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GG
Grundgesetz
Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland
Art. 23 (Regelung seit 01.01.1111)
(1) Zur Verwirklichung eines vereinten Europas wirkt die Bundesrepublik Deutschland bei der Entwicklung der Europäischen Union mit, die demokratischen, rechtsstaatlichen, sozialen und föderativen Grundsätzen und dem Grundsatz der Subsidiarität verpflichtet ist und einen diesem Grundgesetz im wesentlichen vergleichbaren Grundrechtsschutz gewährleistet. Der Bund kann hierzu durch Gesetz mit Zustimmung des Bundesrates Hoheitsrechte übertragen. Für die Begründung der Europäischen Union sowie für Änderungen ihrer vertraglichen Grundlagen und vergleichbare Regelungen, durch die dieses Grundgesetz seinem Inhalt nach geändert oder ergänzt wird oder solche Änderungen oder Ergänzungen ermöglicht werden, gilt Artikel 79 Abs. 2 und 3.

(1a) Der Bundestag und der Bundesrat haben das Recht, wegen Verstoßes eines Gesetzgebungsakts der Europäischen Union gegen das Subsidiaritätsprinzip vor dem Gerichtshof der Europäischen Union Klage zu erheben. Der Bundestag ist hierzu auf Antrag eines Viertels seiner Mitglieder verpflichtet. Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können für die Wahrnehmung der Rechte, die dem Bundestag und dem Bundesrat in den vertraglichen Grundlagen der Europäischen Union eingeräumt sind, Ausnahmen von Artikel 42 Abs. 2 Satz 1 und Artikel 52 Abs. 3 Satz 1 zugelassen werden.

(2) In Angelegenheiten der Europäischen Union wirken der Bundestag und durch den Bundesrat die Länder mit. Die Bundesregierung hat den Bundestag und den Bundesrat umfassend und zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu unterrichten.

(3) Die Bundesregierung gibt dem Bundestag Gelegenheit zur Stellungnahme vor ihrer Mitwirkung an Rechtsetzungsakten der Europäischen Union. Die Bundesregierung berücksichtigt die Stellungnahmen des Bundestages bei den Verhandlungen. Das Nähere regelt ein Gesetz.

(4) Der Bundesrat ist an der Willensbildung des Bundes zu beteiligen, soweit er an einer entsprechenden innerstaatlichen Maßnahme mitzuwirken hätte oder soweit die Länder innerstaatlich zuständig wären.

(5) Soweit in einem Bereich ausschließlicher Zuständigkeiten des Bundes Interessen der Länder berührt sind oder soweit im übrigen der Bund das Recht zur Gesetzgebung hat, berücksichtigt die Bundesregierung die Stellungnahme des Bundesrates. Wenn im Schwerpunkt Gesetzgebungsbefugnisse der Länder, die Einrichtung ihrer Behörden oder ihre Verwaltungsverfahren betroffen sind, ist bei der Willensbildung des Bundes insoweit die Auffassung des Bundesrates maßgeblich zu berücksichtigen; dabei ist die gesamtstaatliche Verantwortung des Bundes zu wahren. In Angelegenheiten, die zu Ausgabenerhöhungen oder Einnahmeminderungen für den Bund führen können, ist die Zustimmung der Bundesregierung erforderlich.

(6) Wenn im Schwerpunkt ausschließliche Gesetzgebungsbefugnisse der Länder auf den Gebieten der schulischen Bildung, der Kultur oder des Rundfunks betroffen sind, wird die Wahrnehmung der Rechte, die der Bundesrepublik Deutschland als Mitgliedstaat der Europäischen Union zustehen, vom Bund auf einen vom Bundesrat benannten Vertreter der Länder übertragen. Die Wahrnehmung der Rechte erfolgt unter Beteiligung und in Abstimmung mit der Bundesregierung; dabei ist die gesamtstaatliche Verantwortung des Bundes zu wahren.

(7) Das Nähere zu den Absätzen 4 bis 6 regelt ein Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf.
Abgelehnte Änderung des Grundgesetzes zu Art. 23 (2003)
(Etwaige Ergänzungen zum Originaltext sind blau!)


