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GG
Grundgesetz
Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland
Art. 29 (Regelung seit 15.11.1994)
(1) Das Bundesgebiet kann neu gegliedert werden, um zu gewährleisten, daß die Länder nach Größe und Leistungsfähigkeit die ihnen obliegenden Aufgaben wirksam erfüllen können. Dabei sind die landsmannschaftliche Verbundenheit, die geschichtlichen und kulturellen Zusammenhänge, die wirtschaftliche Zweckmäßigkeit sowie die Erfordernisse der Raumordnung und der Landesplanung zu berücksichtigen.

(2) Maßnahmen zur Neugliederung des Bundesgebietes ergehen durch Bundesgesetz, das der Bestätigung durch Volksentscheid bedarf. Die betroffenen Länder sind zu hören.

(3) Der Volksentscheid findet in den Ländern statt, aus deren Gebieten oder Gebietsteilen ein neues oder neu umgrenztes Land gebildet werden soll (betroffene Länder). Abzustimmen ist über die Frage, ob die betroffenen Länder wie bisher bestehenbleiben sollen oder ob das neue oder neu umgrenzte Land gebildet werden soll. Der Volksentscheid für die Bildung eines neuen oder neu umgrenzten Landes kommt zustande, wenn in dessen künftigem Gebiet und insgesamt in den Gebieten oder Gebietsteilen eines betroffenen Landes, deren Landeszugehörigkeit im gleichen Sinne geändert werden soll, jeweils eine Mehrheit der Änderung zustimmt. Er kommt nicht zustande, wenn im Gebiet eines der betroffenen Länder eine Mehrheit die Änderung ablehnt; die Ablehnung ist jedoch unbeachtlich, wenn in einem Gebietsteil, dessen Zugehörigkeit zu dem betroffenen Land geändert werden soll, eine Mehrheit von zwei Dritteln der Änderung zustimmt, es sei denn, daß im Gesamtgebiet des betroffenen Landes eine Mehrheit von zwei Dritteln die Änderung ablehnt.

(4) Wird in einem zusammenhängenden, abgegrenzten Siedlungs- und Wirtschaftsraum, dessen Teile in mehreren Ländern liegen und der mindestens eine Million Einwohner hat, von einem Zehntel der in ihm zum Bundestag Wahlberechtigten durch Volksbegehren gefordert, daß für diesen Raum eine einheitliche Landeszugehörigkeit herbeigeführt werde, so ist durch Bundesgesetz innerhalb von zwei Jahren entweder zu bestimmen, ob die Landeszugehörigkeit gemäß Absatz 2 geändert wird, oder daß in den betroffenen Ländern eine Volksbefragung stattfindet.

(5) Die Volksbefragung ist darauf gerichtet festzustellen, ob eine in dem Gesetz vorzuschlagende Änderung der Landeszugehörigkeit Zustimmung findet. Das Gesetz kann verschiedene, jedoch nicht mehr als zwei Vorschläge der Volksbefragung vorlegen. Stimmt eine Mehrheit einer vorgeschlagenen Änderung der Landeszugehörigkeit zu, so ist durch Bundesgesetz innerhalb von zwei Jahren zu bestimmen, ob die Landeszugehörigkeit gemäß Absatz 2 geändert wird. Findet ein der Volksbefragung vorgelegter Vorschlag eine den Maßgaben des Absatzes 3 Satz 3 und 4 entsprechende Zustimmung, so ist innerhalb von zwei Jahren nach der Durchführung der Volksbefragung ein Bundesgesetz zur Bildung des vorgeschlagenen Landes zu erlassen, das der Bestätigung durch Volksentscheid nicht mehr bedarf.

(6) Mehrheit im Volksentscheid und in der Volksbefragung ist die Mehrheit der abgegebenen Stimmen, wenn sie mindestens ein Viertel der zum Bundestag Wahlberechtigten umfaßt. Im übrigen wird das Nähere über Volksentscheid, Volksbegehren und Volksbefragung durch ein Bundesgesetz geregelt; dieses kann auch vorsehen, daß Volksbegehren innerhalb eines Zeitraumes von fünf Jahren nicht wiederholt werden können.

(7) Sonstige Änderungen des Gebietsbestandes der Länder können durch Staatsverträge der beteiligten Länder oder durch Bundesgesetz mit Zustimmung des Bundesrates erfolgen, wenn das Gebiet, dessen Landeszugehörigkeit geändert werden soll, nicht mehr als 50 000 Einwohner hat. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates und der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages bedarf. Es muß die Anhörung der betroffenen Gemeinden und Kreise vorsehen.

