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BGB
Bürgerliches Gesetzbuch
§ 181 Insichgeschäft (Regelung seit 01.01.2002)
Ein Vertreter kann, soweit nicht ein anderes ihm gestattet ist, im Namen des Vertretenen mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten ein Rechtsgeschäft nicht vornehmen, es sei denn, dass das Rechtsgeschäft ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht.
1. Anwendungsbereich
1.1. Diese Vorschrift gilt zunächst für alle Rechtsgeschäfte des privaten Rechts unabhängig davon, ob die Vertretung rechtsgeschäftlich oder gesetzlich begründet worden ist. Sie verbietet Insichgeschäfte des Vertreters, da solche Geschäfte die Gefahr einer Interessenkollision und damit die Möglichkeit einer Schädigung des Vertretenen besteht (BGH 56, 101). § 181 BGB kann aber durch spezielle Sondervorschriften wie §§ 34 BGB, 136 AktG, 47 IV GmbHG, 43 III GenG und 25 IV WEG eingeschränkt werden. Die Vorschrift gilt auch bei einseitigen Rechtsgeschäften wie z.B. Kündigung oder Anfechtung, als der auf der einen Seite Erklärende zugleich Empfänger der Willenserklärung auf der anderen Seite sein kann (BGH WM 91, 1754).

1.2 Die Norm gilt für alle Vertreter i.S.d. § 164 BGB. Der Vertreter muss für die Seite des Erklärenden und die Seite des Erklärungsempfängers handeln. Es genügt aber, wenn der Vertreter eine Person auf der einen Seite als Teil eines Gesamtvertretungsorgans ist. § 181 BGB ist auch auf den öffentlich-rechtlichen Vertreter anwendbar (LG Arnsberg Rpfl. 83, 63).

1.3 Umgehungen durch Bestellung von Untervertretern, etc. wurden durch die Rechtsprechung dem § 181 BGB analog unterworfen (z.B.BGH NJW 91, 692). Allerdings ist eine analoge Anwendung der Vorschrift auf andere Interessenkollisionen als der in § 181 BGB nicht möglich.

1.4. Die Rechtsfolge bei einem Verstoß gegen § 181 BGB ist die schwebende Unwirksamkeit des Geschäfts, wegen der Überschreitung der Vertretungsmacht. Das schwebend unwirksame Geschäft ist aber gem. § 177 BGB genehmigungsfähig. Die Genehmigung kann auch schlüssig erfolgen. Zulässige Insichgeschäfte sind dagegen von Anfang an wirksam.

2. Zulässige Insichgeschäfte
2.1. Auf Grund Gesetz kann ein Insichgeschäft gemäß §§ 1009 II BGB, 125 II HGB, 78 IV AktG und 3 III BerBG zulässig sein. Das Insichgeschäft ist auch zur Erfüllung einer Verbindlichkeit zulässig. Die Verbindlichkeit muss aber vollwirksam, fällig und nicht einredebehaftet sein. Ist ein Konkursverwalter einer GmbH gleichzeitig auch Konkursverwalter eines säumigen Gesellschafters der GmbH, so kann er sich selbst die Ausschließung erklären, da die GmbH dadurch einen rechtlichen Vorteil gewinnt und das Rechtsgeschäft gegenüber dem ausgeschlossenen Gesellschaft in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht (LG Ulm, Urt. v. 23.11.1999 - 2 KfH O 221/99).

2.2. Ein Insichgeschäft ist auch dann zulässig, wenn es für den Vertretenen lediglich einen rechtlichen Vorteil bringt und Belange Dritter nicht entgegenstehen (BGH 94, 235). Dabei ist eine Gesamtbetrachtung der Rechtswirkungen des Rechtsgeschäfts vorzunehmen. Diese Fallgestaltung kommt in der Praxis häufig bei Schenkungen von Eltern an ihre geschäftsunfähigen Kinder vor.


2.3. Da § 181 BGB abdingbar ist, kann ein Insichgeschäft auch durch Rechtsgeschäft zugelassen werden. Der Vertretene kann das Recht zum Insichgeschäft in die Vollmacht mit aufnehmen. Von dieser Möglichkeit wird sehr häufig Gebrauch gemacht. Insbesondere im Vereins- und Gesellschaftsrecht ist diese Vorgehensweise verbreitet und dann meist in dem entsprechenden Register eingetragen. So ist die Befreiung vom Geschäftsführer einer Gesellschaft von § 181 BGB in das Handelsregister eintragbar (BayObLG, Beschl. v. 4.11.1999 - 3 Z BR 321/99; Beschl. v. 23.2.2000 - 3 Z BR 37/00; Beschl. v. 7.4.2000 - 3 Z BR 77/00). Selbst wenn aber für den Geschäftsführer § 181 BGB abbedungen worden ist, kann dieser sich, ohne Zustimmung der Gesellschaft, keine Urlaubsabgeltung zubilligen, wenn die Voraussetzungen dafür nicht gegeben sind (OLG Düsseldorf, Urt. v. 23.12.1999 - 6 U 119/99). Nicht so ohne weiteres zulässig ist ein Geschäft zwischen dem Alleingesellschafter einer GmbH und der GmbH, siehe § 35 IV GmbHG. Hier gilt zunächst der § 181 BGB, was wenig sinnvoll erscheint. Der Alleingesellschafter muss in diesem Falle immer eine Niederschrift aufnehmen, also letztlich die Form einer Gesellschafterverssammlung einer 1-Mann/Frau-GmbH einhalten.

2.4. Voraussetzung für ein zulässiges Insichgeschäft ist die äußerliche Erkennbarkeit des Geschäfts durch einen Dritten. Dabei ist jede nach außen feststellbare Manifestation des Geschäftswillens wie Aussonderung, Kennzeichnung oder Vermerke etc. ausreichend.

3. Prozessuales:
Die Beweislast richtet sich nach den üblichen Regeln.

Diese Kommentierung basiert auf einer Arbeit des Rechtsanwalts Thomas Weidel, Bitterfeld, einem damaligen Mitarbeiter der Fa. Advo-net.com, Eco-Part GmbH & Co. KG, und des Rechtsanwalts Olaf J. Lutz, Erlangen. Stand ist eigentlich der 24.01.2001. Aus technischen Gründen musste oben ein Stand nach dem In-Kraft-treten der Neufassung des BGB am 1.1.2002 eingegeben werden.

Für Hinweise und Anregungen sind wir immer dankbar. Bei Interesse ist qualifizierten Juristen die Aufnahme in die Kommentatoren-Liste möglich.
Urteile nach 02.01.2002, also nach Abschluss dieser Kommentierung