Inhalt:

Ergänzung Art. 23 Grundgesetz: Einführung eines Volksentscheids zur Annahme des Vertrags einer europäischen Verfassung (Annahme bei einer Mehrheit von 25 v.H. aller wahlberechtigten Bürger). Bei Bund, Ländern und Gemeinden entstehen Durchführungskosten.


Gang der Gesetzgebung:

Bundestag - Gesetzentwurf Ernst Burgbacher, FDP; Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, FDP; und andere; FDP 04.06.2003 Drucksache 15/1112

Bundestag - Plenarprotokoll 15/53 26.06.2003 S. 4311B-4315B

1. Beratung

Bundestag - Plenarprotokoll 15/53 26.06.2003 S. 4315B-4354C

Beschluss: S. 4354C - Überweisung: Rechtsausschuss (federführend), Innenausschuss, Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

Bundestag - Beschlussempfehlung und Bericht Rechtsausschuss 05.11.2003 Drucksache 15/1897

2. Beratung

Bundestag - Plenarprotokoll 15/72 06.11.2003 S. 6151D-6180C, 6185A-6187D, 6271B-6272B/Anl

Beschluss: S. 6185A - Ablehnung in namentlicher Abstimmung Drucksache 15/1112 (50:528:6)


A. Gesetzentwurf der Abgeordneten[...] und und Fraktion der FDP, Bundestag-Drucksache 15/1112, 04.06.2003


Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 23) zur Einführung eines Volksentscheids über eine europäische Verfassung

A. Problem

Mit der Erklärung des Europäischen Rates von Laeken am 15. Dezember 2001 wurde der Konvent für die Zukunft Europas eingesetzt und damit beauftragt, Antworten auf die wesentlichen Fragen zu entwickeln, welche die zukünftige Entwicklung der Europäischen Union aufwirft. Neben einer besseren Verteilung und Abgrenzung der Zuständigkeiten in der Europäischen Union, einer Vereinfachung der Instrumente sowie einer Verbesserung von Demokratie, Transparenz und Effizienz innerhalb der EU beinhaltet der Auftrag vor allem auch die Entwicklung des Weges zu einer Verfassung für die europäischen Bürger.

Der Konvent hat seine Arbeit weitgehend abgeschlossen und wird der Regierungskonferenz im Sommer dieses Jahres den Entwurf eines Verfassungstextes vorlegen. Nach Annahme dieses Verfassungstextes durch die europäischen Staats- und Regierungschefs wird der Entwurf im Sommer nächsten Jahres zur Ratifizierung anstehen.

Der Vorschlag des Konvents bereitet einen bedeutenden Reformschritt vor und stellt entscheidende Weichen für die Zukunft der europäischen Union. Eine so grundlegende Weiterentwicklung der Begründung der Europäischen Union und ihrer Grundlagen bedarf neben der Ratifikation durch die Mitgliedstaaten der Zustimmung der Bürger. Den Bürgern muss die Möglichkeit gegeben werden, sich im Wege des Volksentscheids durch ihr Votum zu dem Verfassungsentwurf zu bekennen.

B. Lösung

Mit der Ergänzung des Artikels 23 Grundgesetz wird ein Volksentscheid zur Annahme des Verfassungstextes in das Grundgesetz eingeführt.

C. Alternativen

Beibehaltung der geltenden Rechtslage.

D. Kosten

Volksentscheide führen zu Durchführungskosten beim Bund, vor allem aber bei den Ländern und Gemeinden, die der Bund zu erstatten hat. Hierzu gehören u. a. Kosten der Prüfung der Stimmberechtigung, von öffentlichen Bekanntmachungen, Druckkosten, Kosten für die Versendung von Abstimmungsbenachrichtigungen, Kosten der Feststellung von Abstimmungsergebnissen. Die bisherigen in- und ausländischen Erfahrungen bei Volksentscheiden zeigen aber, dass sich die daraus entstehenden Kosten in einem überschaubaren Rahmen halten.