(8) Die Länder können eine Neugliederung für das jeweils von ihnen umfaßte Gebiet oder für Teilgebiete abweichend von den Vorschriften der Absätze 2 bis 7 durch Staatsvertrag regeln. Die betroffenen Gemeinden und Kreise sind zu hören. Der Staatsvertrag bedarf der Bestätigung durch Volksentscheid in jedem beteiligten Land. Betrifft der Staatsvertrag Teilgebiete der Länder, kann die Bestätigung auf Volksentscheide in diesen Teilgebieten beschränkt werden; Satz 5 zweiter Halbsatz findet keine Anwendung. Bei einem Volksentscheid entscheidet die Mehrheit der abgegebenen Stimmen, wenn sie mindestens ein Viertel der zum Bundestag Wahlberechtigten umfaßt; das Nähere regelt ein Bundesgesetz. Der Staatsvertrag bedarf der Zustimmung des Bundestages.
Franz-Anton Plitt
 (Internet entrepreneur)
 Chisinau
 (Moldova)


Stand: 02.05.2007
Abgelehnte Änderung zu Art. 29 GG (1985)

Gang der Gesetzgebung:


Bundestag - Gesetzentwurf Gerster (Mainz), CDU/CSU; Doss, CDU/CSU; und andere; CDU/CSU; Fraktion der FDP; Fraktion DIE GRÃœNEN 15.11.1985 Drucksache 10/4264

1. Beratung

Bundestag - Plenarprotokoll 10/181 05.12.1985 S. 13840A, B
Beschluß: S. 13840B - Überweisung: RechtsA (federführend), InnenA

Bundestag - Plenarprotokoll 10/195 31.01.1986 S. 15135C-D/Anl
Mitteilung: S. 15135D - Mitteilung des Abg Curdt (SPD) über Rücknahme seiner zum Gesetzentwurf geleisteten Unterschrift

Bundestag - Beschlußempfehlung und Bericht RechtsA 11.11.1986 Drucksache 10/6398; nunmehr Sechsunddreißigstes Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 29 Abs. 7)

2. Beratung

Bundestag - Plenarprotokoll 10/246 13.11.1986 S. 19007D-19020A, B
Beschluß: S. 19020B - Annahme Drucksache 10/4264 idF Drucksache 10/6398

3. Beratung

Bundestag - Plenarprotokoll 10/246 13.11.1986 S. 19020A-19023A
Beschluß: S. 19023A - Ablehnung in namentlicher Abstimmung Drucksache 10/4264

Bundestag - Berichtigung Plenarprotokoll 10/247 14.11.1986 S. 19169C


A. Gesetzentwurf CDU/CSU, Bundestag - Drucksache 10/4264, 15.11.1985


Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 29 Abs. 7)

A. Problem
Nach Artikel 29 Abs. 7 Grundgesetz können kleinere Änderungen des Gebietsbestandes der Länder in einem vereinfachten Verfahren durch Staatsverträge der beteiligten Länder oder durch Bundesgesetz mit Zustimmung des Bundesrates erfolgen, wenn das Gebiet, dessen Landeszugehörigkeit geändert werden soll, nicht mehr als 10000 Einwohner hat. Soll die Landeszugehörigkeit von Gebietsteilen mit mehr als 10000, aber weniger als 30000 Einwohnern geändert werden, um diese Gebiete in diejenige Gemeinde zurückzugliedern, von der sie zwischen dem 8. Mai 1945 und dem 1nkrafttreten des Grundgesetzes getrennt worden sind, bleibt nur das auf dieses Vorhaben nicht zugeschnittene Verfahren zur Neugliederung des Bundesgebietes gemäß Artikel 29 Abs. 2 bis 6 Grundgesetz.

B. Lösung
Das vereinfachte Verfahren gemäß Artikel 29 Abs. 7 Grundgesetz wird auf den Fall erstreckt, daß Gebiete über eine Landesgrenze hinweg zurückgegliedert werden sollen, die nicht mehr als 30000 Einwohner besitzen und zwischen dem 8. Mai 1945 und dem 1nkrafttreten des Grundgesetzes von der aufnehmenden Gemeinde getrennt worden sind.

C. Alternativen
keine

D. Kosten
keine


1. Vorschlag:


Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 29 Abs. 7). Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen; Artikel 79 Abs. 2 des Grundgesetzes ist eingehalten:

Artikel I

Das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949 (BGBI. S. 1) wird wie folgt geändert:

Artikel 29 Abs. 7 wird wie folgt geändert:

1. Folgender neuer Satz 2 wird eingefügt:

"Die Landeszugehörigkeit von Gebieten bis zu 30000 Einwohnern kann auf gleiche Weise geändert werden, wenn dadurch die zwischen dem 8. Mai 1945 und dem Inkrafttreten dieses Grundgesetzes verlorene Einheit einer Gemeinde ganz oder teilweise wiederhergestellt werden kann."

2. Die bisherigen Sätze 2 und 3 werden Sätze 3 und 4.

Artikel II

Dieses Gesetz tritt am ... in Kraft.


2. Begründung:


Allgemeiner Teil

Die Vorlage erweitert für Ausnahmefälle den Geltungsbereich des vereinfachten Verfahrens gemäß Artikel 29 Abs. 7 des Grundgesetzes zur Änderung der Landeszugehörigkeit von Gebietsteilen. Artikel 29 enthält drei Wege. die Landeszugehörigkeit von Gebietsteilen zu ändern. Zunächst kann der Bundesgesetzgeber gemäß Artikel 29 Abs. 1, 2 das Bundesgebiet neu gliedern, um zu gewährleisten, daß die Länder nach Größe und Leistungsfähigkeit die ihnen obliegenden Aufgaben wirksam erfüllen können. Hierzu ist ein Bundesgesetz erforderlich, das in den betroffenen Ländern durch Volksentscheid bestätigt werden muß. Weiterhin sind die betroffenen Länder zu hören.

