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GG
Grundgesetz
Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland
Art. 104a (Regelung seit 01.09.2006)
(1) Der Bund und die Länder tragen gesondert die Ausgaben, die sich aus der Wahrnehmung ihrer Aufgaben ergeben, soweit dieses Grundgesetz nichts anderes bestimmt.

(2) Handeln die Länder im Auftrage des Bundes, trägt der Bund die sich daraus ergebenden Ausgaben.

(3) Bundesgesetze, die Geldleistungen gewähren und von den Ländern ausgeführt werden, können bestimmen, daß die Geldleistungen ganz oder zum Teil vom Bund getragen werden. Bestimmt das Gesetz, daß der Bund die Hälfte der Ausgaben oder mehr trägt, wird es im Auftrage des Bundes durchgeführt.

(4) Bundesgesetze, die Pflichten der Länder zur Erbringung von Geldleistungen, geldwerten Sachleistungen oder vergleichbaren Dienstleistungen gegenüber Dritten begründen und von den Ländern als eigene Angelegenheit oder nach Absatz 3 Satz 2 im Auftrag des Bundes ausgeführt werden, bedürfen der Zustimmung des Bundesrates, wenn daraus entstehende Ausgaben von den Ländern zu tragen sind.

(5) Der Bund und die Länder tragen die bei ihren Behörden entstehenden Verwaltungsausgaben und haften im Verhältnis zueinander für eine ordnungsmäßige Verwaltung. Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf.

(6) Bund und Länder tragen nach der innerstaatlichen Zuständigkeits- und Aufgabenverteilung die Lasten einer Verletzung von supranationalen oder völkerrechtlichen Verpflichtungen Deutschlands. In Fällen länderübergreifender Finanzkorrekturen der Europäischen Union tragen Bund und Länder diese Lasten im Verhältnis 15 zu 85. Die Ländergesamtheit trägt in diesen Fällen solidarisch 35 vom Hundert der Gesamtlasten entsprechend einem allgemeinen Schlüssel; 50 vom Hundert der Gesamtlasten tragen die Länder, die die Lasten verursacht haben, anteilig entsprechend der Höhe der erhaltenen Mittel. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf.
Zur Änderung zum 01.09.2006
(Etwaige Ergänzungen zum Originaltext sind blau!)


A. Auszug aus Gesetzentwurf, Drucksache 16/813, 07.03.2006 :


1. Vorschlag


16. Artikel 104a wird wie folgt geändert:

a) Absatz 3 Satz 3 wird aufgehoben.

b) Absatz 4 wird wie folgt gefasst:

„(4) Führen die Länder Bundesgesetze als eigene Angelegenheit oder nach Absatz 3 Satz 2 im Auftrag des Bundes aus, bedürfen diese der Zustimmung des Bundesrates, wenn sie Pflichten der Länder zur Erbringung von Geldleistungen oder geldwerten Sachleistungen gegenüber Dritten begründen.“

c) Nach Absatz 5 wird folgender Absatz 6 angefügt:

„(6) Bund und Länder tragen nach der innerstaatlichen Zuständigkeits- und Aufgabenverteilung die Lasten einer Verletzung von supranationalen oder völkerrechtlichen Verpflichtungen Deutschlands. In Fällen länderübergreifender Finanzkorrekturen der Europäischen Union tragen Bund und Länder diese Lasten im Verhältnis 15 zu 85. Die Ländergesamtheit trägt in diesen Fällen solidarisch 35 vom Hundert der Gesamtlasten entsprechend einem allgemeinen Schlüssel; 50 vom Hundert der Gesamtlasten tragen die Länder, die die Lasten verursacht haben, anteilig entsprechend der Höhe der erhaltenen Mittel. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf.“


2. Begründung:


Zu Nummer 16 (Artikel 104a)

Zu Buchstabe a (Artikel 104a Abs. 3)

Folgeänderung aufgrund der Neufassung von Artikel 104a Abs. 4 – neu –.

