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GmbHG
GmbH-Gesetz
Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung
(1) Die von den Gesellschaftern in den Angelegenheiten der Gesellschaft zu treffenden Bestimmungen erfolgen durch Beschlußfassung nach der Mehrheit der abgegebenen Stimmen.

(2) Jede fünfzig Euro eines Geschäftsanteils gewähren eine Stimme.

(3) Vollmachten bedürfen zu ihrer Gültigkeit der schriftlichen Form.

(4) Ein Gesellschafter, welcher durch die Beschlußfassung entlastet oder von einer Verbindlichkeit befreit werden soll, hat hierbei kein Stimmrecht und darf ein solches auch nicht für andere ausüben. Dasselbe gilt von einer Beschlußfassung, welche die Vornahme eines Rechtsgeschäfts oder die Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreits gegenüber einem Gesellschafter betrifft.
Die Gesamtheit der Gesellschafter ist als oberstes Gesellschaftsorgan für die Willensbildung der Gesellschaft zuständig. Dies erfolgt durch die Stimmabgaben der Gesellschafter im Beschlussverfahren nach den §§ 47-51. Stimmberechtigt sind die nach § 16 angemeldeten Gesellschafter. Hat ein Treuhänder den Geschäftsanteil inne, besitzt er auch das Stimmrecht. Kein Stimmrecht besitzt hingegen der Treugeber, ein Nießbraucher oder Pfandrechtsgläubiger. Ausnahmen von der Verknüpfung zwischen Stimmrecht und Mitgliedschaft gelten nur für den Testaments- und den Insolvenzverwalter. Das Stimmrecht für eigene Geschäftsanteile der Gesellschaft ruht, sie hat selbst kein Stimmrecht (§ 71b AktG analog). Dies gilt auch Geschäftsanteile der GmbH, die ein Dritter in eigenem Namen, aber für Rechnung der GmbH hält sowie für solche, die ein von der GmbH abhängiges oder in ihrem Mehrheitsbesitz stehendes Unternehmen hält (§ 71d AktG analog). Die Volleinzahlung der Stammeinlage ist keine Voraussetzung des Stimmrechts. Auch ein schwebendes Kaduzierungsverfahren (§ 21 ff) hat keinen Einfluss auf das Stimmrecht. Mit der Übertragung des Geschäftsanteils geht auch das Stimmrecht über. Stark umstritten ist die vertragliche Übertragbarkeit des Stimmrechtes unabhängig von der Mitgliedschaft. Nach herrschender Meinung ist dies unzulässig, es besteht ein "Abspaltungsverbot", um die Willensbildung der Gesellschafter gegenüber der Einflussnahme außenstehender Personen abzuschotten. Kein Fall der Stimmrechtsabspaltung liegt vor, wenn ein Geschäftsanteil stimmrechtslos gestellt und das entsprechende Stimmrecht auf einen anderen Geschäftsanteil zusätzlich zu dessen eigenem Stimmrecht übertragen wird.

Die Stimmabgabe ist Willenserklärung und kann auch unter einer Bedingung erfolgen. Die Beschlussfassung bedarf nach Abs.1 der Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Sofern nach Gesetz, z.B. § 53 II oder nach Gesellschaftsvertrag nichts anderes bestimmt ist, genügt einfache Mehrheit. Die Mehrheit bestimmt sich nach der Nominalgröße der Geschäftsanteile. Zu zählen sind nur die abgegebenen Stimmen. Daher haben Stimmenthaltungen, ebenso wie ungültige Stimmen keinen Einfluss auf das Abstimmungsergebnis. Der Gesellschaftsvertrag kann abweichende Regelungen treffen (§ 45 II), z.B. Abstimmung nach Köpfen, Schaffung von Mehrstimmrechtsanteilen usw.(zur Ausübung eines Widerspruchsrechts des Minderheitsgesellschafters mit Suspensiveffekt bei Streitigkeiten über die erforderlichen Mehrheiten - OLG Stuttgart, Urt. v. 8.10.1999 - 20 U 59/99). Nicht zulässig ist es aber, der Minderheit der Gesellschafter ein Entscheidungsübergewicht über die Gesellschaftermehrheit zu geben. Aus einem Geschäftsanteil kann nur einheitlich abgestimmt werden.