Gemäß Artikel 29 Abs.4 kann die Initiative zur Neugliederung auch durch ein Volksbegehren eingeleitet werden, sofern sich die Initiative auf einen zusammenhängenden, abgegrenzten Siedlungsund Wirtschaftsraum bezieht, dessen Teile in mehreren Ländern liegen und der mindestens eine Million Einwohner hat. Das Volksbegehren kommt zustande, wenn es von einem Zehntel der zum Deutschen Bundestag Wahlberechtigten des betroffenen Gebietes unterstützt wird. Der Bundesgesetzgeber hat dann innerhalb von zwei Jahren durch Bundesgesetz zu bestimmen, ob die Landeszugehörigkeit geändert wird oder daß in den betroffenen Ländern eine Volksbefragung stattfindet.

Schließlich gestattet Artikel 29 Abs. 7 sonstige Änderungen des Gebietsbestandes der Länder durch Staatsverträge der beteiligten Länder oder durch Bundesgesetz mit Zustimmung des Bundesrates.

Dieses vereinfachte Verfahren kommt jedoch nur dann in Betracht, wenn das Gebiet, dessen Landeszugehörigkeit geändert werden soll, nicht mehr als zehntausend Einwohner hat. Die betroffenen Gemeinden und Kreise sind vorher anzuhören. Der Anwendungsbereich dieses vereinfachten Verfahrens ist geringfügig auszudehnen, um die Voraussetzungen zu schaffen, daß Gebietsteile, die mehr als zehntausend Einwohner haben und die durch eine Landesgrenze aus einer früher bestehenden einheitlichen Gemeinde herausgelöst sind, wieder in diese Gemeinde zurückgegliedert werden können. Auf derartige Rückgliederungen ist das Verfahren zur Neugliederung des Bundesgebietes nicht zugeschnitten. Seine Ausgestaltung zielt nicht auf geringfügigere Gebietsstandsveränderungen ab, deren Auswirkungen sich im wesentlichen auf die betroffenen Gemeinden beschränken. Zudem kennt es keine Gebietsänderung unmittelbar durch die betroffenen Länder. Da die beschriebenen Zerstörungen gemeindlicher Einheit nur zwischen dem 8. Mai 1945 und dem Inkrafttreten des Grundgesetzes u. a. durch Maßnahmen der Besatzungsmächte eingetreten sind, ist der Anwendungsbereich des ergänzten Artikels 29 Abs. 7 auf Rückgliederungen von in diesem Zeitraum verlorenen gemeindlichen Gebiete zu begrenzen. Um den Anwendungsbereich des Artikels 29 Abs. 2 bis 6 nicht auszuhöhlen, ist für das erweiterte vereinfachte Verfahren eine Höchstgrenze von 30000 Einwohnern im zurückzugliedernden Gebiet festzulegen.

Ein Bedürfnis für die vorgeschlagene Ergänzung des Artikels 29 Abs. 7 zeigt z. B. die Lage der früheren rechtsrheinischen Vororte der Stadt Mainz, die heute von Wiesbaden verwaltet werden. Amöneburg, Kastel und Kostheim sind durch die Landesgrenze zwischen Hessen und Rheinland-Pfalz von Mainz getrennt. Diese Trennung beruht auf einer Anordnung des Hauptquartiers der amerikanischen Militärregierung vom 25. Juli 1945, die diese Mainzer Vororte dem Regierungsbezirk Wiesbaden zuwies, und einer Bekanntmachung des Regierungspräsidenten von Wiesbaden vom 10.August 1945, die diese Vororte in die Stadt Wiesbaden eingliederte.

Durch die Ergänzung des Artikels 29 Abs. 7 entstehen keine Kosten, da hiermit noch keine Gebietsänderungen bewirkt werden, sondern insoweit nur ein Verfahren angeboten wird.

Besonderer Teil

Zu Artikel I

Der neu einzufügende Satz 2 knüpft an das vereinfachte Verfahren gemäß Satz 1 an und erweitert dessen Anwendungsbereich.

Zu Artikel 11

Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten des Gesetzes.



B. Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses (6. Ausschuß), Bundestag-Drucksache 10/6398


Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses (6. Ausschuß) zu den Gesetzentwürfen der Abgeordneten Gerster (Malnz), Doss, Frau Rönsch, Dr. Geißler, Dr. Dregger, Dr. Walgel und der Fraktion der CDU/CSU, der Abgeordneten Schäfer (Malnz), MIschnick und der Fraktion der FDP, der Abgeordneten Tatge, Frau Hönes und der Fraktion DIE GRONEN sowie der Abgeordneten Delorme, Fischer (Osthofen) und Genossen

a) Entwurf eines. .. Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 29 Abs. 7) - Drucksache 10/4264

b) (andere Rechtsvorschriften)
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über das Verfahren bei sonstigen Änderungen des Gebietsbestandes der Länder nach Artikel 29 Abs. 7 des Grundgesetzes
- Drucksache 10/4265-


A. Problem
Nach Artikel 29 Abs. 7 des Grundgesetzes können kleinere Änderungen des Gebietsbestandes der Länder in einem vereinfachten Verfahren durch Staatsvertrag der beteiligten Länder oder durch Bundesgesetz mit Zustimmung des Bundesrates erfolgen, wenn das Gebiet, dessen Landeszugehörigkeit geändert werden soll, nicht mehr als 10000 Einwohner hat. Dieses Verfahren gestattet es wegen der 10000 übersteigenden Einwohnerzahl nicht, die 1945 von Mainz abgetrennten rechtsrheinischen Vororte Amöneburg, Kastel und Kostheim (sog. AKK-Orte) von Wiesbaden zu lösen und nach Mainz zurückzugliedern. Soll die Landeszugehörigkeit von Gebietsteilen mit mehr als 10 000 Einwohnern geändert werden, kann dies nur mit Hilfe des Verfahrens zur Neugliederung des Bundesgebietes gemäß Artikel 29 Abs. 2 bis 6 des Grundgesetzes geschehen.

