Di, 14. Mai 2024, 09:24    |  Login:  User Passwort    Anmelden    Passwort vergessen
ARBEITSPLATTFORM NEWS URTEILE GESETZE/VO KOMMENTARE SITEINFO/IMPRESSUM NEWSLETTER
GG
Grundgesetz
Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland
Art. 28 (Regelung seit 25.10.1997)
(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.
Abgelenhte Änderung des Grundgesetzes (Gemeindefinanzreform) zu Art. 28 (2004)
(Etwaige Ergänzungen zum Originaltext sind blau!)


Inhalt:

Änderung der Art. 28 und 106 Grundgesetz: konjunkturunabhängige Finanzgrundlage der Gemeinden durch Abschaffung der Gewerbesteuer, wesentliche Erhöhung des Mehrwertsteueranteils der Gemeinden und Umwandlung des Gemeindeanteils an der Lohn- und Einkommensteuer in eine Kommunalsteuer, Verankerung des Konnexitätsprinzips im Grundgesetz. Das Gesamtvolumen der öffentlichen Haushalte wird nicht verändert, Bürokratiekosten werden gesenkt.


Gang der Gesetzgebung:

Bundestag - Gesetzentwurf Dr. Andreas Pinkwart, FDP; Dr. Hermann Otto Solms, FDP; und andere; FDP 26.05.2004 Drucksache 15/3232

1. Beratung

Bundestag - Plenarprotokoll 15/148 16.12.2004 S. 13901D-13910D

Beschluss: S. 13910D - Überweisung: Rechtsausschuss (federführend), Innenausschuss, Finanzausschuss, Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft, Haushaltsausschuss


A. Gesetzentwurf der Abgeordneten[...] und der Fraktion der FDP, Bundestag-Drucksache 15/3232, 26. 05. 2004

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Gemeindefinanzreform)

A. Problem

Unsere Städte und Gemeinden stecken in einer tiefen Finanzkrise. Die Kassen sind leer. Die Folgen sind für die Bürgerinnen und Bürger offensichtlich: Dringend erforderliche Reparaturen an Schulen, Kindergärten, Sportstätten, Krankenhäusern und Straßen werden mangels ausreichender Finanzausstattung nicht vorgenommen. Gelder für Jugendarbeit werden gestrichen. Büchereien, Schwimmbäder, Museen und Theater werden geschlossen.

Viele Städte und Gemeinden sind nicht mehr in der Lage, dort die Aufgaben für die Menschen zu erfüllen, wo sie leben. Die kommunale Selbstverwaltung ist in höchstem Maße gefährdet.

Die Haushaltsmisere der Kommunen geht besonders zu Lasten des traditionell hohen Anteils der Städte und Gemeinden an den öffentlichen Investitionen. Die anhaltende Investitionsschwäche der Kommunen verschärft die konjunkturelle Situation zusätzlich und gefährdet die Zukunftsfähigkeit des Landes.

Die Kommunen müssen daher dringend auf eine solide, unbürokratische und konjunkturunabhängige Finanzgrundlage gestellt werden. Diese muss so kräftig sein, dass die Kommunen ihre Aufgaben sachgerecht und angemessen erfüllen können. Die Finanzierung muss dem Grundsatz der Steuergerechtigkeit und Angemessenheit unterliegen. Soweit das Äquivalenzprinzip über Gebühren und Beiträge für die Finanzierung kommunaler Leistungen nicht herangezogen werden kann, sind die Bürger und Unternehmen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit zu besteuern. Hierzu bedarf es einer tief greifenden Strukturreform.

Voraussetzung für eine solide und gerechte Finanzausstattung der Kommunen und eine Belebung der Wachstumskräfte ist der vollständige Ersatz der Gewerbesteuer. Die Gewerbesteuer stellt aufgrund ihrer Konjunkturanfälligkeit und Einzelbetriebabhängigkeit kein berechenbares und stabiles Fundament der kommunalen Haushalte dar. Sie ist zudem ein Fremdkörper im Steuersystem. Die Gewerbesteuer steht einer grundlegenden Steuervereinfachung durch die Gleichbehandlung und Zusammenfassung von Einkunftsarten im Wege. Ihre Sonderrolle erschwert darüber hinaus eine gerechte und nachvollziehbare Ausgestaltung des bundeseinheitlichen Finanzausgleichs. So müssen die Gemeinden einen Teil der ihnen zustehenden Erträge aus der Gewerbesteuer über die Gewerbesteuerumlage wieder an Bund und Länder abführen.

Um die Kumulation von Einkommen- und Gewerbesteuer partiell zu beseitigen, wurde zudem die Möglichkeit der Anrechnung geschaffen, die ihrerseits wieder neue Ungerechtigkeiten schafft und die Steuersystematik weiter aushöhlt. Darüber hinaus ist es unwirtschaftlich, dass der Gesetzgeber den Unternehmen die aufwendige Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Gewerbesteuer zumutet, wenn die Belastung anschließend teilweise wieder neutralisiert wird.

DesWeiteren stellt die Gewerbesteuer eine im internationalen Vergleich nahezu unbekannte Sonderbelastung für Arbeitsplätze und Investitionen in Deutschland dar. Sie verzerrt den Wettbewerb, weil sie ausschließlich die Exporte belastet und nicht die Importe. Die Gewerbesteuer verkompliziert das Steuerrecht und ist als unkalkulierbare Finanzquelle eine fortwährende Existenzbedrohung für die Städte und Gemeinden.