1. Vorschlag


Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 23) zur Einführung eines Volkesentscheids über eine europäische Verfassung

Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen; Artikel 79 Abs. 2 des Grundgesetzes ist eingehalten:

§ 1
Änderung des Grundgesetzes

Das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949 (BGBl. I S. 1), zuletzt geändert durch …, wird wie folgt geändert:

Nach Artikel 23 Abs. 1 wird folgender neue Absatz 1a eingefügt:

„(1a) Die Zustimmung der Bundesrepublik Deutschland zu einem Vertrag, mit dem eine europäische Verfassung eingeführt wird, bedarf der Zustimmung durch einen Volksentscheid. Die Mehrheit bei dem Volksentscheid ist die Mehrheit der abgegebenen Stimmen, wenn sie mindestens ein Viertel der zum Bundestag Wahlberechtigten umfasst. Ein Volksentscheid wird auf Beschluss des Bundestages durchgeführt. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf.“

§ 2
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.


2. Begründung


A. Allgemeines

Mit der Erklärung des Europäischen Rates von Laeken am 15. Dezember 2001 wurde der Konvent für die Zukunft Europas eingesetzt und damit beauftragt, den Weg zu einer Verfassung für die europäischen Bürger zu entwickeln. Diese Verfassung soll den bisher geltenden Vertrag von Nizza ablösen und wichtige Reformziele der Europäischen Union, insbesondere eine bessere Verteilung und Abgrenzung der Zuständigkeiten, eine Vereinfachung der Instrumente und die Verbesserung von Demokratie, Transparenz und Effizienz innerhalb der EU verwirklichen.

Mit der Konventsmethode selbst ist erstmals ein offener, transparenter und parlamentarischer Weg der Vertragsreform gewählt worden. Die Bürger haben stärker als bei früheren Reformen die Möglichkeit, sich an den Reformdiskussionen zu beteiligen und Anregungen oder Kritik vorzubringen.

Dessen ungeachtet sind weitere Schritte notwendig, um eine gemeinsame demokratische und politische Kultur in Europa zu gestalten. Der Forderung nach mehr Bürgernähe und Transparenz in der EU müssen jetzt konkrete Schritte folgen.

Die Bundesrepublik Deutschland ist eine parlamentarischrepräsentative Demokratie, in der das Parlament als direkt vom Volk gewählte Vertretung für die Bürgerinnen und Bürger spricht und ihre Interessen wahrnimmt. Artikel 20 Abs. 2 Satz 2 GG sagt, dass die Staatsgewalt vom Volk „in Wahlen und Abstimmungen“ ausgeübt wird und zeigt damit die Möglichkeit weiterer Konstellationen der direkten Beteiligung des Volkes auf.

Artikel 29 GG, der sich mit der Neugliederung des Bundesgebietes befasst, sieht einen Volksentscheid vor und ist das bisher einzige konkret geregelte Beispiel unmittelbar demokratischer Elemente im Grundgesetz.

Die Europäische Union steht heute im Begriff, eine Verfassung zu verabschieden. Die Entscheidung über die Annahme einer Verfassung ist die grundlegendste aller politischen Entscheidungen. In einer Verfassung verständigen sich die Bürgerinnen und Bürger über Inhalt, Grenzen, Organisation, Ausgestaltung und Verteilung politischer Macht. Wenn die Europäische Union in Zukunft nicht mehr nur eine Union der Staaten, sondern auch eine Union der Bürger sein will, dann wäre ein Verfassungstext ohne ausdrückliche Zustimmung der Bürgerinnen und Bürger nicht ausreichend legitimiert. Nur wenn den Bürgerinnen und Bürgern ein echtes Mitwirkungsrecht zur Verfügung steht, wird es gelingen, sie auf dem weiteren Integrationsprozess mitzunehmen und sie für die europäische Idee zu begeistern.

