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BGB
Bürgerliches Gesetzbuch
§ 874 Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung (Regelung seit 01.01.2002 gültig bis vor 09.10.2013, bitte hier klicken zur Änderung)
Bei der Eintragung eines Rechts, mit dem ein Grundstück belastet wird, kann zur näheren Bezeichnung des Inhalts des Rechts auf die Eintragungsbewilligung Bezug genommen werden, soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt.

Franz-Anton Plitt
 (Internet entrepreneur)
 Chisinau
 (Moldova)


Stand: 10.02.2010
Ãœberblick zum Thema
I. Allgemeines


1. Immobiliar-Sachenrechte bedürfen zu ihrer Entstehung im Geltungsbereich des BGB der Eintragung.

Dies dient der Rechtsklarheit.

Das Grundbuch soll in seinem Auszug, also den bekannten Abteilungen 1-3, nicht zu unübersichtlich werden. Sonst leidet wiederum die Klarheit.

Auf Ausnahmen und ausnahme-ähnliche Dinge sowie Übergangsvorgänge außerhalb des Grundbuches ist hier nicht einzugehen.

2. Deshalb kann in gewissem Umfange der im Grundbuchauszug, also den Abteilungen, niederzuschreibende Teil durch eine Bezugnahme auf die dahinter stehenden Dokumente in der übrigen Grundakte zu dem jeweiligen Grundbuchblatte ergänzt werden.

Dies spielt insbesondere im WEG- und Erbbaurecht eine Rolle, da dort umfangreiche Bestimmungen nötig und deshalb zulässig sind sowie verdinglicht werden sollen und teilweise sogar müssen! Eine Teilungserklärung und eine Gemeinschaftsordnung muß nun mal für alle gelten. Erbbaurechtsregelungen müssen übertragungsfest sein. Für Erbbaurechts- und WEG-Grundbücher gibt es aber Sondervorschriften, siehe unten III.

Auch bei den sonstigen Grundstücksrechten können umfangreiche Inhaltsbestimmungen zu einem eingetragenen Rechte bestehen.

Dies alles im Auszug niederzuschreiben kann den Rahmen des Grundbuchauszuges sehr strapazieren.

Was noch Inhaltsbestimmung iSd. § 874 BGB ist und was demgegenüber wesentlicher Rechtsinhalt selbst und daher explizit eintragungsbedürftig ist wird unterschiedlich beurteilt.

Vor allem Bedingungen und Befristungen werden von unterschiedlichen Ansichten differenzierend bewertet. Der BGH hat hierzu noch mancherlei offen gelassen (siehe BGH, V ZR 25/06 - Urt. v. 29.09.2006, Entscheidungsgründe II. 1. b.) aa.) mwN).

3. Gegenstand können auch hier natürlich nur Rechte sein, die nach dem Numerus-Clausus-Prinzip des BGB-(Immobiliar-)Sachenrechtes zulässig sind!

Nicht umfaßt ist das Eigentum selbst.

Grundstücksrechte sind dabei aber wirklich nur die eintragungsfähigen Rechte. Kein Grundstücksrecht ist daher z.B. die Miete (trotz des Grundsatzes "Kauf bricht nicht Miete").

4. Soweit eine wirksame Bezugnahme iSd. § 874 BGB vorliegt, wird der in-Bezug-genommene Text Inhalt des Grundbuchs iSd. z.B. des § 892 BGB!

Soll der in-Bezug genommene Text allerdings geändert werden gilt § 877 BGB. D.h., daß eine weitere Eintragung im Auszug nach der Änderung der in-Bezug genommenen Urkunde erfolgen muß.


II. Wie konkret muß die Bezeichnung sein?


Das Recht muß schlagwortartig genannt sein, mehr nicht. Bei Hypothek, Vorkaufsrecht, Nießbrauch und auch Erbbaurechten gibt das Gesetz einen weitegehenden Inhalt vor. Bei sonstigen Dienstbarkeiten und Reallasten muß aufgrund der weiten Bandbreite der Möglichkeiten eine Konkretisierung erfolgen (z.B. Wohn- oder Wegerecht, etc.).

Die in-Bezug genommene Urkunde muß sich in der Grundakte befinden! Formgültigkeit ist wohl nötig (nach Eintragung, also beachte z.B. § 311b I S.2 BGB, der via § 11 II ErbbauRG hier auch zur Anwendung kommt, obwohl § 874 für das eigentliche EIgentum und damit § 311 B I BGB selbst nicht anwendbar ist).

Für die normalen Sachenrechte, wie Dienstbarkeiten, etc., genügt demnach einfache Schriftform; dies trotz § 29 GBO, da diese Norm nur formelles = Ordnungsrecht darstellt.

Eine Kette durch In-Bezugnahme der Bewilligung in der wiederum auf einen Lageplan, etc. verwiesen wird, ist in Grenzen zulässig (so auch: Pal.-Bassenge 2010, § 874 Rn. 7).

Gibt es Widersprüche zwischen dem GB-Auszugstext und dem Bewilligungs- = GB- Aktentext gilt der GB-Auszugstext.


III. Sonderfälle


1. Ausgeschlossen ist diese Möglichkeit der Verdinglichung durch In-Bezugnahme auf die Bewilligung in etlichen Normen, insbesondere:

§§ 879 III, 881 II, 882, 1115, 1116 II, 1179a V S.2, 1184 II, 1189 I, 1190 I, 1199 II BGB sowie § 800 ZPO

2. Eine Erweiterung enthält § 49 GBO hinsichtlich der Eintragung von Dienstbarkeiten und Reallasten als Leibgedinge, Leibzucht, Altenteil oder Auszug.

3. Lex Specialis/ Leges speciales sind § 14 I S. 3 ErbbauRG und § 7 III, IV WEG.

Bei diesen beiden ist eine Nennung einzelner Aspekte im Grundbuchauszug wohl nicht so explizit wie in § 874 nötig! Dies, weil hier so umfangreiche Bestimmungen verdinglicht werden müssen, daß bereits dies den Auszug unüberschaubar machte.

Soweit oft so getan wird, als sei hier keine Abweichung von § 874 gegeben (z.B. Staud.-Ring, 1994, § 14 ErbbauVO Rn. 6; Pal.-Bassenge, 2010, § 14 ErbbauRG Rn. 2), steht dies im Widerspruch zur dinglichen Natur z.B. des Heimfallanspruches aus § 2 Ziff. 4 ErbbauRG. Wäre dies nur eine Wiederholung des § 874 BGB wären die §§ 14 I 3 ErbbauRG, 7 III WEG auch überflüssig - was ebenfalls für einen Privilegierungswillen des Gesetzgebers spricht!