B. Lösung
Der Rechtsausschuß empfiehlt mit Mehrheit, den Gesetzentwurf zur Änderung des Grundgesetzes - Drucksache 10/4264 - in geänderter Fassung anzunehmen.

Das vereinfachte Verfahren gemäß Artikel 29 Abs. 7 Grundgesetz wird auf den Fall erstreckt, daß Gebiete über eine Landesgrenze hinweg zurückgegliedert werden sollen, die nicht mehr als 30 000 Einwohner besitzen und zwischen dem 8. Mai 1945 und dem Inkrafttreten des Grundgesetzes von der aufnehmenden Gemeinde getrennt worden sind. Die Ausschußfassung sieht darüber hinaus vor, die Bevölkerung des zurückzugliedernden Gebietes durch eine Volksbefragung zu beteiligen.

Der mehrheitlich angenommene Gesetzentwurf - Drucksache 10/4265 - paßt das Gesetz über das Verfahren bei sonstigen Änderungen des Gebietsbestandes der Länder nach Artikel 29 Abs. 7 des Grundgesetzes an die vorgeschlagene Änderung des Grundgesetzes an.

C. Alternativen
Ablehnung der Gesetzentwürfe

D. Kosten
keine


Beschlußempfehlung
Der Bundestag wolle beschließen,

1. den Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 29 Abs.7) - Drucksache 10/4264 - in der aus der nachstehenden Zusammenstellung (Anlage 1) ersichtlichen Fassung anzunehmen;

2. (andere Rechtsvorschriften)den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über das Verfahren bei sonstigen Änderungen des Gebietsbestandes der Länder nach Artikel 29 Abs.7 des Grundgesetzes - Drucksache 10/4265 - in der aus der nachstehenden Zusammenstellung (Anlage 2) ersichtlichen Fassung anzunehmen.

Zusammenstellung des Entwurfs eines ... Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 29 Abs. 7) - Drucksache 10/4264- mit den Beschlüssen des Rechtsausschusses (6. Ausschuß)

Entwurf Beschlüsse des 6. Ausschusses
Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes Entwurf eines Sechsunddreißigsten Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes
Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen;

Artikel 79 Abs. 2 des Grundgesetzes ist eingehalten:

Artikel 1

Das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949 (BGBI. S. 1) wird wie folgt geändert:

Artikel 29 Abs. 7 wird wie folgt geändert:

1. Folgender neuer Satz 2 wird eingefügt:

"Die Landeszugehörigkeit von Gebieten bis zu

30000 Einwohnern kann auf gleiche Weise geändert

werden, wenn dadurch die zwischen dem

8. Mai 1945 und dem Inkrafttreten dieses Grundgesetzes

verlorene Einheit einer Gemeinde ganz

oder teilweise wiederhergestellt werden kann."

1. unverändert

2. Die bisherigen Sätze 2 und 3 werden Sätze 3 und 4.

2. Der bisherige Satz 2 wird Satz 3.

3. Der bisherige Satz 3 wird Satz 4 und erhiIt folgende Fassung:

"Es muß die Anhörung der betroffenen Gemeinden und Kreise, im Falle des Satzes 2 auch eine Volksbefragung In dem betroffenen Gebiet vorsehen."

Artikel II

Dieses Gesetz tritt am ... in Kraft.

Artikel II

Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 1987 in Kraft.




Bericht der Abgeordneten
Dr. Emmerllch und Gerster (Malnz)

I. Beratungsverfahren

a) Der Deutsche Bundestag hat in seiner 181. Sitzung vom 5. Dezember 1985 den aus der Mitte des Bundestages eingebrachten Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 29 Abs.7) - Drucksache 10/4284 an den Rechtsausschuß federführend und den Innenausschuß mitberatend, den ebenfalls aus der Mitte des Bundestages eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über das Verfahren bei sonstigen Änderungen des Gebietsbestandes der Länder nach Artikel 29 Abs. 7 des Grundgesetzes - Drucksache 10/4265 - an den Innenausschuß federführend und den Rechtsausschuß mitberatend überwiesen.

Der Innenausschuß hat am 15.Oktober 1986 beschlossen, auf die federführende Beratung des Gesetzentwurfs - Drucksache 10/4265 - aus verfahrensökonomischen Gründen zu verzichten, und angeregt, sie dem Rechtsausschuß zu übertragen. Diesem vom Rechtsausschuß unterstützten Wunsch hat der Deutsche Bundestag in seiner 241. Sitzung vom 23.Oktober 1986 entsprochen und den Gesetzentwurf Drucksache 10/4265 - nunmehr dem Rechtsausschuß federführend und dem Innenausschuß mitberatend überwiesen.

