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GG
Grundgesetz
Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland
Art. 20a (Regelung seit 01.08.2002)
Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung.
1984/2 - Abgelehnter Entwurf eines Art. 20a GG (Schleswig-Holstein)

A. Gesetzesantrag des Landes Schleswig-Holstein, Bundesrat-Drucksache 307/84, 18.06.1984


Entwurf eines Sechsunddreißigsten Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes

A. Zielsetzung
Die Natur ist ein dem Menschen anvertrautes Gut; sie ist ihm nicht zur schrankenlosen Ausbeutung überlassen. Der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen des Menschen ist daher eine der vordringlichsten Aufgaben dieser Zeit. Unsere Gesellschaft muß künftigen Generationen die gleichen Lebenschancen bewahren, die uns heute zur Verfügung stehen.

Nicht nur die natlirlichen Rohstoffvorkommen sind begrenzt, ebenso stehen Luft, Wasser und Boden nicht unbeschrankt zur freien Verfügung. Auch Tier- und Pflanzenwelt sind wertvolle und schutzbedürftige Naturgüter. Stabilität, Funktionsfähigkeit und insbesondere Regenerationsfähigkeit des Naturhaushalts müssen erhalten werden.

B. Lösung
Entsprechend dem Vorschlag der Sachverstandigenkommission Staatszielbestimmungen/Gesetzgebungsaufträge soll der Umweltschutz durch eine Staatszielbestimmung im Grundgesetz verankert werden. Er 5011 als neuer Artikel 20a in das Grundgesetz aufgenommen werden.

Beim Umweltschutz handelt es sich urn die Sicherung der existenziellen Voraussetzunqen des Lebens in unserer Welt; er hat zwar dieselbe Bedeutung, wie die in Artikel 20 niedergelegten Staatszielbestimmungen. Durch Einfügung eines Artikels 20 a soll aber vor dem Hintergrund unserer Geschichte sichergestellt werden, daß den tragenden Säulen unserer jungen Demokratie: dem republikanischen Prinzip, dem Rechtsstaatsprinzip, dem Sozialstaatsprinzip und dem Bundesstaatsprinzip eine in sich geschlossene Sonderstellung eingeraumt bleibt.

C. Alternativen
Beibehaltung des bisherigen Zustandes.

D. Kosten
Keine



1. Vorschlag



DER MINISTERPRÄSIDENT DES LANDES SCHLESWIG-HOLSTEIN
Kiel, den 12. Juni 1984



An den Herrn Präsidenten des Bundesrates

Sehr geehrter Herr Präsident!

Die Landesregierung Schleswig-Holstein hat beschlossen, den in der Anlage mit Begründung beigefügten

Entwurf eines 36. Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Einfügung eines Artikels 20 a)

dem Bundesrat mit dem Antrag zuzuleiten, seine Einbringung beim Deutschen Bundestag gemäß Artikel 76 Abs. 1 des Grundgesetzes zu beschließen.

Ich bitte Sie, die Vorlage gemäß § 36 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates den zuständigen Ausschüssen zuzuweisen.

Mit freundlichen Grüßen,
Unterschrift(nicht wiedergebbar)

Artikel 1

Das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949 (BGBl. S. 1) wird wie folgt geändert: folgender Artikel 20 a wird hinter Artikel 20 angefügt:

"(1) Die natürlichen Lebensgrundlagen des Menschen stehen unter dem besonderen Schutz des Staates.

(2) Natur und Umwelt sind der Obhut und Pflege von jedermann anvertraut. Das Gesetz bestimmt die notwendigen Rindungen und Pflichten und ordnet den Ausgleich der betroffenen öffentlichen und privaten Belange."

Artikel 2

Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft.

2. Begründung


A. Allgemeiner Teil

Im Grundgesetz wird der Umweltsehutz nur im Rahmen von Zuständigkeitsregelungen angesprochen. Diese Vorschriften berechtigen zu staatlichem Handeln, begründen jedoch keine konkreten Handlungspflichten zum Schutz und zur Pflege der natürlichen Lebensgrundlagen des Menschen. Eine generelle staatliche Schutzpflieht in diesem Sinne läßt sich weder aus dem Sozialstaatsprinzip in Artikel 20 Abs. I des Grundgesetzes noch aus den Grundrechten in Artikel I, 2 und 14 des Grundgesetzes herleiten. Diese Verfassungsnormen enthalten allenfalls Teilgewährleistungen. Infolgedessen trägt das Grundgesetz der Bedeutung des Umweltschutzes in unserer Zeit nicht genügend Rechnung.

Die Entwicklung der zivilisation hat zu wachsenden Umweltbelastungen und zu einer fühlbaren und ansteigenden Verknappung der natürlichen Ressourcen geführt. Der Gedanke des Umweltschutzes in Gesetzgebung und Verwaltung steht in Gefahr, gegenüber anderen, kurzfristigeren oder deutlicher sichtbaren Allgemein- oder Privatinteressen zu kurz zu kommen, weil

- schädliche wirkunqen auf die Umwelt vielfach mit zeitlicher Verzogerung auftreten,

- Belastungen der Umwelt sich auf spätere Generationen verlagern lassen,

- ausreichende wirtschaftliehe Erkenntnisse über das Gefahrenpotential von Umwelteinwirkungen fehlen,

- viele Umweltschaden nieht sichtbar werden,

- Umweltschäden bzw. der Nutzen von Umweltschutzmaßnahmen schwer in Geldeinheiten auszudrücken sind,

- die Rechtsordnung, insbesondere auch die Verfassung (Artikel 12, 14 GG) gegenläufigen, vor allem wirtschaftlichen und arbeitsmarktpolitischen Interessen starken Schutz verleiht.