Abstimmungsvereinbarungen sind grundsätzlich sowohl zwischen Gesellschaftern als auch mit Nichtgesellschaftern zulässig. Dies gilt zur Erhaltung eines unverzichtbaren Kerns der Verbandsautonomie gegenüber Nichtgesellschaftern jedoch nicht in Bezug auf Beschlüsse zu Satzungsänderungen und anderen wichtigen Strukturmaßnahmen (Umwandlung, Auflösung u.ä.). Die Abstimmungsvereinbarungen dürfen zudem nicht der Umgehung von Stimmrechtsverboten dienen und auch nicht die Gesellschaft schädigen. Der stimmgebundene Gesellschafter muss im Einzelfall trotz der Bindung immer prüfen, ob im zwingenden Gesellschaftsinteresse die Stimmabgabe entgegen der Vereinbarung geboten ist.

Positive Stimmpflichten sind nur dann anzunehmen, wenn sich das Abstimmungsermessen der Gesellschafter auf Null reduziert, weil bei anderer Abstimmung das Gesellschaftsinteresse objektiv und massiv beeinträchtigt würde. Negative Stimmpflichten, also die Pflicht, nicht in einer bestimmten Weise zu stimmen, können sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergeben.

Aus Abs.3 ergibt sich die Zulässigkeit von Stimmabgaben durch Vertreter. Auch hier sind abweichende Regelungen im Gesellschaftsvertrag möglich. Bei Verhinderung eines Gesellschafters wegen Krankheit o.ä. müssen die Mitgesellschafter i.d.R. schon aufgrund der Treupflicht einen Bevollmächtigten zulassen. Unzumutbare Vertreter (z.B. Zugehörigkeit zu Konkurrenzunternehmen) können durch Gesellschafterbeschluss (§ 51a II 2 analog) von der Abstimmung ausgeschlossen werden. § 181 BGB steht der Vertretung durch einen Mitgesellschafter nicht entgegen.

Die Formvorschrift des Abs.3 betrifft nur die rechtsgeschäftliche Bevollmächtigung nach § 167 BGB, einschließlich Prokura und Handlungsvollmacht, nicht dagegen die gesetzlichen (Eltern, Vormund) oder organschaftlichen (z.B. Vorstandsmitglied) Vertreter sowie Amtsträger (Testamentsvollstrecker, Insolvenzverwalter). Die erforderliche Schriftform (§ 126 BGB) der Vollmacht ist hinsichtlich einer Stimmabgabe des Vertreters für den Gesellschafter entbehrlich, wenn die Bevollmächtigung allen Gesellschaftern bekannt ist und niemand der Stimmabgabe widerspricht (KG, Urt.v.10.3.2000 – 14 U 2105/98; analog § 179 BGB) sowie bei Bevollmächtigungen in der Gesellschafterversammlung. Eine vollmachtlose Stimmabgabe kann aber auch durch (formfreie) Genehmigung (§ 184 BGB) wirksam werden. Ein Gesellschafterbeschluss kann hingegen nicht deshalb angefochten werden, weil die Stimmabgabe des Vertreters diesbezüglich mangels wirksamer Bevollmächtigung zurückgewiesen wurde. Unwiderruflich erteilte Vollmachten in dem Sinne, dass der Vollmachtgeber gleichzeitig auf den eigenen Gebrauch seines Stimmrechtes verzichtet sind unzulässig und unwirksam. Im übrigen wirkt die Abrede der Unwiderruflichkeit bloß schuldrechtlich. Daher verliert die Vollmacht gegenüber der Gesellschaft ihre Wirkung, wenn sich der Gesellschafter selbst an der Abstimmung beteiligt. Zudem muss die Vollmacht zusammen mit dem ihr zugrunde liegenden Rechtsverhältnis enden.

Die Stimmverbote des Abs.4 dienen dem Schutz der vermögensrelevanten Interessen der Gesellschaftergesamtheit gegenüber den persönlichen vermögensrelevanten Interessen eines einzelnen Gesellschafters. Ausgeschlossen wird nur sein Stimmrecht, nicht sein Teilnahmerecht an der Gesellschafterversammlung. Zum einen geht es um Insich-Geschäfte und zum anderen um das Richten in eigener Sache. Abs.4 findet keine Anwendung in der Einmann-GmbH, da es hier an einem Interessengegensatz der Gesellschafter fehlt. Abweichende Regelungen sind im Gesellschaftsvertrag möglich, mit Ausnahme des Stimmverbots hinsichtlich einer Entlastung (Richten in eigener Sache) nach Abs.4 S.1 Alt.1. Für sonstige, nicht von Abs.4 erfasste Interessenkollisionen gilt die Schranke des Stimmrechtsmissbrauchs. Ob ein solcher vorliegt ist nicht nur zu prüfen, wenn die Voraussetzungen des Abs.4 nicht erfüllt sind, z.B. bei Stimmabgabe eines nahestehenden Gesellschafters (Familienangehöriger), sondern auch bei gesellschaftsvertraglichem Ausschluss des Abs.4 hinsichtlich der Beschlüsse, die sonst dem Abs.4 unterfallen würden.

