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GmbHG
GmbH-Gesetz
Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung
(1) Enthält der Gesellschaftsvertrag keine Bestimmungen über die Höhe des Stammkapitals oder über den Gegenstand des Unternehmens oder sind die Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags über den Gegenstand des Unternehmens nichtig, so kann jeder Gesellschafter, jeder Geschäftsführer und, wenn ein Aufsichtsrat bestellt ist, jedes Mitglied des Aufsichtsrats im Wege der Klage beantragen, daß die Gesellschaft für nichtig erklärt werde.

(2) Die Vorschriften der §§ 272, 273 des Handelsgesetzbuchs finden entsprechende Anwendung.
Franz-Anton Plitt
 (Internet entrepreneur)
 Chisinau
 (Moldova)


Stand: 03.07.2000
Die Vorschrift wurde durch das 1.KoordinierungsG von 1969 zugunsten des ergänzenden Auflösungsverfahrens nach § 144a FGG stark eingeschränkt. Dieses Verfahren hat das Registergericht einzuleiten wenn weitere von § 75 nicht erfasste notwendige Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages nichtig sind oder fehlen (§ 3 I Nr.1, 3, 4). Zudem führen Verstöße gegen § 19 IV S.1 zum Auflösungsverfahren nach § 144b FGG. Daher haben die §§ 75-77 nur noch geringe praktische Bedeutung. Die Nichtigkeit führt nach § 77 nur zur Auflösung der GmbH, ist also nicht im üblichen Sinne zu verstehen.

Die Vorschrift ist nur auf eine im Handelsregister eingetragene und damit als juristische Person entstandene GmbH anzuwenden, dagegen nicht auf die Vor-GmbH. Die Nichtigkeit der Gesellschaft nach § 75 kann ausschließlich im Klagewege (auch der Widerklage), nicht im Wege der Einrede geltend gemacht werden. Die Klage ist Gestaltungsklage, so daß beantragt werden muss, die GmbH für nichtig zu erklären.

Zur Erhebung der Nichtigkeitsklage ist nach Abs.1 jeder - nach § 16 I gemeldete - Gesellschafter, jeder Geschäftsführer - auch der nicht alleinvertretungsbefugte - und jedes Aufsichtsratsmitglied, nicht aber das Organ "Aufsichtsrat" oder dritte Personen aktivlegitimiert. Sie ist gegen die Gesellschaft vertreten durch ihren Geschäftsführer und, soweit bestellt ihren Aufsichtsrat. Ist der einzige (oder sind alle) Geschäftsführer Kläger, wird die GmbH nur durch den Aufsichtsrat vertreten bzw. wenn ein solcher nicht vorhanden ist, durch einen gerichtlich (§ 57 ZPO oder § 29 BGB analog) oder durch Gesellschafterbeschluss (§ 46 Nr.8) bestellten Vertreter.

Wegen Zuständigkeit und Verfahren verweist Abs.2 auf die Vorschriften des AktG zur Anfechtungsklage gegen Hauptversammlungsbeschlüsse. Zuständig für die Klage ist ausschließlich das Landgericht am Sitz der GmbH (§ 246 III 1 AktG). Da die §§ 272, 273 HGB keine Monatsfrist kannten, gilt die Verweisung des Abs.2 nicht für die Frist nach § 246 I AktG. Daher ist die Nichtigkeitsklage nicht fristgebunden, wird aber wohl durch den Grundsatz der Verwirkung begrenzt. Die Klageerhebung und der Termin der mündlichen Verhandlung hat der Geschäftsführer unverzüglich in den Gesellschaftsblättern (sofern nicht vorhanden entsprechend §§ 10, 11 HGB) bekannt zu machen (§ 246 IV AktG).

Materiell kann die Nichtigkeitsklage nur auf die abschließend in Abs.1 geregelten Gründe gestützt werden. Das Fehlen einer Bestimmung über die Höhe des Stammkapitals ist nicht nach § 76 heilbar, aber auch kaum denkbar. Bei einer zu niedrigen Festsetzung ist dagegen nur diese Bestimmung, nicht die Gesellschaft nichtig. In diesem Falle kann aber das Verfahren nach § 144a FGG eingeleitet werden. Ebenso ist das Fehlen einer Bestimmung zum Gegenstand der Gesellschaft kaum vorstellbar. Die Nichtigkeit einer solchen Bestimmung kommt schon eher in Betracht. Dies kann der Fall sein, wenn der Unternehmensgegenstand unmittelbar auf eine gesetzwidrige oder gegen die guten Sitten verstoßende Tätigkeit gerichtet ist. Auch ein nur zum Schein vorgeschobener Unternehmensgegenstand und die verdeckte Mantel- oder Vorratsgründung ist nichtig. Dies gilt wohl nach überwiegender Auffassung auch für die wesentliche faktische Änderung des Unternehmensgegenstandes.
Sonstige Mängel sind entweder mit der Eintragung geheilt, wie Form- oder Willensmängel oder können allenfalls zum Verfahren nach §§ 144a, 144b FGG führen.

Das Urteil ist Gestaltungsurteil und führt mit Rechtskraft zur Auflösung der Gesellschaft. Es wirkt für und gegen jedermann. Zur Eintragung der Nichtigkeit der Gesellschaft im Handelsregister genügt eine formlose Einreichung des Urteils nach Abs.2 i.V.m. § 248 I S.2 AktG. Dies ergibt sich auch aus § 65 I 2, nach welchem keine Anmeldepflicht besteht, wenn gerichtlich ein Mangel des Gesellschaftsvertrages festgestellt wird.

Das selbständig neben dem Verfahren nach § 75 stehende Amtslöschungsverfahren nach § 144 FGG ist vom Registergericht bei Feststellung eines Mangels i.S.d. Abs.1 einzuleiten. Dieses Verfahren kann nicht beantragt, wohl aber angeregt werden. Zunächst erklärt das Registergericht, dass es die Löschung plant und fordert die GmbH zur Erhebung eventueller Einwände im Rahmen eines Widerspruchs innerhalb einer zu setzenden Frist (mindestens 3 Monate) auf. Bis zum Ende des Verfahrens prüft das Gericht, ob der Mangel (noch) vorliegt, dann erläßt es die Löschungsverfügung. Mit Eintragung des entsprechenden Beschlusses ist die GmbH aufgelöst und wird zur Liquidationsgesellschaft. Beide Verfahren schließen sich solange nicht gegenseitig aus, bis eines rechtskräftig und positiv entschieden ist. Insoweit sind Prozessgericht und Gericht der freiwilligen Gerichtsbarkeit nicht aneinander gebunden. Eine Verfahrensaussetzung (§ 148 ZPO bzw. § 127 FGG) ist jedoch möglich.