Der Innenausschuß hat am 15.Oktober 1986 mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und einer Stimme der Fraktion der SPD bei zwei Enthaltungen seitens der Fraktion der SPD empfohlen, beide Gesetzentwürfe in der auch der Beschlußempfehlung des Rechtsausschusses zugrundeliegenden Fassung zu verabschieden. Nachdem dem Rechtsausschuß die Federführung für den Gesetzentwurf - Drucksache 10/4265 - übertragen worden war, hat der Innenausschuß am 5. November 1966 mit den Stimmen der Fraktion der CDU/CSU und einer Stimme der Fraktion der SPD gegen vier Stimmen sowie einer Enthaltung der Fraktion der SPD seine Stellungnahme vom 15.Oktober 1986 bekräftigt.

b) Der Rechtsausschuß hat beide Gesetzentwürfe in seiner 76., 77.,96.und 97. Sitzung am 26. Februar, 12. März, 22.Oktober und 5. November 1986 beraten. In der 87. Sitzung am 5. Juni 1986 hat eine öffentliche Anhörung stattgefunden. Diese berücksichtigte im Einvernehmen mit dem insoweit damals federführenden Innenausschuß auch den Gesetzentwurf - Drucksache 10/4265.

Da die vorgeschlagene Grundgesetzänderung eine Voraussetzung schaffen soll, um die heute zu Wiesbaden gehörenden ehemaligen rechtsrheinischen Mainzer Vororte Amöneburg, Kastel und Kostheim wieder mit Mainz zu vereinigen, befaßte sich die Anhörung mit den unterschiedlichen Standpunkten zur Frage der Rückgliederung. Daneben wurde nach der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der angestrebten Änderung des Artikel 29 gefragt. Außer weiteren Aspekten wurde auch Gewicht auf die Klärung der Frage gelegt, ob und ggf. wie die Bevölkerung der von einer Rückgliederung betroffenen Gebiete zu beteiligen ist.

Angehört wurden die Oberbürgermeister der beiden betroffenen Städte Mainz und Wiesbaden (Jockei Fuchs und Achim Exner), Bürgerinitiativen und eine Einzelperson, die sich für (Gemeinschaft Vereintes Mainz, Aktionsgemeinschaft "Bürger für AKK", Prof. 0. K. Holzamer) oder gegen (Bürgergemeinschaft AKK "Für den Verbleib in Hessen") die Rückgliederung einsetzen, mehrere RechtswissenschaftIer (Prof. Dr. H. U. Evers, Salzburg; Prof. Dr. P. Schneider, Mainz; Prof. Dr. M. Bothe, Frankfurt; Prof. 0. H. Faber, Hannover; Prof. Dr. D. Murswiek, Göttingen), einen durch ein eigenes Forschungsvorhaben mit den örtlichen Verhältnissen vertrauten Wirtschaftswissenschaftler (Prof. L. Weeser-Krell, Paderborn) sowie den Vorsitzenden der früheren Sachverständigenkommission für die Neugliederung des Bundesgebietes, Prof. Dr. W. Ernst.

Auf Wunsch des Rechtsausschusses haben sich außer Berlin alle Bundesländer zu den Fragen geäußert, was unter besonderer Berücksichtigung der Problematik der rechtsrheinischen Vororte für und was gegen die geplante Ergänzung von Artikel 29 Abs. 7 spreche, bei welchen Gemeinden aufgrund von Anordnungen der Alliierten zwischen 1945und 1949 Gemeindegrenzen und gleichzeitig Landesgrenzen geändert worden seien, ob deshalb nach 1949 Initiativen zur Änderung von Landesgrenzen begonnen worden und gegebenenfalls beendet worden seien und schließlich, ob die vorgeschlagenen Gesetzesänderungen weitere Gebietsänderungen zwischen den Ländern nach sich ziehen würden. Zu allen Fragen der Anhörung haben überdies auf Bitten des Rechtsausschusses die Bundesminister des Innern und der Justiz gemeinsam Stellung genommen. Diese Stellungnahme ist ebenso wie die Schreiben der Bundesländer dem Stenographischen Protokoll der 87. Sitzung des Rechtsausschusses beigefügt.

Soweit auf die Ergebnisse der Anhörung und den Inhalt der Stellungnahmen im folgenden nicht näher eingegangen wird, sei auf das Stenographische Protokoll der 87. Sitzung des Rechtsausschusses verwiesen.

Der Rechtsausschuß empfiehlt mit sieben Stimmen der Fraktion der CDU/CSU und je einer Stimme aus den Fraktionen der SPD, FDP und DIE GRüNEN gegen drei Stimmen aus der Fraktion der SPD, den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes - Drucksache 10/4264 - in geänderter Fassung anzunehmen.

Die Annahme des entsprechend geänderten Entwurfs zur Änderung des Gesetzes über das Verfahren bei sonstigen Änderungen des Gebietsbestandes der Länder nach Artikel 29 Abs. 7 des Grundgesetzes - Drucksache 10/4265 - wird mit drei Stimmen aus der Fraktion der CDU/CSU und je einer Stimme aus der Fraktion der SPD und der Fraktion DIE GRÜNEN gegen eine Stimme bei zwei Enthaltungen aus der Fraktion der SPD empfohlen.