Von der Anwendung des Abs.4 sind auch alle Umgehungsversuche erfasst. Hierunter fallen z.B. die rein formale Übertragung des Geschäftsanteils auf einen Treuhänder, Beteiligung als Vertreter eines anderen Gesellschafters und Stimmrechtsausübung durch einen den Ausgeschlossenen vertretenden Dritten. Der Stimmrechtsausschluss gilt auch, wenn der Geschäftsanteil einer Gesellschaft oder Gemeinschaft gehört deren Teilhaber der Betroffene lediglich ist oder die seinem maßgeblichen Einfluss unterliegt.

Die Stimmverbote gelten auch für Abstimmungen in anderen Gesellschaftsorganen, wenn nach dem gesetzlichen Leitbild der Gesellschaftergesamtheit zustehende Kompetenzen auf diese Organe verlagert wurden.

Gegenüber dem Verbot des Selbstkontrahierens gemäß § 181 BGB stellt das Stimmverbot des Abs.4 S.2 eine Sonderregelung dar.

Im Einzelnen umfasst das Stimmverbot zunächst die Entlastung eines Gesellschafters in seiner Funktion als Geschäftsführer, Aufsichtsratmitglied o.ä., weil die Gesellschaft mittels Entlastung auf Ersatzansprüche aus pflichtwidriger Geschäftsführung u.ä. verzichtet. Der Betroffene ist mit seiner Stimme auch bei der Entlastung eines Mitgesellschafters ausgeschlossen oder wenn das gesamte Organ, dem er selbst angehört (z.B. Aufsichtsrat) entlastet werden soll. Darüber hinaus ist er aber auch bei allen Gesellschafterbeschlüssen zur Billigung oder Missbilligung seines Verhaltens oder seiner Funktion in der Gesellschaft als "Richter in eigener Sache" von der Abstimmung ausgeschlossen. Hierzu gehört etwa die Kaduzierung (§ 21 ff), Einziehung (§ 34) und der Ausschluss aus wichtigem Grund, Abberufung als Organmitglied aus wichtigem Grund oder außerordentliche Kündigung des Geschäftsführer-Anstellungsverhältnisses.

Weiter umfasst ist die Befreiung (im weitesten Sinne) von einer Verbindlichkeit, gleich welcher Art und unabhängig davon, ob sie mit dem Gesellschaftsverhältnis in Zusammenhang steht. Hierher gehören auch Verzicht, Stundung u.ä. Nicht umfasst sind hingegen Kapitalherabsetzung und Beseitigung von gesellschaftsvertraglichen Nebenleistungspflichten.

Das Stimmverbot des Gesellschafters dem gegenüber ein Rechtsstreit (Prozess) eingeleitet oder erledigt werden soll, betrifft solche Beschlüsse, die bereits einen Klageentschluss erkennen lassen, wie Leistungsaufforderung mit Klageandrohung oder Auswahl eines Prozessbevollmächtigten. Hingegen gilt es nicht für Beschlüsse, die nur der Leistungsaufforderung dienen und noch keine Entscheidung zu einer anschließenden Klage beinhalten oder die erst die Voraussetzung zur Durchsetzbarkeit eines Anspruchs schaffen, wie z.B. Fälligstellung. Soll sich der Prozess gegen einen Geschäftsführer richten, ist auch ein Gesellschafter ausgeschlossen, dem substantiiert vorgeworfen wird, gemeinsam mit diesem die Pflichtverletzung begangen zu haben.

Soll dem Gesellschafter gegenüber ein Rechtsgeschäft vorgenommen werden, ist er vom Stimmrecht ausgeschlossen, weil er der Gesellschaft dann wie ein Dritter gegenüber steht und somit die Kollision widerstreitender Vermögensinteressen droht. Anderes gilt aber bei Ermächtigung des Geschäftsführers zum Abschluss eines Rechtsgeschäfts mit dem Gesellschafter durch einen Gesellschafterbeschluss, wenn es hierdurch dem Geschäftsführer frei steht, ob und zu welchen Bedingungen er das Geschäft abschließt. Dieses Stimmverbot gilt auch im Konzern. Soll ein Rechtsgeschäft zwischen der Konzernspitze und einer Tochtergesellschaft oder zwischen Letzterer und einem anderen, von der Konzernspitze abhängigen Unternehmen geschlossen werden, ist daher die Konzernspitze von der Stimmabgabe bei der entsprechenden Beschlussfassung in der Tochtergesellschaft ausgeschlossen.

