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GG
Grundgesetz
Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland
Art. 96 (Regelung seit 22.03.1956)
(1) Für das Gebiet der ordentlichen, der Verwaltungs-, der Finanz-, der Arbeits- und Sozialgerichtsbarkeit sind obere Bundesgerichte zu errichten.

(2) Auf die Richter der oberen Bundesgerichte findet Artikel 95 Absatz 3 mit der Maßgabe Anwendung, daß an die Stelle des Bundesjustizministers und der Landesjustizminister die für das jeweilige Sachgebiet zuständigen Minister treten, ihre Dienstverhältnisse sind durch besonderes/Bundesgesetz zu regeln.

(3) Der Bund kann für Dienststrafverfahren gegen Bundesbeamte und Bundesrichter Bundesdienststrafgerichte sowie für Dienststrafverfahren gegen Soldaten und für Verfahren über Beschwerden von Soldaten Bundesdienstgerichte errichten.
Franz-Anton Plitt
 (Internet entrepreneur)
 Chisinau
 (Moldova)


Stand: 28.04.2007
Abgelehnte Änderung zu Art. 96 GG (1984)

Gang der Gesetzgebung:

a. Bundestag - Gesetzentwurf Frau Nickels, DIE GRÃœNEN; Frau Schoppe, DIE GRÃœNEN; und andere; Fraktion DIE GRÃœNEN 29.06.1984 Drucksache 10/1694

1. Beratung

b. Bundestag - Plenarprotokoll 10/253 04.12.1986 S. 19725D-19734B
Beschluß: S. 19734B - Überweisung: RechtsA (federführend), VgA


A. Gesetzentwurf DIE GRÃœNEN, Bundestag - Drucksache 10/1694, 29.06.1984


A. Problem
Nach Änderung des Grundgesetzes im Jahre 1956 (damals Artikel 96 a, jetzt Artikel 96 Abs.2 00) kann der Bund für die Streitkräfte als Bundesgerichte durch Bundesgesetz Wehrstrafgerichte errichten. Von dieser Möglichkeit ist bis heute kein Gebrauch gemacht worden. Von keiner Seite ist in den vergangenen 28 Jahren ein entsprechender Gesetzentwurf vorgelegt worden. Schon dies zeigt, daß für eine eigenständige Wehrstrafgerichtsbarkeit kein Bedarf besteht. Die Vorarbeiten des Bundesjustizministeriums und die Unmöglichkeit, in 28 Jahren die Zustimmung des Bundesverteidigungsministeriums zu den erarbeiteten Entwürfen zu erreichen, zeigen überdies, daß eine rechtsstaatlichen Ansprüchen genügende Ausgestaltung einer eigenständigen Wehrstrafgerichtsbarkeit nicht möglich ist. Die zivilen Gerichte haben in den vergangenen Jahren ihrer Aufgabe auf dem Gebiet der Wehrgerichtsbarkeit durchaus gerecht zu werden vermocht.

Die ohne gesetzliche Grundlage durchgeführten Übungen künftiger Wehrstrafrichter und die der Öffentlichkeit bisher vorenthaltenen Entwürfe des Bundesjustizministeriums haben gerade in der letzten Zeit Beunruhigung hervorgerufen.

Es ist der Eindruck entstanden, es werde eine illegale Wehrstrafgerichtsbarkeit aufgebaut.

Diesem Eindruck ist wirksam entgegenzutreten.

B. Lösung
Streichung des Artikels 96 Abs. 2 GG

C. Alternative
keine

D. Katen
Erhebliche Kosteneinsparung durch Fortfall der Übungen für künftige Wehrstrafrichter, der Arbeit an den Entwürfen im Bundesjustiz- und Bundesverteidigungsministerium sowie der Einlagerung des Materials für die Wehrstrafgerichte.


1. Vorschlag


Entwurf eines Siebenunddreißigsten Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 96)

Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen; Artikel 79 Abs. 2 des Grundgesetzes ist eingehalten:

Artikel I

Das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949 (BGBI. I S.l) wird wie folgt geändert:

Artikel 96 wird wie folgt geändert:

1. Absatz 2 wird gestrichen.

2. Der bisherige Absatz 3 wird letzter Satz des Absatzes 1 und erhält folgende Fassung:

"Oberster Gerichtshof ist der Bundesgerichtshof."

3. Die bisherigen Absätze 4 und 5 werden Absätze 2 und 3.

Artikel II

Dieses Gesetz tritt am Tage der Verkündung in Kraft.