Am Ende des Verfassungsprozesses muss daher der vom Konvent ausgearbeitete und von der Regierungskonferenz angenommene Verfassungstext in Deutschland nicht nur mit einer Zweidrittelmehrheit vom Deutschen Bundestag und Bundesrat ratifiziert werden. Es bedarf darüber hinaus der ausdrücklichen Zustimmung der Bürgerinnen und Bürger im Rahmen eines Volksentscheids.

B. Einzelbegründung

Zu § 1 (Änderung des Grundgesetzes)


Artikel 23 Abs. 1a Grundgesetz ist begrenzt auf den Fall eines Volksentscheids zur Einführung einer europäischen Verfassung.

Die Väter des Grundgesetzes haben vor gut 50 Jahren entschieden, die Bundesrepublik Deutschland als parlamentarisch- repräsentative Demokratie auszugestalten, in der die Bürgerinnen und Bürger durch eine von ihnen direkt gewählte Volksvertretung repräsentiert werden, ohne selbst unmittelbar an parlamentarischen Entscheidungen mitzuwirken. Dieses System hat sich grundsätzlich gut bewährt, es sollte nicht vorschnell grundlegend modifiziert werden. Der Volksentscheid bleibt daher auf die Abstimmung über die Annahme der europäischen Verfassung beschränkt.

Im Gesetz sind die Modalitäten des Volksentscheids zu regeln.

Die europäische Verfassung gilt als angenommen, wenn die Mehrheit der abgegebenen Stimmen sich dafür ausspricht. Artikel 23 Abs. 1a Grundgesetz sieht für die Mehrheit ein Quorum von 25 % aller zum Bundestag wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürger vor.

Das Quorum ist zur Annahme der Verfassung ausreichend, da die Ratifikation des europäischen Verfassungsvertrages im Deutschen Bundestag und im Bundesrat im Anschluss an die Volksabstimmung ihrerseits mit verfassungsändernder Zweidrittelmehrheit erfolgen muss. Beide Verfahren zusammen sichern die hinreichende Legitimation der europäischen Verfassung.

Zu § 2 (Inkrafttreten)

Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten des Gesetzes.


B. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses (6. Ausschuss), Bundestag-Drucksache 15/1897, 05.11.2003

zu dem Gesetzentwurf der Abgeordneten Ernst Burgbacher, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Daniel Bahr (Münster), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 15/1112 –

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 23) zur Einführung eines Volksentscheids über eine europäische Verfassung

A. Problem

Für das Jahr 2004 steht die Ratifizierung der Verfassung der Europäischen Union durch die Mitgliedstaaten an. Die Entscheidung über die Annahme einer Verfassung ist nach Auffassung der Fraktion der FDP die grundlegendste aller politischen Entscheidungen. Da die Europäische Union nicht mehr nur eine Union der Staaten, sondern auch eine Union der Bürger sein wolle, müsse den Bürgern die Möglichkeit gegeben werden, sich im Wege eines Volksentscheids zu dem Verfassungstext zu bekennen. Dazu sei es erforderlich, in Artikel 23 des Grundgesetzes einen Absatz einzufügen, der regelt, dass für die Zustimmung der Bundesrepublik Deutschland zur Einführung einer europäischen Verfassung die Zustimmung durch Volksentscheid notwendig ist.

B. Lösung

Ablehnung des Gesetzentwurfs mit den Stimmen der Fraktionen SPD, CDU/CSU und BÃœNDNIS 90/DIE GRÃœNEN gegen die Stimmen der Fraktion der FDP

C. Alternativen

Annahme des Gesetzentwurfs.

D. Kosten

Keine


Beschlußempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen, den Gesetzentwurf – Drucksache 15/1112 – abzulehnen.
Berlin, den 5. November 2003

Der Rechtsausschuss

Andreas Schmidt (Mülheim)
Vorsitzender

Hermann Bachmaier
Berichterstatter

Dr. Norbert Röttgen
Berichterstatter

Jerzy Montag
Berichterstatter

Rainer Funke
Berichterstatter

Bericht der Abgeordneten Hermann Bachmaier, Dr. Norbert Röttgen, Jerzy Montag und Rainer Funke

I. Ãœberweisung

Der Deutsche Bundestag hat den Gesetzentwurf auf der Drucksache 15/1112 in seiner 53. Sitzung am 26. Juni 2003 in erster Lesung beraten und zur federführenden Beratung dem Rechtsausschuss und zur Mitberatung dem Innenausschuss und dem Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union überwiesen.

II. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Der Innenausschuss hat die Vorlage in seiner 23. Sitzung am 5. November 2003 beraten und mit den Stimmen der Fraktionen SPD, CDU/CSU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion der FDP beschlossen, die Ablehnung des Gesetzentwurfs zu empfehlen. Der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union hat die Vorlage in seiner 32. Sitzung am 5. November 2003 beraten und mit den Stimmen der Fraktionen SPD, CDU/CSU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion der FDP beschlossen, die Ablehnung des Gesetzentwurfs zu empfehlen.

III. Beratung im Rechtsausschuss

Der Rechtsausschuss hat die Vorlage in seiner 30. Sitzung am 5. November 2003 abschließend beraten. Der Ausschuss hat mit den Stimmen der Fraktionen SPD, CDU/CSU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion der FDP beschlossen, die Ablehnung des Gesetzentwurfs zu empfehlen.

Die Fraktion der SPD erinnerte daran, dass sie in der vorangegangenen Wahlperiode einen Gesetzentwurf zu Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid eingebracht habe, der jedoch nicht die für eine Verfassungsänderung erforderliche Mehrheit erhalten habe. Sie sei weiterhin der Auffassung, dass das repräsentative System des Grundgesetzes durch die behutsame Einführung plebiszitärer Elemente abgerundet werden solle. Der Gesetzentwurf der

Fraktion der FDP müsse allerdings als typischerweise von einer Oppositionsfraktion einzubringender Entwurf qualifiziert werden. Es sei nämlich nicht sinnvoll nun in einem Einzelfall einen Volksentscheid durchzuführen, während man eine grundsätzliche Erweiterung der Verfassung um plebiszitäre Elemente ablehne. Die Fraktion der SPD strebe die Einordnung der Bürgerbeteiligung in das Grundgesetz an und lehne daher eine Entscheidung lediglich für einen Einzelfall ab. Gegen die Durchführung eines Volksentscheides über die Zustimmung zur europäischen Verfassung sprechen nach Auffassung der Fraktion der SPD allerdings nicht nur systematische sondern auch konkrete Gründe. So würde eine Abstimmung über die europäische Verfassung eine europaweite Abstimmung erfordern. Diese wiederum würde dazu führen, dass eine fehlende Mehrheit in einem einzelnen europäischen Land bei Vorhandensein einer Mehrheit von Befürwortern keine Rolle spielen würde. Die Durchführung einer europaweiten Abstimmung würde zudem vom derzeitigen europäischen Staatenverbund zu einem europäischen Bundesstaat führen. Schließlich sei das von der Fraktion der FDP geforderte Quorum von 25 Prozent nicht ausreichend. Denn eine Zustimmung von 13 Prozent wäre keine ausreichende Legitimation für eine europäische Verfassung.

