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GmbHG
GmbH-Gesetz
Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung
(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer es

1. als Geschäftsführer unterläßt, den Gesellschaftern einen Verlust in Höhe der Hälfte des Stammkapitals anzuzeigen, oder

2. als Geschäftsführer entgegen § 64 Abs. 1 oder als Liquidator entgegen § 71 Abs. 4 unterläßt, bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu beantragen.

(2) Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.
I. Allgemeines + Zweck

Die Vorschrift stellt in beiden Alternativen ein bestimmtes Unterlassen unter Strafe.

Daher gehören auch beide Tatbestände (Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 1 Nr. 2) zu den echten Unterlassungsdelikten.

Beide Tatbestände setzen nicht den Eintritt eines bestimmten Gefährdungserfolges oder einen konkreten Schaden voraus, weswegen sie zu den abstrakten Gefährdungsdelikten gehören.

Die Vorschrift sichert strafrechtlich die wichtigen Schutzvorschriften der §§ 49 III und 64 I ab.

Während durch den Verlust der Hälfte des Stammkapitals in erster Linie die Gesellschafter betroffen sind, hat die Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der GmbH Auswirkungen auf die Interessen all jener Personen, die in wirtschaftlichen oder rechtlichen Beziehungen zu ihr stehen.


II. Verwirklichungsalternativen

1. In der Situation des Abs. 1 Nr. 1 sollen die Gesellschafter in die Lage versetzt werden, die Vermögensverhältnisse der GmbH durch entsprechende Maßnahmen zu stabilisieren. Die Ansprüche der sonstig an der Gesellschaft Interessierten (z.B. Gesellschaftsgläubiger, Arbeitnehmer) sind hingegen durch das restliche Vermögen gedeckt (anderenfalls Überschuldung).

Die Alternative der Nr. 1 ist daher Schutzgesetz zugunsten der Gesellschaft und der Gesellschafter i.S.v. § 823 II BGB.

Der Tatbestand der unterlassenen Verlustanzeige nach Abs. 1 Nr. 1 ist erfüllt, wenn der Geschäftsführer seiner Handlungspflicht zur Anzeige eines eingetretenen Vermögensverlustes in Höhe von mindestens der Hälfte des Stammkapitals nicht nachkommt.

Diese Pflicht beginnt mit Überschreiten der Verlustgrenze und ist unverzüglich nach Kenntnisnahme, welche sich aber nicht aus einer Bilanz ergeben muss (andernfalls Privilegierung des "unordentlichen" Geschäftsführers), zu erfüllen.

Maßgebend sind nach h.M. die fortgeschriebenen Werte des regulären Jahresabschlusses und nicht die einer Überschuldungsbilanz, daher kommt die Auflösung stiller Reserven hier nicht in Betracht.

Da die Vorschrift nicht auf § 49 III verweist, muss die Unterrichtung hier nicht durch Einberufung der Gesellschafterversammlung erfolgen, ausreichend ist auch jede andere Art der Unterrichtung.

Eine anderweitig, nicht durch einen Geschäftsführer erlangte Kenntnis der Gesellschafter befreit jedoch nicht von der Verpflichtung.


2. Hinsichtlich des Abs. 1 Nr. 2 kommt es auf die Sicherstellung der rechtzeitigen Einleitung des Insolvenzverfahrens an, welches die Interessen aller Anspruchsinhaber gegenüber der Gesellschaft betrifft.

Nr. 2 ist daher Schutzgesetz zugunsten der Gläubiger i.S.v. § 823 II BGB.

Der Tatbestand der Konkursverschleppung nach Abs. 1 Nr. 2 ist erfüllt, wenn der Geschäftsführer oder, bei Abwicklung der GmbH nach ihrer Auflösung der Liquidator, seiner Handlungspflicht zur Beantragung des Insolvenzverfahrens bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der GmbH nicht nachkommt.

Die Vorschrift verweist auf die §§ 64 I und 71 IV. Danach ist die Pflicht ohne schuldhaftes Zögern nach Eintritt von Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, spätestens aber nach Ablauf von drei Wochen zu erfüllen.

Zur Zahlungsunfähigkeit und zur Überschuldung siehe unter § 64.

Zur Feststellung der Überschuldung nach § 64 muss hier nicht unbedingt eine Bilanz erstellt werden, vielmehr sind auch anders getroffene Feststellungen ausreichend.

Die Stellung des Insolvenzantrages durch einen Gläubiger befreit den Geschäftsführer bzw. Liquidator zumindest dann nicht von seiner Pflicht, wenn das Verfahren nicht innerhalb der 3-Wochen-Frist des § 64 I eröffnet wird.