Zu Buchstabe b (Artikel 104a Abs. 4)

Nach dieser Regelung bedürfen Bundesgesetze, die bestimmte Leistungspflichten der Länder gegenüber Dritten begründen, der Zustimmung des Bundesrates. Anknüpfungspunkt der Zustimmungsbedürftigkeit von Bundesgesetzen sind die Interessen der Länder maßgeblich berührende Kostenfolgen von Bundesgesetzen für die Länderhaushalte.
Bei der Bestimmung der die Zustimmungsbedürftigkeit auslösenden Belastung knüpft Absatz 4 zunächst mit dem Tatbestandsmerkmal der „Geldleistung“ an den Regelungsgehalt des bisherigen Artikels 104a Abs. 3 Satz 3 an. Geldleistungen sind dadurch gekennzeichnet, dass den Ländern im Verwaltungsvollzug kein Ermessensspielraum hinsichtlich der Höhe der zu verausgabenden Mittel zukommt.
Bei gesetzlicher Verpflichtung zur Gewährung von „geldwerten Sachleistungen“ haben die Länder zwar einen gewissen, aber letztlich doch nur beschränkten Einfluss auf den Umfang der anfallenden Zweckausgaben. Deshalb soll künftig auch hierdurch eine Zustimmungsbedürftigkeit ausgelöst werden.

Im Übrigen wird zu den Tatbestandsmerkmalen „Erbringung von Geldleistungen oder geldwerten Sachleistungen“ in der Koalitionsvereinbarung vom 18. November 2005, Anlage 2, Rn. 32, Folgendes erläutert:

„Die Zustimmung als Schutzrecht vor kostenbelastenden Bundesgesetzen ist ein wesentliches Interesse der Länder. Der Begriff der „geldwerten Sachleistungen“ erfasst mit Blick auf diesen Schutzzweck der Norm nach Maßgabe der nachfolgenden Ausführungen auch hiermit vergleichbare Dienstleistungen.

Die Vergleichbarkeit einer Dienstleistung mit Geld- und geldwerten Sachleistungen im Sinne des neuen Zustimmungstatbestandes ist dann gegeben, wenn sie unter vergleichbar engen Voraussetzungen wie dies bei Geld- und Sachleistungen der Fall ist, einem Dritten Vorteile gewährt oder sonstige Maßnahmen gegenüber Dritten veranlasst, die zu einer erheblichen Kostenbelastung der Länder führen.

Soweit den Ländern durch den Bundesgesetzgeber keine wesentlichen Spielräume zur landeseigenen Bestimmung des Ausmaßes von Leistungspflichten eingeräumt werden, fällt z. B. die Verpflichtung der Länder zur Schaffung und Unterhaltung von Aufnahmeeinrichtungen für die Unterbringung von Asylbegehrenden grundsätzlich unter den Begriff der Sachleistungen. Gleiches gilt z. B. grundsätzlich für die Verpflichtung der Länder zur Erbringung von Schuldnerberatungen oder zur Bereitstellung von Tagesbetreuungsplätzen.

Im Bereich der Sozialversicherung wird von Sachleistungen gesprochen, wenn es sich um Leistungen handelt, die dem Empfänger in Form von Diensten gewährt werden (z. B. bei Maßnahmen der Heilbehandlung). Im Bereich des Sozialgesetzbuches werden Geld-, Sach- und Dienstleistungen unter dem Begriff der Sozialleistungen zusammengefasst. Nach der oben eingeführten Interpretation sind diese Dienstleistungen vom Begriff der Sachleistung als vergleichbare Leistungen umfasst. In diesem weiten Verständnis schließt das Merkmal der Sachleistungen auch die Regelungen zur Schaffung von Tagesbetreuungsplätzen für Kinder im Kinder- und Jugendhilferecht ein. Die Bereitstellung von Tagesbetreuungsplätzen beinhaltet ein Bündel von staatlichen Sach- und vergleichbaren Dienstleistungen, wie Räumlichkeiten und deren Ausstattung sowie die Betreuungs- bzw. Erziehungsleistung.