Ausgenommen vom Stimmverbot bei Rechtsgeschäften sind die sogenannten Sozialakte, also die innergesellschaftlichen und typischerweise mit der Mitgliedschaft verbundenen Rechtsgeschäfte. Der hier geltende Vorrang des Partizipationsinteresses vor dem Kollisionsschutz ist hinzunehmen, weil grobe Fehlentscheidungen wegen Stimmrechtsmissbrauchs anfechtbar sind. Hierher gehören z.B. die Wahl zum Organmitglied, insbesondere zum Geschäftsführer einschließlich der Festlegung der Anstellungsbedingungen, die Abberufung als Organmitglied (außer wenn aus wichtigem Grund), Einforderung der Stammeinlage, Einziehung des Geschäftsanteils (es sei denn aus wichtigem Grund) und auch die Genehmigung zur Veräußerung des Geschäftsanteils. Im Übrigen kann bei der Stimmabgabe zur Beschlussfassung über Sozialakte als gleichzeitiger Vertreter eines anderen Gesellschafters § 181 BGB eingreifen. Gleiches gilt für satzungsändernde Gesellschafterbeschlüsse., wobei in der rechtsgeschäftlichen Stimmrechtsvollmacht in aller Regel auch die stillschweigende Befreiung vom Verbot des Selbstkontrahierens zu sehen ist.

Als Rechtsfolge des Stimmverbotes bleibt der so ausgeschlossene bei der Berechnung des Abstimmungsergebnisses unberücksichtigt. Geschieht dies nicht, ist der Beschluss anfechtbar. Lassen sich Zweifel über das Bestehen eines Stimmverbotes trotz ernstlichen Bemühungen bis zum Ende der Beschlussfassung nicht beseitigen, ist vom Nichtbestehen desselben auszugehen. Den anderen Gesellschaftern steht dann der Klageweg gegen den angeblich mangelhaften Beschluss offen. Das Stimmverbot führt nicht zum Entzug des Teilnahmerechtes an der Gesellschafterversammlung und der Beratung oder der Antrags-, Auskunfts- und Einsichtsrechte.

Eine weitere dem Stimmrecht immanente Schranke stellt das Verbot des Stimmrechtsmissbrauchs dar. Die Stimmabgabe des Gesellschafters hat sich an seiner Treupflicht und der konkreten Gestalt der Gesellschaft zu orientieren. Für eine entsprechenden Beurteilung müssen alle Umstände umfassend berücksichtigt werden. Die Grenze liegt jedenfalls nicht erst bei einer nach Inhalt und Zweck sittenwidrigen Stimmrechtsausübung. Zugunsten der mitgliedschaftlichen Rechte der anderen Gesellschafter ist insbesondere der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Dies gilt vor allem für Weisungsbeschlüsse gegenüber den Geschäftsführern.

Prozessuales:

Aus einer zulässigen Stimmbindung ist die Zwangsvollstreckung gemäß § 894 ZPO möglich. Der Stimmbindungsberechtigte kann bei einem drohenden vereinbarungswidrigen Abstimmungsverhalten die Ausübung des Stimmrechts in einem bestimmten Sinne im Wege der einstweiligen Verfügung (§ 935 ZPO) vorschreiben lassen (keine Vorwegnahme der Hauptsache wegen Selbstbindung in der Vereinbarung). Hierfür ist zu prüfen, ob dem Antragsteller die nachträgliche Beseitigung des Gesellschafterbeschlusses möglich und zumutbar ist.

Aus der Treupflicht resultierende positive Stimmpflichten können ebenfalls durch einstweilige Verfügung durchgesetzt werde, im Übrigen ist nachträgliche Anfechtungsklage möglich. Auch bei Stimmrechtsmissbrauch kommt Anfechtungsklage in Betracht.

Bestehen Zweifel hinsichtlich eines Stimmverbotes, kann der betroffene Gesellschafter u.U. sein Stimmrecht im Wege der einstweiligen Verfügung durchsetzen.
Urteile nach 21.08.2000, also nach Abschluss dieser Kommentierung