II. Inhalt der Gesetzentwürfe

a) Die vom Rechtsausschuß empfohlene Fassung des Entwurfs zur Änderung des Artikels 29 Abs.7 erweitert das sog. vereinfachte Verfahren zur Änderung des Gebietsbestandes der Länder mit Hilfe von Staatsverträgen der beteiligten Länder oder durch ein der Zustimmung des Bundesrates bedürfendes Bundesgesetz. Bisher kommt dieses vereinfachte Verfahren nur in Betracht, wenn das Gebiet, dessen Landeszugehörigkeit geändert werden soll, nicht mehr als 10 000 Einwohner hat. Im Hinblick auf die besondere Lage der ehemaligen rechtsrheinischen Vororte der Stadt Mainz, die nach Kriegsende 1945 in die Stadt Wiesbaden eingegliedert worden sind, soll das vereinfachte Verfahren geringfügig ausgedehnt werden. Zukünftig soll für das erweiterte vereinfachte Verfahren eine Höchstgrenze von 30 000 Einwohnern im zurückzugliedernden Gebiet gelten. Zugleich wird festgelegt, daß das erweiterte vereinfachte Verfahren nur für solche Gebiete in Betracht kommt, die zwischen dem 8. Mai 1945 und dem Inkrafttreten des Grundgesetzes ihre Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gemeinde und einem bestimmten Bundesland geändert haben. Die vom Rechtsausschuß vorgeschlagene Fassung sieht überdies vor, daß die Bevölkerung des umzugliedernden Gebietes im Rahmen einer Volksbefragung zu hören ist. Die bereits jetzt für das vereinfachte Verfahren vorgesehene Anhörung der betroffenen Gemeinden und Kreise soll auch für die Erweiterung des vereinfachten Verfahrens gelten.

Die zugleich empfohlene Änderung des Gesetzes über das Verfahren bei sonstigen Änderungen des Gebietsbestandes der Länder nach Artikel 29 Abs. 7 des Grundgesetzes - Drucksache 10/4265 - paßt das Verfahrensgesetz an die zuvor vorgeschlagene Grundgesetzänderung an. In das Verfahrensgesetz, das weder in seiner geltenden noch in seiner vorgeschlagenen Fassung unmittelbar eine Gebiets- und Grenzänderung anordnet, werden insbesondere Regelungen über eine Volksbefragung aufgenommen.

III. Begründung der Beschlußempfehlung

1. Allgemeines

a) Die Mehrheit des Rechtsausschusses hält es für erforderlich, in Artikel 29 Abs. 7 des Grundgesetzes die Voraussetzungen zu schaffen, um die ehemaligen rechtsrheinischen Mainzer Vororte Amöneburg, Kastei und Kostheim nach Rheinland- Pfalz zurückzugfiedern und damit eine kommunale Einheit mit der Stadt Mainz zu ermöglichen.

Die Anhörung habe deutlich erwiesen, daß die sog. AKK-Qrte historisch, aufgrund der topographischen Gegebenheiten und im Empfinden der Mehrheit der Einwohner mit Mainz verbunden sind.

Diese Verbundenheit habe historische Wurzeln, sie gehe auf eine langjährige, 1945 zerstörte kommunale Einheit mit Mainz zurück. Diese Verbindung bestehe trotz der Trennung durch die Landesgrenze und die Zugehörigkeit zur Stadt Wiesbaden fort. Dies finde seinen Ausdruck in der räumlichen Nähe zum Mainzer Stadtkern, den Ergebnissen von Meinungsumfragen, in örtlichen Traditionen, im Vereinsleben und zuletzt auch im Namen der AKK-Orte, die jeweils den Namen der Stadt Mainz als Zusatz führen.

Eine Trennung der sog. AKK-Vororte von Wiesbaden und Hessen würde keine unlösbaren Folgeprobleme aufwerfen. Die in der Anhörung in diesem Zusammenhang erörterten Fragen, z. B. das Schicksal der im AKK-Gebiet befindlichen Dienststelle der hessischen Bereitschaftspolizei oder der ebenfalls dort gelegenen Abfalldeponie für Wiesbaden, könnten sich durch Vereinbarungen zwischen den beteiligten Städten und Bundesländern regeln lassen.

Wie auch in der Anhörung bestätigt worden sei, könne man die sog. AKK-Qrte nur zurückgliedern, wenn zuvor Artikel 29 des Grundgesetzes entsprechend geändert oder ergänzt worden sei: Die bisher in Artikel 29 des Grundgesetzes enthaltenen Verfahren zur Neugliederung des Bundesgebietes seien für räumlich und hinsichtlich der betroffenen Einwohnerzahl erheblich größere Neugliederungsmaßnahmen zugeschnitten.

Auch verfassungsrechtlich stoße die vorgeschlagene Änderung des Grundgesetzes nicht auf Bedenken.

Die Schranke, die Artikel 79 Abs. 3 des Grundgesetzes für Verfassungsänderungen aufstelle, werde nicht berührt. In der Anhörung hätten dies alle hierzu befragten Sachverständigen deutlich gemacht. Dieser Feststellung habe sich auch Prof. Dr. Evers angeschlossen, der ursprünglich in einem für die hessische Landesregierung erstellten Gutachten zur Verfassungswidrigkeit des Gesetzentwurfs gekommen sei. In der Anhörung habe er klargestellt, daß der Entwurf unbedenklich sei, wenn man ihn an den Grundsätzen messe, die das Bundesverfassungsgericht zur Interpretation des Artikels 79 Abs. 3 entwickelt habe.