Nicht dagegen fallen unter den Begriff der Sachleistungen reine Genehmigungen, Erlaubnisse oder sonstige Verwaltungsakte, die keine darüber hinausgehenden Leistungen bestimmen, sondern nur die Vereinbarkeit mit materiellen Vorschriften feststellen.

Leistungen, die nicht durch Länderhaushalte, sondern vollständig aus Beitragsmitteln, Zuschüssen aus dem EU-Haushalt oder dem Bundeshaushalt finanziert werden, sind nicht von dem neuen Zustimmungstatbestand erfasst.“

Die Zustimmungsnorm gilt bei Bundesgesetzen, die von den Ländern als eigene Angelegenheit gemäß Artikel 84 Abs. 1 ausgeführt werden. Die Fälle der Bundesauftragsverwaltung sind nicht erfasst, da gemäß Artikel 104a Abs. 2 der Bund die sich daraus ergebenden (Zweck-)Ausgaben trägt. Etwas anderes gilt nur für die Fälle der Auftragsverwaltung aufgrund von Artikel 104a Abs. 3 Satz 2, die infolge einer mindestens hälftigen Kostenbeteiligung des Bundes bei Geldleistungsgesetzen angeordnet ist. Solche Geldleistungsgesetze sollen aufgrund verbleibender Kostenfolgen für die Länder ebenfalls zustimmungsbedürftig sein. Geldleistungsgesetze bleiben zustimmungsfrei, wenn der Bund die Ausgaben gemäß Artikel 104a Abs. 3 Satz 1 vollständig übernimmt. Die Zustimmungspflicht gilt ebenfalls nicht, soweit das Gesetz die Länder nicht als staatliches Organ, sondern wie einen privaten Dritten betrifft, etwa als Betreiber einer Einrichtung oder Anlage.

Zu Buchstabe c (Artikel 104a Abs. 6)

Satz 1 betrifft die bislang zwischen Bund und Ländern streitige Frage der Lastentragung im Falle finanzwirksamer Entscheidungen zwischenstaatlicher Einrichtungen wegen einer Verletzung von supranationalen oder völkerrechtlichen Pflichten. Beispiele sind die Verhängung von Zwangsgeldern oder Pauschalbeträgen durch die Europäische Union, Finanzkorrekturen durch die Europäische Union aufgrund fehlerhafter Verausgabung von EU-Mitteln (Anlastungen) oder Verurteilungen durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.

Die innerstaatliche Verantwortung wird grundsätzlich bei derjenigen Gebietskörperschaft liegen, die supranationale oder völkerrechtliche Verpflichtungen verletzt. Für die Lastenverteilung zwischen Bund und Ländern und der Länder untereinander gilt mithin das Prinzip der innerstaatlichen Zuständigkeits- und Aufgabenverteilung, die sich für die innerstaatliche Umsetzung des unmittelbar geltenden supranationalen Rechts bzw. Völkerrechts insbesondere nach den Artikeln 30, 70 ff., 83 ff. bestimmt. Die Folgen einer Pflichtverletzung sollen grundsätzlich die Körperschaft (Bund oder Länder) treffen, in deren Verantwortungsbereich sie sich ereignet hat.

Das Prinzip der innerstaatlichen Zuständigkeits- und Aufgabenverteilung gilt vertikal und horizontal für alle Fälle legislativen, judikativen und exekutiven Fehlverhaltens. Eine Ausnahme bilden die Fälle länderübergreifender Finanzkorrekturen durch die EU. Eine länderübergreifende Finanzkorrektur liegt vor, wenn die Europäische Kommission eine Finanzkorrektur aufgrund eines Fehlers identischer Verwaltungs- und Kontrollsysteme aller durchführenden Länder verhängt. Der Fehler wird nach konkreter Feststellung der Kommission in einem oder mehreren Ländern ohne weitere Prüfung in anderen Ländern auf die Gesamtheit der die Regelung durchführenden Länder erstreckt. Für diese Fälle regeln die Sätze 2 und 3 des Artikels 104a Abs. 6 als Ausnahme vom Verursacherprinzip eine Solidarhaftung sowohl für den Bund in Höhe von 15 vom Hundert als auch für die Länder in Höhe von 35 vom Hundert der Gesamtlasten; eine weitergehende Haftung des Bundes ist ausgeschlossen. Länderintern tragen begünstigte Länder, die sich nicht exculpieren können, 50 vom Hundert der Gesamtlasten, und zwar anteilig entsprechend der Höhe der erhaltenen Mittel.
Das Nähere wird gemäß Satz 3 durch Bundesgesetz mit Zustimmung des Bundesrates bestimmt. Dieses Gesetz ergeht im Rahmen des Föderalismusreform-Begleitgesetzes.


