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BGB
Bürgerliches Gesetzbuch
§ 818 Umfang des Bereicherungsanspruchs (Regelung seit 01.01.2002)
(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt.

(2) Ist die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich oder ist der Empfänger aus einem anderen Grunde zur Herausgabe außerstande, so hat er den Wert zu ersetzen.

(3) Die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatz des Wertes ist ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist.

(4) Von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an haftet der Empfänger nach den allgemeinen Vorschriften.

1.1. Voraussetzung für die Anwendung dieser Vorschrift ist das Bestehen eines Bereicherungsanspruches nach §§ 812, 816, 817 BGB. In diesem Fall hat der Empfänger das Erlangte, also den Gegenstand selbst, an den Entreicherten herauszugeben. Entscheidend für die Herausgabe ist die Höhe der Bereicherung beim Empfänger und nicht die Entreicherung des Berechtigten, da der Empfänger durch die Vermögensverschiebung keinen wirtschaftlichen Vorteil noch Schaden erlangen soll. Wenn die Vermögensverschiebung nur teilweise ungerechtfertigt war, so ist nur der ungerechtfertigt erlangte Vermögensteil herauszugeben (BGH NJW-RR 97, 564). Nach § 951 BGB hat statt der Herausgabe die Vergütung in Geld zu erfolgen. Nach §§ 528 I 2, 1973 II 2; 2329 II BGB kann die Herausgabe durch Wertersatz abgewendet werden.

1.2. Des Weiteren hat der Empfänger Rechte, welche an der empfangenen Sache bestellt oder aufgehoben worden sind wieder aufzuheben oder wiederherzustellen. Auch ist der Berechtigte von durch den Empfänger begründeten Verbindlichkeiten zu befreien.

2.1. Die Herausgabepflicht erstreckt sich auch auf die Nutzungen (§§ 99, 100 BGB), da diese auch Vermögensvorteile darstellen. Voraussetzung ist aber ein bestehender Bereicherungsanspruch. Es sind nur die Nutzungen zu ersetzen, welche ab der Rechtshängigkeit oder der Kenntnis des fehlendenden Rechtsgrundes (§ 819 BGB) gezogen worden sind (BGH 102, 41; ZIP 87, 1457). Beruhen die Nutzungen auf der persönlichen Leistung des Bereicherten z.B. bei Führung eines übernommen Unternehmens, so ist nur der objektive Wert der Sachnutzung herauszugeben (BGH 7, 217). Auch die Nutzungen von Sachen, welche für die Bereicherung erlangt wurden sind an den Entreicherten herauszugeben. Der Bereicherte hat nach § 818 II BGB Wertersatz für Nutzungen zu leisten, die er nicht mehr herausgeben kann, kann sich aber nach § 818 III BGB auf die fehlende Bereicherung berufen. Es sind auch die tatsächlich erlangten Zinsen herauszugeben wenn der Bereicherungsanspruch in der Herausgabe einer Geldleistung besteht. Als regelmäßig wiederkehrende Leistungen verjähren die Zinsansprüche nach § 197 BGB (BGH, Urt. v. 15.2.2000 - XI ZR 76/99).

2.2. Im Verhältnis zwischen Eigentümer und Besitzer sind betreffs der Nutzungen die vorrangigen Sondervorschriften von §§ 987 ff BGB zu beachten.

2.3. Die Herausgabepflicht erstreckt sich auch auf Sachen, welche der Bereicherte für seine Bereicherung erhalten hat (Surrogate); z.B. durch die Verwertung des erworbenen Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des Erlangten durch Dritte. Darunter fallen aber nicht Sachen und Rechte, welche der Bereicherte durch rechtsgeschäftliche Verfügungen, wie Kauf und Tausch anstelle der ursprünglichen Bereicherung erlangt hat (BGH 24, 110); insoweit ist § 818 II BGB zu beachten.

2.4. Hat sich der Empfänger auf Kosten mehrerer Personen bereichert, so muss beim Bestehen einer teilbaren Leistung an die einzelnen Gläubiger/Entreicherten das herausgegeben werden, was er von ihnen erlangt hat. Bei unteilbaren Leistungen hat der Empfänger an alle gemeinsam herauszugeben. Existieren dagegen mehrere Bereicherte, so haben diese nur insoweit an den Entreicherten/Gläubiger herauszugeben, als sie tatsächlich bereichert sind.

