ist diese Regelung u.a. bei Dahrlehen, der Bestellung von Grundschulden zu Sicherungszwecken (BGH 19, 205) nicht anwendbar da die Leistung nur vorübergehend erbracht wurde und wegen ihrer Rechtsnatur wieder zurückzugewähren ist.

3.3. Rechtsnachfolger wie Erben müssen sich den Rechts- und Sittenverstoß des Leistenden ebenfalls entgegenhalten lassen.

3.4. Wegen seines Ausnahmecharakters kann § 817 S.2 BGB auch nicht entsprechend außerhalb des Bereicherungsrechts eingreifen (BGH 44, 1). Ansonsten wird die Anwendung auch eingeschränkt, wenn der Schutzzweck der gesetzlichen Verbotsnorm eine Rückabwicklung fordert. Dies kann sich auch aus dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ergeben, da eine rechtswidrige Vermögensverschiebung u.U. entgültig sanktioniert werden kann (BGH 111, 308).

4. Die Vorschrift kann als zwingende Regelung von den Parteien nicht abbedungen werden.

5. Prozessuales
§ 817 S.2 BGB ist als rechtshindernde Einwendung von Amts wegen zu beachten. Der Berechtigte hat neben den allgemeinen Voraussetzungen auch den Gesetzes- oder Sittenverstoß des Empfängers zu beweisen. Der Empfänger trägt die Beweislast für die Kenntnis des Leistenden von der Gesetz- und Sittenwidrigkeit der Leistung bzw. von einem Rechts- und Sittenverstoß nach § 817 S.2 BGB. Darüber hinaus hat der Empfänger auch nachzuweisen, dass der Berechtigte schon die Verbindlichkeit erfüllt hat.

Diese Kommentierung basiert auf einer Arbeit des Rechtsanwalts Michael Linke. Stand ist eigentlich der 21.09.2000. Aus technischen Gründen musste oben ein Stand nach dem In-Kraft-treten der Neufassung des BGB am 1.1.2002 eingegeben werden.
Urteile nach 02.01.2002, also nach Abschluss dieser Kommentierung