B. Bundestag - Beschlussempfehlung Rechtsausschuss, 28.06.2006, Drucksache 16/2010


Der Bundestag wolle beschließen, den Gesetzentwurf – Drucksache 16/813 – mit folgenden Maßgaben, im Übrigen unverändert anzunehmen:

(...)
e) In Artikel 1 Nr. 16 Buchstabe b wird der neu gefasste Absatz 4 wie folgt gefasst:

„(4) Bundesgesetze, die Pflichten der Länder zur Erbringung von Geldleistungen, geldwerten Sachleistungen oder vergleichbaren Dienstleistungen gegenüber Dritten begründen und von den Ländern als eigene Angelegenheit oder nach Absatz 3 Satz 2 im Auftrag des Bundes ausgeführt werden, bedürfen der Zustimmung des Bundesrates, wenn daraus entstehende Ausgaben von den Ländern zu tragen sind.“
(...)


C. Bundestag - Bericht Rechtsausschuss, 29.06.2006, Drucksache 16/2069


Begründung der Beschlussempfehlung

Zu Artikel 1 Nr. 16 Buchstabe b (Artikel 104a Abs. 4 GG)

Anpassungen des Gesetzestextes an die Begründung des Gesetzentwurfs.


D. Gesetzebeschluss des Deutschen Bundestages, Drucksache 462/06, 30.06.2006


Der Deutsche Bundestag hat in seiner 44. Sitzung am 30. Juni 2006 aufgrund der Beschlussempfehlung und des Berichts des Rechtsausschusses - Drucksache 16/2010 - den von den Fraktionen CDU/CSU und SPD eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 22,23,33,52, 72,73,74,74a, 75, 84,85, 87c, 91a, 91b, 93,98,104a, 104b, 105,107,109,125a, 125b, 125c, 143c) - Drucksache 16/813 - mit folgenden Maßgaben, im Übrigen unverändert angenommen:

e) In Artikel 1 Nr. 16 Buchstabe b wird der neu gefasste Absatz 4 wie folgt gefasst:

„(4) Bundesgesetze, die Pflichten der Länder zur Erbringung von Geldleistungen, geldwerten Sachleistungen oder vergleichbaren Dienstleistungen gegenüber Dritten begründen und von den Ländern als eigene Angelegenheit oder nach Absatz 3 Satz 2 im Auftrag des Bundes ausgeführt werden, bedürfen der Zustimmung des Bundesrates, wenn daraus entstehende Ausgaben von den Ländern zu tragen sind."


E. Antrag der Länder Nordrhein-Westfalen, Bayern, Bremen, Berlin, Bundesrats-Drucksache 462/1/06, 06.07.06


6. Zu Art. 104 a Abs. 4 GG – neues Zustimmungsrecht:

Die Zustimmung als Schutzrecht vor kostenbelastenden Bundesgesetzen ist ein wesentliches Interesse der Länder.

Die Vergleichbarkeit einer Dienstleistung mit Geld- und geldwerten Sachleistungen im Sinne des neuen Zustimmungstatbestandes ist dann gegeben, wenn sie unter vergleichbar engen Voraussetzungen wie dies bei Geld- und Sachleistungen der Fall ist, einem Dritten Vorteile gewährt oder sonstige Maßnahmen gegenüber Dritten veranlasst, die zu einer erheblichen Kostenbelastung der Länder führen.