3.1. Ist der Empfänger nicht in der Lage das Erlangte oder die Nutzungen herauszugeben, so hat er Wertersatz zu leisten (§ 818 II BGB). Zu beachten ist dabei aber der Vorrang des Herausgabeanspruches nach § 818 I BGB vor dem Anspruch auf Wertersatz. Zum Wertersatz ist der Empfänger verpflichtet, wenn objektive Unmöglichkeit oder subjektives Unvermögen die Herausgabe der erlangten Sache verhindern. Die Unmöglichkeit kann z.B. in der Beschaffenheit des Erlangten liegen, z.B. bei Dienstleistungen oder bei Verbrauch, Verbindung oder Verarbeitung. Bzgl. der Verpflichtung zum Wertersatz ist unerheblich, ob die Unmöglichkeit durch Verschulden oder Zufall entstanden ist, da es sich hier um Wertersatz und nicht Schadensersatz handelt. Der Wertersatz ist in Geld in Höhe des objektiven Verkehrwertes der Sache oder des Rechts, welches nicht herausgegeben werden kann, an den Berechtigten zu zahlen (BGH 82, 299). Bei Dienstleistungen richtet sich der Wertersatz z.B. nach der üblichen, hilfsweise angemessenen Vergütung (BGH NJW-RR 97, 564). Bei einer rechtsgrundlosen Kreditsicherung ist als Wert die Hälfte der angemessenen Restschuld zu erstatten (BGH NJW 83, 1422). Bei Besitz ist neben dem Wert auch der Gebrauchsvorteil zu ersetzen (§ 557 BGB). Hat der Empfänger die erlangte Sache veräußert, so muss er, im Gegensatz zu § 816 BGB, nur den objektiven Wert, nicht aber den Mehrerlös herausgeben. Durch den Ersatz des objektiven Verkehrswertes ist aber das subjektive Interesse eines Beteiligten oder der Gewinn, den der Empfänger bei der Veräußerung erzielte nicht zu berücksichtigen.

3.2. Der objektive Verkehrswert ist grundsätzlich im Zeitpunkt der Entstehung des Bereicherungsanspruches zu ermitteln; z.B. bei rechtsgrundlos geleisteten Diensten, da diese nicht herausgegeben werden können. Wird aber die erlangte Sache später weiterveräußert, so ist der Wert im Zeitpunkt der Veräußerung maßgebend, da ansonsten dem Empfänger eine Wertsteigerung des Erlangten zugute kommen könnte.

3.3. Zu beachten ist die Sonderbestimmung des § 816 BGB, nach der das durch die Verfügung erlangte und nicht der objektive Wertersatz herauszugeben ist.

4.1.1. Nach § 818 III BGB ist der gutgläubige Empfänger in seiner Herausgabepflicht eingeschränkt, wenn er nicht mehr bereichert ist. Dieser Wegfall der Bereicherung muss sich aus einer wirtschaftlichen Betrachtung der Vermögensentwicklung ergeben. Dies ergibt sich i.d.R. durch einen Vergleich des Vermögensstandes des Bereicherten zum Zeitpunkt der Entstehung des Bereicherungsanspruches und zum Zeitpunkt der Rechtshängigkeit (§ 818 IV BGB) bzw. der Kenntnis des fehlenden Rechtsgrundes nach § 819 BGB (Saldotheorie) (BGH NJW 98, 1951). Stellen sich die Parteien beim Bereicherungsausgleich gegenseitig Saldopositionen in Rechnung, so die gegen einen Anspruch erklärte Aufrechnung mit einem Saldoposten erst beachtlich, wenn der Saldo festgestellt worden ist, auch wenn der Saldo nur hilfsweise nach der Aufrechnung geltend gemacht worden ist (BGH Urt.v.14.07.2000-V ZR 82/99).

4.1.2. Besteht zum Zeitpunkt der Rechtshängigkeit ein Überschuss, so ist in diesem Umfang ein Bereicherungsanspruch gegeben ohne diesen Überschuss liegt keine Bereicherung des Empfängers vor (siehe auch Staudinger § 818 Rn.41 ff). Der Grund für den Wegfall der Bereicherung ist unerheblich. Voraussetzung den Wegfall der Bereicherung ist aber, dass zwischen dem Empfang der rechtsgrundlosen Leistung und dem Bereicherungsverlust des Empfängers ein innerer Zusammenhang besteht (BGH 118, 383).