Mit sonstigen Neugliederungsvorhaben habe man sich aus Anlaß des vorliegenden Gesetzentwurfs nicht auseinanderzusetzen. Die jetzt angestrebte Ergänzung des Artikels 29 Abs. 7 des Grundgesetzes erschöpfe ihre Bedeutung in einer Anwendung zur Änderung der Landeszugehörigkeit der sog. AKK-Qrte.

Abweichend vom Entwurf in Drucksache 10/4264 habe man sich entschlossen, eine Volksbefragung vorzusehen, falls von dem erweiterten vereinfachten Verfahren Gebrauch gemacht werden solle. Da das Zugehörigkeitsgefühl der Bewohner der AKK-Vororte zu Mainz einen entscheidenden Faktor bei einer Rückgliederung bilde, werde nunmehr die Durchführung einer vorherigen Volksbefragung in diesen Orten zwingend vorgeschrieben. Dies decke sich mit verfassungspolitisch begründeten Anregungen, die in der Anhörung von den Sachverständigen, aber z. B. auch in der gemeinsamen Stellungnahme der Bundesminister des Innern und der Justiz vorgetragen worden seien. Um etwaige verfassungsrechtliche Bedenken auszuräumen, solle das Erfordernis der Volksbefragung ausdrücklich in Artikel 29 Abs. 7 des Grundgesetzes vorgesehen, also nicht nur auf einfach-gesetzlicher Ebene festgelegt werden.

In der Sache habe man sich für eine - rechtlich nicht bindende - Volksbefragung und gegen ein Letztentscheidungsrecht der betroffenen Bevölkerung in Gestalt eines Volksentscheids entschieden.

Hierfür sei die Überlegung maßgebend gewesen, daß ein Volksentscheid dem Charakter und der Systematik des vereinfachten Verfahrens gemäß Artikel 29 Abs. 7 des Grundgesetzes widersprochen hätte. Damit solle aber die Bedeutung, die dem Ergebnis einer durchgeführten Volksbefragung zukomme, nicht gemindert werden. Auch die Entscheidung für eine Volksbefragung sei von der Vorstellung getragen, daß eine durch Artikel 29 Abs. 7 des Grundgesetzes in der vorgeschlagenen Fassung ermöglichte Gliederungsmaßnahme nicht gegen den sich im Ergebnis einer Volksbefragung widerspiegelnden Willen der betroffenen Gebietsbevölkerung durchgeführt werden solle.

b) Die Minderheit hat zur Begründung der Ablehnung der Gesetzentwürfe vorgetragen:

In einem föderalen Bundesstaat gelte der Grundsatz der wechselseitigen Rücksichtnahme zwischen dem Bund und den Bundesländern.

Zur gegenseitigen Rücksichtnahme gehöre, daß in den Gebietsbestand eines Bundeslandes gegen seinen Willen nur eingegriffen werden darf, wenn das aus Gründen des gemeinen Wohls unerläßlich sei. Die Gebietsabgrenzung zwischen den Bundesländern sei nach dem Zweiten Weltkrieg erfolgt, ohne daß dabei stets nur die geschichtlichen und kulturellen Zusammenhänge, die landsmannschaftliehe Verbundenheit, die wirtschaftliche Zweckmäßigkeit sowie die Erfordernisse der Raum- und Landesplanung berücksichtigt worden seien. Dem habe das Grundgesetz in der ursprünglichen Fassung des Artikels 29, insbesondere in Absatz 2 dadurch Rechnung getragen, daß in den Gebietsteilen, die bei der Neubildung der Länder nach dem 8. Mai 1945 ohne Volksabstimmung ihre Landeszugehörigkeit verloren hatten, durch Volksbegehren eine Änderung der Landeszugehörigkeit gefordert und erreicht werden konnte.

Diese Neugliederungsmöglichkeit sei durch die 33. Änderung des Grundgesetzes vom 23. August 1978 mit Artikel29GG in seiner jetzigen Fassung erledigt. Unter welchen Voraussetzungen eine Neugliederung des Bundesgebietes und eine Veränderung von Ländergrenzen erfolgen könne, habe damals endgültig geregelt werden sollen. Diese in Artikel 29 Abs. I, 4 und 7GG festgelegten Voraussetzungen für die Änderung von Landesgrenzen lägen für das Anliegen, die ehemaligen rechtsrheinischen Mainzer Vororte Amöneburg, Kastel und Kostheim wieder mit Mainz zu vereinigen und sie zu diesem Zweck dem Lande Rheinland-Pfalz zuzuschlagen, nicht vor. Der Rückgliederungswunsch und seine Gründe seien bei der Neufassung des Artikels 29GG im Jahre 1976 bekannt gewesen. Die Möglichkeiten für Änderungen von Ländergrenzen seien in Artikel 29GG ungeachtet dessen so festgelegt worden, daß die Rückgliederung der Mainzer Vororte nicht erfolgen konnte. Eine Initiative des Mainzer Bundestagsabgeordneten Dr. Hofmann, Grenzänderungen bis zu 50000 Einwohner durch Staatsvertrag oder durch einfaches Bundesgesetz mit Zustimmung des Bundesrates zuzulassen, habe keinen Erfolg gehabt.

Es sei bei der Einwohnergrenze von 10 000 geblieben.