Die Fraktion der CDU/CSU lehnte den Gesetzentwurf ebenfalls ab. Sie betonte, dass es sich um eine Grundsatzfrage handele, die auch als solche entschieden werden müsse und nicht einzelfallbezogen beurteilt werden dürfe. Nach Auffassung der Fraktion der CDU/CSU ist das parlamentarische Verfahren dem plebiszitären Verfahren überlegen, da es repräsentativ und zudem lernfähig sei. Plebiszitäre Verfahren seien demgegenüber Verhinderungsverfahren und böten nicht die Möglichkeit zu gestalten. Darüber hinaus führten sie zu einer Minderheitendemokratie, da die Beteiligungsquote in der Regel niedrig sei. Die fundamentale Frage nach der besseren Form der Demokratie in Deutschland dürfe keinesfalls nach parteitaktischer Opportunität entschieden werden. So handele es sich bei dem Gesetzentwurf der FDP, der lediglich einen Teilaspekt betrachte, um einen populistischen Vorstoß, der abzulehnen sei. Zudem sei der konkrete Gesetzestext so gefasst, dass eventuelle künftige Änderungen der europäischen Verfassung keines Volksentscheides mehr bedürften. Somit handele es sich formell um ein Maßnahmegesetz, das auch aus diesem Grund abzulehnen sei.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erklärte, dass sie sich weiter dafür einsetzen werde, dass die Möglichkeit eines Volksentscheides in der Verfassung verankert werde und auch dass europaweit über die EU-Verfassung die Bevölkerung entscheidet. Dem von der Fraktion der FDP vorgelegten Gesetzentwurf könne sie jedoch gleichwohl nicht zustimmen. Der Entwurf sehe nämlich vor, dass das Volk aufgrund einer Entscheidung des Parlamentes die Möglichkeit erhalte, selbst zu entscheiden. Die grundsätzlich andere Philosophie der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sei jedoch, dass einem Volksentscheid eine Volksinitiative vorausgehe. Denn die Tatsache, dass aus der Bevölkerung heraus die Initiative ergriffen werde, zeige an, dass die Bürger mobilisiert und motiviert sind, so dass mit einer ausreichenden Beteiligung gerechnet werden könne.

Die Fraktion der FDP betonte, dass die europäische Verfassung entscheidende Weichen für die Zukunft der europäischen Union stelle. Insofern sei der Gesetzentwurf nicht populistisch, sondern allenfalls populär. Um die Bevölkerung bei einer derart wichtigen Entscheidung „mitzunehmen“, sei es erforderlich, sie über die Annahme der Verfassung mitentscheiden zu lassen. Auf diese Weise könne der deutschen Bevölkerung Europa bewusster und transparenter gemacht werden und klar gestellt werden, welche Fragen noch auf nationaler und welche bereits auf supranationaler Ebene entschieden würden. Hierzu müsse das Grundgesetz geändert und für die Annahme der Verfassung der Volksentscheid eingeführt werden.


C. Weiterer Fortgang des Gesetzes


Dieser Vorschlag fand nicht die notwendige Zustimmung. Deshalb wurde er nie Bestandteil des Grundgesetzes.
In dieser Kommentarsreihe werden insbesondere folgende Abkürzungen und Quellen verwendet:
a.A. = Anderer Ansicht
AG = Arbeitgeber (evtl. auch einmal "Aktiengesellschaft")
AGBs, AGB´s = Allgemeine Geschäftsbedingungen
AG = Amtsgericht
ArbG = Arbeitsgericht (gelegentlich auch für Arbeitgeber!)
ArbGG = Arbeitsgerichtsgesetz
AT = Austria, Österreich
BAG = Bundesarbeitsgericht (BRD)
BGB = Bürgerliches Gesetzbuch (BRD)
BGH = Bundesgerichtshof (BRD)
BRD = Bundesrepublik Deutschland
BVerwG = Bundesverwaltungsgericht
CH = Schweiz
Dornb./W.- ... Dornbusch/Wolff-(Bearbeiter), KSchG, arbeitsrechtliche Kurzkommentare, Luchterhand-Verlag
EuGH = Europäischer Gerichtshof
EU = Europäische Union
h.M. = Herrschende Meinung
KSchG = Kündigungsschutzgesetz
LAG = Landesarbeitsgericht
OGH = Oberster Gerichtshof (Österreich)
OLG = Oberlandesgericht (BRD)
OVG = Oberverwaltungsgericht (BRD)
Pal.- ... = Palandt-(Bearbeitername), Kurzkommentar zum BGB, C.H. Beck-Verlag
PM = Pressemitteilung
m.M. = Mindermeinung
Staudinger-... = Staudinger-(Bearbeiter, Kommentar zum BGB
str. = strittig, streitig
u.a. = unter anderem
u.U. = Unter Umständen
ZPO = Zivilprozeßordnung