4.2. Ist das Erlangte nicht mehr vorhanden, entfällt die Bereicherung, wenn der Empfänger sich damit keinen anderen Vermögensvorteil geschaffen hat (BGH NJW 84, 2095). Dies können Nutzungen, Wertersatz oder ersparte Aufwendungen sein. Der Bereicherungswegfall kann durch unwirtschaftliche Verwendungen wie z.B. für eine Verbesserung des Lebensstandarts oder die Weggabe des Erlangten erfolgen. Der Wegfall der Bereicherung des Empfängers ist auch dann gegeben, wenn dessen Aktivvermögen den Wert der Bereicherung nicht mehr deckt. Ein solcher Wegfall ist aber nicht gegeben, wenn das Erlangte zur Schuldentilgung verwendet wurde, da dann die Befreiung von der Verbindlichkeit einen Vermögensvorteil bzw. Bereicherung darstellt. Das gleiche gilt, wenn zwar das Erlangte nicht mehr herausgegeben werden kann, aber dafür ein Anspruch gegen Dritte entstanden ist.

4.3. Ist das Erlangte noch vorhanden, ist es grundsätzlich herauszugeben. Allerdings kann der Bereicherte den Ersatz von Aufwendungen geltend machen. Zu berücksichtigen sind dabei alle Verwendungen auf die erlangte Sache, auch wenn sie nicht notwendig oder nützlich gewesen sind (BGH NJW 98, 989), sowie die Kosten des Erwerbs wie z.B. Transportkosten. Zu den Kosten des Erwerbs zählen aber nicht Leistungen an Dritte; z.B. Kosten des Erwerbs von einem Dieb im Rahmen der Eingriffskondiktion nach § 812 BGB (BGH 55, 176; NJW 95, 3315). Des Weiteren sind die Folgeschäden des Bereicherten, welche dieser durch die Vermögensverschiebung erlitten hat sowie Ausgaben, welche der Bereicherte im Vertrauen auf die Unwiderruflichkeit des Vermögenszuwachses getätigt hat anzurechnen.

4.4. Ebenso sind Gegenleistungen des Empfängers für den Erwerb des Erlangten bei der Herausgabe zu berücksichtigen. Nach der Saldotheorie hat der Empfänger im Rahmen der Rückabwicklung nur den Überschuss zwischen dem Erlangten und dem selbst an den Berechtigten geleisteten auszuzahlen (BGH NJW 98, 1951). Diese Saldotheorie ist aber insoweit einzuschränken, als sie nur für gegenseitige Verträge anwendbar ist, welche auch erfüllt worden sind.

4.5. Die Vorschrift des § 818 III BGB kann von den Parteien abgeändert werden.

5. § 818 IV BGB bestimmt eine Haftungsverschärfung des Empfängers, da dieser ab dem Zeitpunkt der Rechtshängigkeit (§§ 261, 253 ZPO) nach den allgemeinen Regeln (§§ 291, 292 BGB) haftet. Die Verweisung des § 291 BGB auf die Prozesszinsen gilt auch dann, wenn ein Handelsgeschäft zwischen den Parteien vorliegt. § 292 BGB verweist insoweit auf §§ 987 ff BGB. Nach Rechtshängigkeit kann sich der Bereicherte nicht mehr auf den Wegfall oder die Minderung der Bereicherung berufen (BGH 55, 128). Dies kann der Bereicherte nur geltend machen, wenn dies nach den allgemeinen Vorschriften zulässig ist, z.B. bei der unverschuldeten Unmöglichkeit der Herausgabe (§ 275 BGB). Mit Rechtshängigkeit haftet der Empfänger aus Verzug (§§ 284 ff BGB) gegenüber dem Berechtigten, außer wenn er einem entschuldbaren Rechtsirrtum erlag.

6. Prozessuales
Der Berechtigte muss die Bereicherung des Empfängers und deren Umfang und den Wert des Erlangten darlegen. Der Empfänger muss beweisen, dass ihm die Herausgabe des Erlangten unmöglich ist. Ebenso obliegt ihm die Beweislast hinsichtlich des Wegfalls der Bereicherung und die getätigten Aufwendungen da diese rechtsvernichtende Einwendungen darstellen (BGH 118, 383).

Diese Kommentierung basiert auf einer Arbeit des Rechtsanwalts Michael Linke. Stand ist eigentlich der 30.09.2000. Aus technischen Gründen musste oben ein Stand nach dem In-Kraft-treten der Neufassung des BGB am 1.1.2002 eingegeben werden.
Urteile nach 02.01.2002, also nach Abschluss dieser Kommentierung