Zur Antragstellung ist der Geschäftsführer bzw. Liquidator auch dann verpflichtet (und berechtigt, § 15 II InsO), wenn er bei nicht ausreichender Vertretungsmacht die Mitwirkung der Übrigen nicht erreicht.

3. Beide Alternativen können sowohl vorsätzlich, als auch fahrlässig begangen werden.

Vorsätzliches Handeln liegt vor, wenn der Täter die Tatumstände kennt die ihn zum Handeln verpflichten und gleichwohl davon absieht, dem gesetzlich bestimmten Gebot nachzukommen.

Fahrlässiges Handeln ist gegeben, wenn der Täter unter Verletzung seiner Sorgfaltspflicht nicht erkennt oder voraussieht, dass er in der gesetzlich gebotenen Weise zu handeln hat oder aber wenn er dies für möglich hält, aber pflichtwidrig davon ausgeht, dass er nicht so handeln muss.

Die fahrlässige Begehung nach Abs. 2 kommt z.B. in Betracht, wenn der Täter die Anzeige bzw. Insolvenzantrag vergessen hat oder ohne sorgfältige Prüfung von der zwischenzeitlichen Beseitigung der Insolvenzreife ausgeht. Mit Rücksicht auf die erheblichen rechtlichen und tatsächlichen Schwierigkeiten bei der Überschuldungsfeststellung, sollte insoweit bei der Fahrlässigkeitsprüfung Zurückhaltung geübt werden.


III. Taugliche Täter

1. Handlungsverpflichtete und damit mögliche Täter sind (nur) die einzelnen Geschäftsführer, bei Nr. 2 auch Liquidatoren, unabhängig von ihrer jeweiligen tatsächlichen Geschäftsführungsbefugnis oder Vertretungsmacht, sofern sie bei Bestehen der Pflicht im Amt waren.

Damit bleibt auch ein später Ausscheidender strafbar.

Wird die Handlung von einem vorgenommen, wirkt sie zugunsten aller anderen.

2. Nach der Rechtsprechung unterfallen auch faktische Geschäftsführer bzw. Liquidatoren der Strafbarkeit nach § 84, sofern sie ihre Tätigkeit im Einverständnis mit den Gesellschaftern oder zumindest deren Mehrheit tatsächlich aufgenommen und ausgeübt haben (zB. BGH 5 StR 314/03 - Urteil vom 17.03.2004; str.).

Im Strafrecht kommt der faktischen oder wirtschaftlichen Betrachtungsweise ausschlaggebende Bedeutung zu, um die wirklich Verantwortlichen für ihr Verhalten heranziehen zu können. Anderenfalls hätten die besonders geschickt vorgehenden und rechtlich gut beratenen Wirtschaftsstraftäter zu viele Möglichkeiten einer Bestrafung zu entgehen.


IV. Strafrechtliche Konsequenzen

Die Straftaten nach § 84 stellen Vergehen dar (§ 12 II StGB).

Der Strafrahmen umfasst

- bei vorsätzlicher Begehungsweise Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren oder Geldstrafe und

- bei fahrlässiger Begehungsweise Freiheitsstrafe bis zu 1 Jahr oder Geldstrafe.

Sollte sich der Täter durch die Tat bereichert oder dies versucht haben, kann zusätzlich zu einer Freiheitsstrafe eine Geldstrafe verhängt werden (§ 41 StGB).


V. Verjährung

Die Verjährung richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften über die Verfolgungsverjährung (§§ 78 ff, insb. 78 III Ziff. 4. + 5 StGB).

Demnach beträgt die Verjährung bei vorsätzlichem Handeln 5 und bei fahrlässigem Handeln 3 Jahre.

Zu beachten ist aber, dass die Verjährungsfrist nicht schon mit Vollendung der Straftat beginnt, also in dem Zeitpunkt, zu dem die gebotene Handlung hätte vorgenommen werden müssen, sondern erst mit der tatsächlichen Beendigung.

Diese liegt vor, wenn die Pflicht zum Handeln entfallen ist.

Konkret heißt dies:

Die Verjährung beginnt, wenn keine Insolvenzantragspflicht mehr besteht.

Das kann z.B. und insbesondere sein:

- Bei erfolgter Unterrichtung der Gesellschafter (I Ziff.1),

- ausreichender Besserung der Vermögenslage,

- Stellung des Insolvenzantrages durch den Täter oder

- Eröffnung der Insolvenz auf Antrag eines Dritten.