Nur geringfügige Gebietskorrekturen sollten im vereinfachten Verfahren nach Artikel 29 Abs. 7 zulässig sein Die tatsächlichen Grundlagen der Entscheidung des Jahres 1976 seien unverändert Es seien auch keine neuen, 1976 noch nicht bekannten Umstände hervorgetreten, die eine Abweichung von der Entscheidung des Jahres 1976 rechtfertigten.

Insbesondere erscheine eine Grundgesetzänderung zur Regelung eines Einzelfalles, der im Jahr 1976 bereits bekannt und Gegenstand der Diskussion gewesen sei, nicht angebracht.

Es sei nicht einzusehen, eine Änderung von Landesgrenzen nur dann zuzulassen, um dadurch die zwischen dem 8. Mai 1945 und dem Inkrafttreten des Grundgesetzes verlorene Einheit einer Gemeinde ganz oder teilweise wiederherzustellen.

Für eine Beschränkung auf die Zeit zwischen dem 8. Mai 1945 und dem Inkrafttreten des Grundgesetzes gebe es keine hinreichende Rechtfertigung. Die Einheit von Gemeinden sei auch zu anderen Zeitpunkten mit ebenso empfundenen Folgen durch demokratisch nicht legitimierte Entscheidungen zustande gekommen, besonders während der Zeit von 1933 bis 1945.

Bedenklich sei auch, daß durch eine Änderung des Artikels 29GG, der die Neugliederung des Bundesgebietes zum Gegenstand habe, letztlich Veränderungen von Ländergrenzen zugelassen werden sollten, die nur kommunale Gebietsänderungen erstrebten und mit kommunalpolitisehen, nicht aber mit landes- und bundespolitischen Argumenten und Gesichtspunkten begründet würden.

Trotz allen Respekts vor dem Wunsch von Einwohnern der Ortsteile Amöneburg, Kastei und Kostheim seien die aufgezeigten übergeordneten landes- und bundespolitischen Gesichtspunkte letztlicli so gravierend, daß sie den Ausschlag geben müßten.

2. Vom Rechtsausschuß gelinderte Bestimmungen

a) Entwurf eines Sechsunddreißigsten Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 29 Abs. 7) - Drucksache 10/4264.

Die vom Rechtsausschuß beschlossene Fassung unterscheidet sich nur dadurch vom Entwurf in Drucksache 10/4264, daß sie eine Volksbefragung vorsieht, falls von der durch den neuen Satz 2 geschaffenen erweiterten Rückgliederungsmöglichkeit Gebrauch gemacht wird. Die Volksbefragung hat in den betroffenen Gebieten stattzufinden. Hierunter versteht der Rechtsausschuß das Gebiet, dessen Zugehörigkeit unmittelbar geändert werden soll. Bezogen auf die Rückgliederungsfrage im Verhältnis zwischen Hessen und Rheinland-Pfalz bzw. den Städten Wiesbaden und Mainz hätte die Volksbefragung also nur in den sog. AKK-ürten stattzufinden. Zusätzlich gilt auch bei einer auf Satz 2 gestützten Gliederungsmaßnahme die in Satz 4 Halbsatz 1 enthaltene Verpflichtung, die betroffenen Gemeinden und Kreise zuvor zu hören. Als Gemeinden und Kreise sind hier die Gebietskörperschaften zu verstehen, die infolge der Gliederungsmaßnahme entweder Gebiete abgeben oder aufnehmen sollen.

b) Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über das Verfahren bei sonstigen Änderungen des Gebietsbestandes der Länder nach Artikel 29 Abs. 7 des Grundgesetzes - Drucksache 10/4265.



C. Weiterer Fortgang des Gesetzes


Dieser Vorschlag fand nicht die notwendige Zustimmung. Deshalb wurde er nie Bestandteil des Grundgesetzes.
In dieser Kommentarsreihe werden insbesondere folgende Abkürzungen und Quellen verwendet:
a.A. = Anderer Ansicht
AG = Arbeitgeber (evtl. auch einmal "Aktiengesellschaft")
AGBs, AGB´s = Allgemeine Geschäftsbedingungen
AG = Amtsgericht
ArbG = Arbeitsgericht (gelegentlich auch für Arbeitgeber!)
ArbGG = Arbeitsgerichtsgesetz
AT = Austria, Österreich
BAG = Bundesarbeitsgericht (BRD)
BGB = Bürgerliches Gesetzbuch (BRD)
BGH = Bundesgerichtshof (BRD)
BRD = Bundesrepublik Deutschland
BVerwG = Bundesverwaltungsgericht
CH = Schweiz
Dornb./W.- ... Dornbusch/Wolff-(Bearbeiter), KSchG, arbeitsrechtliche Kurzkommentare, Luchterhand-Verlag
EuGH = Europäischer Gerichtshof
EU = Europäische Union
h.M. = Herrschende Meinung
KSchG = Kündigungsschutzgesetz
LAG = Landesarbeitsgericht
OGH = Oberster Gerichtshof (Österreich)
OLG = Oberlandesgericht (BRD)
OVG = Oberverwaltungsgericht (BRD)
Pal.- ... = Palandt-(Bearbeitername), Kurzkommentar zum BGB, C.H. Beck-Verlag
PM = Pressemitteilung
m.M. = Mindermeinung
Staudinger-... = Staudinger-(Bearbeiter, Kommentar zum BGB
str. = strittig, streitig
u.a. = unter anderem
u.U. = Unter Umständen
ZPO = Zivilprozeßordnung