Soweit den Ländern durch den Bundesgesetzgeber keine wesentlichen Spielräume zur landeseigenen Bestimmung des Ausmaßes von Leistungspflichten eingeräumt werden, fällt z.B. die Verpflichtung der Länder zur Schaffung und Unterhaltung von Aufnahmeeinrichtungen für die Unterbringung von Asylbegehrenden grundsätzlich unter den Begriff der Sachleistungen. Gleiches gilt z.B. grundsätzlich für die Verpflichtung der Länder zur Erbringung von Schuldnerberatungen oder zur Bereitstellung von Tagesbetreuungsplätzen.

Im Bereich der Sozialversicherung wird von Sachleistungen gesprochen, wenn es sich um Leistungen handelt, die dem Empfänger in Form von Diensten gewährt werden (z.B. bei Maßnahmen der Heilbehandlung). Im Bereich des Sozialgesetzbuches werden Geld-, Sach- und Dienstleistungen unter dem Begriff der Sozialleistungen zusammengefasst. Nach der oben eingeführten Interpretation sind diese Dienstleistungen den Sachleistungen vergleichbare Leistungen. In diesem weiten Verständnis sind auch die Regelungen zur Schaffung von Tagesbetreuungsplätzen für Kinder im Kinder- und Jugendhilferecht umfasst. Die Bereitstellung von Tagesbetreuungsplätzen beinhaltet ein Bündel von staatlichen Sach- und vergleichbaren Dienstleistungen, wie Räumlichkeiten und deren Ausstattung sowie die Betreuungs- bzw. Erziehungsleistung.

Nicht dagegen fallen unter den Begriff der Sachleistungen reine Genehmigungen, Erlaubnisse oder sonstige Verwaltungsakte, die keine darüber hinausgehenden Leistungen bestimmen, sondern nur die Vereinbarkeit mit materiellen Vorschriften feststellen.

Leistungen, die nicht durch Länderhaushalte, sondern vollständig aus Beitragsmitteln, Zuschüssen aus dem EU-Haushalt oder dem Bundeshaushalt finanziert werden, sind nicht von dem neuen Zustimmungstatbestand erfasst. Dieses wird im Verfassungstext durch den letzten Halbsatz zum Ausdruck gebracht. ...

7. Zu Art. 104 a Abs. 6 GG – EU-Haftung:

Für die Haftungsverteilung zwischen Bund und Ländern und der Länder untereinander gilt grundsätzlich das Prinzip der innerstaatlichen Zuständigkeits- und Aufgabenverteilung. Die Folgen einer Pflichtverletzung sollen also grundsätzlich die Körperschaft (Bund oder Länder) treffen, in deren Verantwortungsbereich sie sich ereignet hat.

Das Prinzip der innerstaatlichen Zuständigkeits- und Aufgabenverteilung gilt vertikal und horizontal für alle Fälle legislativen, judikativen und exekutiven Fehlverhaltens mit Ausnahme der Fälle länderübergreifender Finanzkorrekturen (hochgerechnete Anlastungsentscheidungen) durch die EU im Rahmen exekutiven Fehlverhaltens. Für diese Fälle regeln die Sätze 2 und 3 des Art. 104 a Abs. 6 neu als Ausnahme vom Verursacherprinzip eine Solidarhaftung sowohl für den Bund in Höhe von 15% als auch für die Länder in Höhe von 35 % der Gesamtlasten; eine weitergehende Haftung des Bundes ist ausgeschlossen. Die Bundesregierung ist verpflichtet, auf Verlangen auch nur eines Landes, das von der Finanzhilfe der Europäischen Union begünstigt war, das zulässige Rechtsmittel beim EuGH einzulegen. Mit Einlegung des zulässigen Rechtsmittels beim EuGH erstatten die Länder dem Bund ihren Haftungsanteil nach Satz 2 des Art. 104 a Abs. 6 GG.