Die Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen des Menschen ist daher als eine grundlegende und hochrängige Aufgabe anzusehen, zu der der Staat einen entscheidenden Beitrag zu leisten hat.

Beim Umweltschutz handelt es sich urn ein existenzielles, langfristiges Interesse. Der Mensch ist auf eine intakte natürliche Umwelt (Wasser, noden, Luft, Pflanzen- und Tierwelt, Naturhaushalt und Klima) angewiesen. Er muß deshalb mit den natürlichen Ressourcen sinnvoll und sparsam umgehen. Die Verankerung einer staatszielbestimmung "Umweltschutz" im Grundgesetz ist nötig, um die natürlichen Lebensgrundlagen des Menschen auf Dauer zu sichern.

Eine Verankerung des Umweltschutzes in der Verfassung muß dem Umstand Rechnung tragen, daß es keine allgemeine Definition des Begriffs "Umwelt" gibt. Das Grundgesetz stellt die Würde, den Schutz und die Rechte des Menschen an die Spitze seiner Gewährleistungen und gibt dadurch zu erkennen, da8 sie Leitlinien für staatliche Politik sein sollen. Das Grundgesetz begründet daher auch, für seine Staatszielbestimmungen eine Sichtweise, die vom Menschen ausgeht. Gegenstand des verfassungsrechtlichen Schutzes kann daher nicht die Umwelt aus eigenem Recht, sondern können nur die Lebensgrundlagen des Menschen sein; zu schützen ist daher der Mensch in seinem Lebensraum.

Anderseits darf der Umweltschutz aus dieser sicht nicht zu eng verstanden werden. Der staatliche Schutzauftrag muß sich auch auf künftige Generationen beziehen und ist daher zukunftsorientiert.

Nicht nur Wasser, Boden, Luft und nutzbare natürliche Ressourcen, sondern auch allgemein die Tier- und Pflanzenwelt und dor Naturhaushalt sind in den verfassungsrechtlichen schutz einbezogen.

Die Staatsaufgabe urnweltschutz wird daher durch eine Staatszielbestimmung im Grundgesetz verankert.

Zu den einzelnen Bestimmungen

Zu Artikel I

Es handelt sich beim Umweltschutz nicht urn eine beliebige Staatsaufgabe, sondern um die Sicherung der existenziellen Voraussetzungen des Lebens auf der Erde. Er wird daher wegen des Zusammenhangs mit den bereits in Artikel 20 Abs. 1 GG geregelten fundamentalen Staatszielen, insbesondere mit dem Sozialstaatsprinzip, auch in deren unmittelbarer Nahe ins Grundgesetz eingefügt. Im Hinblick auf die in Artikel 20 GG niedergelegten Staatsziele - das Rechtsstaatsprinzip, das Sozialstaatsprinzip und das Bundesstaatsprinzip -, denen als tragende Säulen unserer jungen Demokratie eine Sonderstellung gebührt, ist von einer Einfügung des Umweltschutzes in Artikel 20 GG abgesehen worden. Dies beeintrachtigt jedoch die Verbindlichkeit der Forderung nach einer menschenwürdigen Umwelt in einem Artikel 20 a nicht.

Zu Artikel II

Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten des Gesetzes.


B Weiterer Fortgang des Gesetzes


Dieser Vorschlag fand nicht die notwendige Zustimmung. Deshalb wurde er nie Bestandteil des Grundgesetzes.
In dieser Kommentarsreihe werden insbesondere folgende Abkürzungen und Quellen verwendet:
a.A. = Anderer Ansicht
AG = Arbeitgeber (evtl. auch einmal "Aktiengesellschaft")
AGBs, AGB´s = Allgemeine Geschäftsbedingungen
AG = Amtsgericht
ArbG = Arbeitsgericht (gelegentlich auch für Arbeitgeber!)
ArbGG = Arbeitsgerichtsgesetz
AT = Austria, Österreich
BAG = Bundesarbeitsgericht (BRD)
BGB = Bürgerliches Gesetzbuch (BRD)
BGH = Bundesgerichtshof (BRD)
BRD = Bundesrepublik Deutschland
BVerwG = Bundesverwaltungsgericht
CH = Schweiz
Dornb./W.- ... Dornbusch/Wolff-(Bearbeiter), KSchG, arbeitsrechtliche Kurzkommentare, Luchterhand-Verlag
EuGH = Europäischer Gerichtshof
EU = Europäische Union
h.M. = Herrschende Meinung
KSchG = Kündigungsschutzgesetz
LAG = Landesarbeitsgericht
OGH = Oberster Gerichtshof (Österreich)
OLG = Oberlandesgericht (BRD)
OVG = Oberverwaltungsgericht (BRD)
Pal.- ... = Palandt-(Bearbeitername), Kurzkommentar zum BGB, C.H. Beck-Verlag
PM = Pressemitteilung
m.M. = Mindermeinung
Staudinger-... = Staudinger-(Bearbeiter, Kommentar zum BGB
str. = strittig, streitig
u.a. = unter anderem
u.U. = Unter Umständen
ZPO = Zivilprozeßordnung
Urteile nach 21.05.2007, also nach Abschluss dieser Kommentierung