Bonn, den 29. Juni 1984


2. Begründung


Seit einer Änderung des Grundgesetzes im Jahre 1956 hat der Bund die Möglichkeit, für die Streitkräfte Wehrstrafgerichte als Bundesgerichte zu errichten. Wenn ein entsprechendes Bundesgesetz erlassen würde, könnten die Wehrstrafgerichte die Strafgerichtsbarkeit im Verteidigungsfall sowie schon vorher über Angehörige der Streitkräfte ausüben, die in das Ausland entsandt oder an Bord von Kriegsschiffen eingeschifft sind.

Bei der Änderung des Grundgesetzes war der Deutsche Bundestag davon ausgegangen, eine eigenständige Wehrstrafgerichtsbarkeit könnte notwendig sein. Diese Annahme hat sich als falsch erwiesen.

Bereits die Tatsache, daß weder von der Bundesregierung noch aus der Mitte des Deutschen Bundestages noch vom Bundesrat ein entsprechender Gesetzentwurf vorgelegt worden ist, beweist, daß von keiner Seite die Notwendigkeit gesehen worden ist, eine eigenständige Wehrstrafgerichtsbarkeit zu errichten. In der Tat haben die zivilen Gerichte in den vergangenen 28 Jahren bewiesen, daß sie jedenfalls aus der Sicht derer, die einen derartigen Gesetzentwurf hätten einbringen können, die Wehrstrafgerichtsbarkeit verantwortungsbewußt gehandhabt haben. Sie werden hierzu auch in einem Verteidigungsfall in der Lage sein.

Nach Artikel 26 Abs. I GG sind alle Maßnahmen verfassungswidrig, die zur Führung eines Angriffskrieges geeignet sind. Die jetzt bekanntgewordenen Pläne tragen deutlich erkennbar solche Züge. Nur wer andere als Verteidigungsabsichten hegt, wird Pläne weiterverfolgen, die Aufgaben aus dem Bereich der zivilen Gerichtsbarkeit wegverlagern.

Der Verzicht auf eine eigenständige Wehrstrafgerichtsbarkeit ist deshalb geeignet, den in Artikel 26 Abs. 1 GG ausgesprochenen Verzicht auf jeden Angriffskrieg glaubhaft zu machen und kann gerade in der gegenwärtigen politischen Lage als vertrauensbildende Maßnahme gewertet werden. Umgekehrt muß gerade der Aufbau einer eigenständigen Wehrstrafgerichtsbarkeit im jetzigen Zeitpunkt als Maßnahme zur Vorbereitung eines Angriffskrieges mißdeutet werden. Dies gilt um so mehr, als eine eigenständige Wehrstrafgerichtsbarkeit nicht notwendig ist, um den Auftrag der Bundeswehr zu unterstreichen.

Die inzwischen bekanntgewordenen Entwürfe sind jahrelang der Öffentlichkeit und selbst den Mitgliedern des Deutschen Bundestages verheimlicht worden. Die Entwürfe zeigen gefährliche Tendenzen, denen glaubwürdig nur durch einen Verzicht auf eine eigenständige Wehrstrafgerichtsbarkeit begegnet werden kann. Das Vorgehen des Bundesjustizministeriums erweckt den Eindruck, als sollten die Entwürfe überhaupt nicht dem Deutschen Bundestag vorgelegt, sondern erst im Verteidigungsfall von dem Gemeinsamen Ausschuß (Notparlament nach Artikel 55 a GG) verabschiedet werden. Hierfür spricht, daß das Bundesjustizministerium seit 1982 ohne gesetzliche Grundlage und damit gegen die Verfassung Kader für eine eigenständige Wehrstrafgerichtsbarkeit aufgebaut hat. Anders ist auch nicht verständlich, daß über 900 Richter und Beamte bereits verfassungswidrig einen Einberufungsbefehl für den Verteidigungsfall nach einem Gesetz erhalten haben, das der Deutsche Bundestag bis heute nicht einmal im Entwurf gesehen hat. Anders ist auch nicht erklärlich, daß diese Richter und Beamten bereits im Besitz eines Dienstausweises als Angehörige der Wehrstrafgerichtsbarkeit sind. In diesem Ausweis werden sie als "Gefolge der Bundeswehr" ohne Kombattantenstatus ausgewiesen. Dieser Ausweis ist offensichtlich nur für die Anfahrt zur Truppe vorgesehen. Dort liegen bereits Ausweise bereit, die die Angehörigen der Wehrstrafgerichtsbarkeit als Angehörige der kämpfenden Truppe mit Kombattantenstatus ausweisen. Es liegt nahe anzunehmen, daß das Bundesjustizministerium davon ausgeht, während der Anreise der Angehörigen der Wehrstrafgerichtsbarkeit werde der Gemeinsame Ausschuß die vorgeplanten Entwürfe als Gesetze verabschieden, so daß bei der Ankunft der Angehörigen der Wehrstrafgerichtsbarkeit bei der Truppe die Ausweise ausgetauscht werden können.