Eckpunkte Ausführungsgesetz (vgl. Art. 15 - Lastentragungsgesetz - des Föderalismusreform-Begleitgesetzes):
-- Tritt zeitgleich mit Verfassungsregelung in Kraft.
-- Klarstellung, dass Art. 104 a Abs. 6 Sanktionsmaßnahmen der EU nach Art. 104 EGV nicht umfasst. Für den Nationalen Stabilitätspakt wird im Grundgesetz eine Sonderregelung geschaffen (Art. 109 Abs. 5 GG neu).
-- Regelung der vertikalen und horizontalen Verteilung (verfassungsrechtlich festgeschrieben sind die Quoten - vertikal und horizontal - nur bei den pauschalen Finanzkorrekturen der EU im Bereich des exekutiven Fehlverhaltens).

• Haftung für legislatives Fehlverhalten:
Verursacherprinzip; d.h. diejenige Körperschaft (Bund oder Länder) haftet, die den beanstandeten Rechtsakt erlassen oder pflichtwidrig nicht erlassen hat. Bei gleichartigem Verstoß mehrerer Länder interne Haftungsverteilung nach Königsteiner Schlüssel

• Haftung für judikatives Fehlverhalten
Verursacherprinzip; d.h. diejenige Körperschaft (Bund oder Länder) haftet, deren Gerichte die Beanstandung verursacht haben. Bei Verurteilung wegen überlanger Verfahrensdauer und Anhängigkeit sowohl bei Bundes- und Landesgerichten Verteilung nach Anteil an der Verfahrensdauer.

• Haftung für exekutives Fehlverhalten:

Grundsätzlich Verursacherprinzip, d.h. Zurechnung erfolgt gegenüber dem jeweiligen Träger der Verwaltung, deren Verhalten beanstandet wurde.

Einzelheiten über die Sonderregelung (sog. „Versicherungslösung“) für Fälle länderübergreifender Finanzkorrekturen (hochgerechnete Anlastungsentscheidungen) durch die EU (insoweit sind Quoten bereits verfassungsrechtlich festgeschrieben, vgl. Sätze 2 und 3 des Art. 104 a Abs. 6 neu):
-- Begünstigte Länder, die sich nicht exculpieren können, tragen 50 % der Gesamtlasten; Verteilung unter den Ländern anteilig entsprechend der Höhe der erhaltenen Mittel.
-- Bund trägt 15 % der Gesamtlasten.


F. Beschluss des Bundesrates, Bundesrat-Drucksache 462/06B. 07.07.06


Der Bundesrat hat in seiner 824. Sitzung am 7. Juli 2006 beschlossen, dem vom Deutschen Bundestag am 30. Juni 2006 verabschiedeten Gesetz gemäß Artikel 79 Abs. 2 des Grundgesetzes zuzustimmen.

Der Bundesrat hat ferner beschlossen, die aus der Anlage(*) ersichtliche Entschließung zu fassen.


(*) Text bleibt unverändert wie bei Punkt E


G. Weiterer Fortgang des Verfahrens


Folglich erging das Gesetz ohne weitere Änderungen zu Art. 104a GG.





Detailierter Gang der Gesetzgebung


Bundestag - Gesetzentwurf CDU/CSU; SPD 07.03.2006 Drucksache 16/813

1. Beratung

Bundestag - Plenarprotokoll 16/23 10.03.2006 S. 1749A-1787B

zusammenberaten mit Föderalismusreform-Begleitgesetz, s. Föderalismusreform-Begleitgesetz Bundestag Drucksache 16/814
Beschluss: S. 1749B - Überweisung: Rechtsausschuss (federführend), Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung, Auswärtiger Ausschuss, Innenausschuss, Sportausschuss, Finanzausschuss, AfWi, AfELV, Ausschuss für Arbeit und Sozialpolitik, Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, AfG, Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung, Ausschuss für Tourismus, Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union, Ausschuss für Kultur und Medien, Haushaltsausschuss

Bundestag - Beschlussempfehlung Rechtsausschuss 28.06.2006 Drucksache 16/2010
Änderung der Kompetenzregelungen bei der Luftreinhaltung, beim Strafvollzug, beim Verwaltungsverfahren, Zusammenarbeit bei überregionalen Forschungsvorhaben, Verteilung der Lasten bei übergreifenden Finanzkorrekturen und bei der Fortgeltung von Bundesrecht (Art. 72, 74, 84, 91b, 104a und 125b des Entwurfs)

Bundestag - Bericht Rechtsausschuss 29.06.2006 Drucksache 16/2069

Änderungsanträge - Drucksache 16/2045 bis 16/2051, 16/2062 bis 16/2067

2. Beratung

Bundestag - Plenarprotokoll 16/44 30.06.2006 S. 4233A-4298C

zusammenberaten mit ... (andere Gesetze)

3. Beratung

Bundestag - Plenarprotokoll 16/44 30.06.2006
Plenarprotokoll 16/45 05.09.2006
Plenarprotokoll 16/48 08.09.2006
Beschluss: S. 4296A - Annahme in namentlicher Abstimmung Drucksache 16/813 idF Drucksache 16/2010 (428:161:3) mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit

Bundesrat - Gesetzesbeschluss Deutscher Bundestag 30.06.2006 Drucksache Drs 462/06

Bundesrat - Berichtigung 06.07.2006 Drucksache Drs zu 462/06 (2)

Bundesrat - Antrag Berlin; Nordrhein-Westfalen; Bremen; Bayern 06.07.2006 Drucksache Drs 462/1/06
Entschließung

Durchgang

Bundesrat - Plenarprotokoll 824 07.07.2006 S. 203B-223A, 245A-247C/Anl

zusammenberaten mit: Föderalismusreform-Begleitgesetz, s. Föderalismusreform-Begleitgesetz Bundestag Drucksache 16/814
Beschluss: S. 222D - Zustimmung; Entschließung - gemäß Art. 79 Abs. 2 GG

Bundesrat - Beschluss Bundesrat 07.07.2006 Drucksache Drs 462/06 (Beschluss)

Bundesregierung - Gesetz vom 28.08.2006 - Bundesgesetzblatt Teil I 2006 Nr.41 31.08.2006 S. 2034

Inkrafttreten: 01.09.2006
In dieser Kommentarsreihe werden insbesondere folgende Abkürzungen und Quellen verwendet:
a.A. = Anderer Ansicht
AG = Arbeitgeber (evtl. auch einmal "Aktiengesellschaft")
AGBs, AGB´s = Allgemeine Geschäftsbedingungen
AG = Amtsgericht
ArbG = Arbeitsgericht (gelegentlich auch für Arbeitgeber!)
ArbGG = Arbeitsgerichtsgesetz
AT = Austria, Österreich
BAG = Bundesarbeitsgericht (BRD)
BGB = Bürgerliches Gesetzbuch (BRD)
BGH = Bundesgerichtshof (BRD)
BRD = Bundesrepublik Deutschland
BVerwG = Bundesverwaltungsgericht
CH = Schweiz
Dornb./W.- ... Dornbusch/Wolff-(Bearbeiter), KSchG, arbeitsrechtliche Kurzkommentare, Luchterhand-Verlag
EuGH = Europäischer Gerichtshof
EU = Europäische Union
h.M. = Herrschende Meinung
KSchG = Kündigungsschutzgesetz
LAG = Landesarbeitsgericht
OGH = Oberster Gerichtshof (Österreich)
OLG = Oberlandesgericht (BRD)
OVG = Oberverwaltungsgericht (BRD)
Pal.- ... = Palandt-(Bearbeitername), Kurzkommentar zum BGB, C.H. Beck-Verlag
PM = Pressemitteilung
m.M. = Mindermeinung
Staudinger-... = Staudinger-(Bearbeiter, Kommentar zum BGB
str. = strittig, streitig
u.a. = unter anderem
u.U. = Unter Umständen
ZPO = Zivilprozeßordnung