Die Entwürfe des Bundesjustizministeriums zeigen überdies, gerade weil die an den Entwürfen beteiligten Beamten sich (wenn auch vergeblich) um eine rechtsstaatliche Lösung bemüht haben, daß eine eigenständige Wehrstrafgerichtsbarkeit nicht rechtsstaatlich ausgestaltet werden kann. Die Entwürfe sind dadurch gekennzeichnet, daß die Rechte der Beschuldigten in einem seit dem Zweiten Weltkrieg nicht gekannten Maße verkürzt werden und der Beschleunigung des Verfahrens mehr Gewicht als der Gerechtigkeit beigemessen wird: Die Untersuchungshaft kann angeordnet werden, wenn die Interessen der militärischen Führung dies erfordern, auch wenn weder Flucht noch Verdunklungsgefahr - die klassischen Haftgründe - vorliegen. Die Ladungsfrist kann bis auf zwölf Stunden abgekürzt werden. Beweisanträge können abgelehnt werden, wenn die durch sie bedingte Verfahrensverzögerung den Interessen der militärischen Führung widerspricht. Das Recht auf eine wirksame Verteidigung ist beseitigt. Zum Verteidiger kann jeder Bundeswehrsoldat bestellt werden, wenn er nur das 21. Lebensjahr vollendet hat. Die Rechtsmittel sind unerträglich reduziert. Ein Wehrstrafgericht, besetzt mit nur einem Volljuristen, der nicht einmal Berufsrichter zu sein braucht, und zwei von dem militärischen Vorgesetzten bestellte Schöffen kann unter diesen Voraussetzungen auch zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilen, ohne daß der Angeklagte mit einem Rechtsmittel eine erneute Hauptverhandlung erreichen kann.

Gerade wenn eine eigenständige Wehrstrafgerichtsbarkeit nur so ausgestaltet werden kann, muß die Gefahr, daß vom Gemeinsamen Ausschuß ohne öffentliche Erörterung übereilt unter dem Eindruck des Verteidigungsfalls eine Wehrstrafgerichtsbarkeit beschlossen wird, durch Änderung des Grundgesetzes ausgeschlossen werden.



B. Weiterer Fortgang des Gesetzes


Dieser Vorschlag fand nicht die notwendige Zustimmung. Deshalb wurde er nie Bestandteil des Grundgesetzes.
In dieser Kommentarsreihe werden insbesondere folgende Abkürzungen und Quellen verwendet:
a.A. = Anderer Ansicht
AG = Arbeitgeber (evtl. auch einmal "Aktiengesellschaft")
AGBs, AGB´s = Allgemeine Geschäftsbedingungen
AG = Amtsgericht
ArbG = Arbeitsgericht (gelegentlich auch für Arbeitgeber!)
ArbGG = Arbeitsgerichtsgesetz
AT = Austria, Österreich
BAG = Bundesarbeitsgericht (BRD)
BGB = Bürgerliches Gesetzbuch (BRD)
BGH = Bundesgerichtshof (BRD)
BRD = Bundesrepublik Deutschland
BVerwG = Bundesverwaltungsgericht
CH = Schweiz
Dornb./W.- ... Dornbusch/Wolff-(Bearbeiter), KSchG, arbeitsrechtliche Kurzkommentare, Luchterhand-Verlag
EuGH = Europäischer Gerichtshof
EU = Europäische Union
h.M. = Herrschende Meinung
KSchG = Kündigungsschutzgesetz
LAG = Landesarbeitsgericht
OGH = Oberster Gerichtshof (Österreich)
OLG = Oberlandesgericht (BRD)
OVG = Oberverwaltungsgericht (BRD)
Pal.- ... = Palandt-(Bearbeitername), Kurzkommentar zum BGB, C.H. Beck-Verlag
PM = Pressemitteilung
m.M. = Mindermeinung
Staudinger-... = Staudinger-(Bearbeiter, Kommentar zum BGB
str. = strittig, streitig
u.a. = unter anderem
u.U. = Unter Umständen
ZPO = Zivilprozeßordnung