B. Lösung

Zentraler Reformansatz ist daher die Abschaffung der Gewerbesteuer und ihr Ersatz durch zwei starke Säulen der Gemeindefinanzierung.

Als erste Finanzierungssäule und als Ersatz für die Gewerbesteuereinnahmen wird der Anteil der Städte und Gemeinden an der Umsatzsteuer wesentlich erhöht. Bisher bekommen die Gemeinden 2,2 Prozent von der Mehrwertsteuer, Bund und Länder je 48,9 Prozent. Schafft man die Gewerbesteuer ab, so steigen wegen deren Anrechenbarkeit auf die Einkommen- und Körperschaftsteuer die Einnahmen von Bund und Ländern. Mit diesem Geld kann der Anteil der Gemeinden an der Mehrwertsteuer wesentlich (auf rund 11,5 Prozent) erhöht werden, ohne die Steuern insgesamt anheben zu müssen. Damit erhalten die Gemeinden eine stabile und verlässliche Einnahmequelle. Als Verrechnungsschlüssel für die Höhe des Umsatzsteueranteils dient die Anzahl der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze in der privaten Wirtschaft der jeweiligen Gemeinde. Auf diese Weise kann das Band zwischen Wirtschaft und Gemeinde nachhaltig gestärkt werden. Zur Gewährleistung der Wirtschaftskraftbezogenheit der Mittelverteilung können darüber hinaus auch andere Kenngrößen herangezogen werden.

Die zweite Finanzierungssäule bildet die Umwandlung des gemeindlichen Anteils an der Lohn- und Einkommensteuer in eine Kommunalsteuer. Bislang erhalten die Gemeinden einen 15prozentigen Anteil an der Lohn- und Einkommensteuer. An seine Stelle tritt die Kommunalsteuer, die als gemeindlicher Zuschlag in gleicher Höhe auf die Lohn- und Einkommensteuer sowie die Körperschaftsteuer erhoben werden kann. Gleichzeitig wird der Lohn- und Einkommensteuertarif entsprechend gesenkt, so dass im Ganzen keine zusätzlichen Belastungen für die Lohn- und Einkommensteuerzahler entstehen. Die Städte und Gemeinden legen die Höhe der Kommunalsteuer selber fest. Die Bürger erfahren dann über ihren Steuerbescheid, wie gut die Politik vor Ort mit den Einnahmen umgeht. Die Bürger haben dann eine bessere Möglichkeit, über die Kommunalpolitik auf die Höhe der Steuerbelastung Einfluss zu nehmen. Die Kommunalpolitik hat einen entsprechend höheren Anreiz zu sparsamer Haushaltsführung.

Zum Zwecke einer klaren Zuordnung von Aufgabe, Kompetenz und Verantwortung muss das Konnexitätsprinzip auch im Grundgesetz verankert werden. Bund und Länder dürfen künftig ohne finanziellen Ausgleich keine Gesetze mehr erlassen, die die Städte und Gemeinden zu zusätzlichen Ausgaben verpflichten. Hierzu ist die Selbstverwaltungsgarantie um eine entsprechende Gewährleistungsformel zu ergänzen.

C. Alternativen

Keine

D. Finanzielle Auswirkungen

Das Gesamtvolumen der öffentlichen Haushalte wird nicht verändert.

E. Sonstige Kosten

Bürokratiekosten werden gesenkt bzw. abgebaut.


1. Vorschlag


Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Gemeindefinanzreform)

Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen; Artikel 79 Abs. 2 des Grundgesetzes ist eingehalten:

Artikel 1

Änderung des Grundgesetzes

Das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 100-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch das Gesetz vom 26. Juli 2002 (BGBl. I S. 2863), wird wie folgt geändert:

1. Artikel 28 Abs. 2 wird wie folgt geändert:

a) In Satz 3 werden nach dem Wort „Hebesatzrecht“ die Wörter „oder Zuschlagbestimmungsrecht“ eingefügt.

b) Nach Satz 3 wird folgender Satz 4 angefügt:

„Der Gesetz- und Verordnungsgeber muss Bestimmungen über die Deckung der Kosten treffen, wenn er die Gemeinden oder Gemeindeverbände durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes zur Erfüllung bestimmter Aufgaben verpflichtet.“

2. Artikel 106 wird wie folgt geändert:

a) In Absatz 3 Satz 1 werden die Wörter „soweit das Aufkommen der Einkommensteuer“ durch die Wörter „soweit das Aufkommen der Einkommen- und der Körperschaftsteuer“ ersetzt.

b) Absatz 5 wird wie folgt gefasst:

„(5) Die Gemeinden erhalten einen Anteil am Aufkommen der Einkommen- und der Körperschaftsteuer. Dieser wird als einheitlicher, prozentualer Zuschlag zur Einkommen- und Körperschaftsteuerschuld erhoben (Kommunalsteuer) und in seiner Höhe von den Gemeinden jeweils durch Satzung festgelegt. Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf.“

c) Absatz 5a Satz 1 wird wie folgt gefasst:

„Die Gemeinden erhalten einen wesentlichen Anteil an dem Aufkommen der Umsatzsteuer.“

d) Absatz 6 wird wie folgt gefasst:

„(6) Das Aufkommen der Grundsteuer steht den Gemeinden, das Aufkommen der örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern steht den Gemeinden oder nach Maßgabe der Landesgesetzgebung den Gemeindeverbänden zu. Den Gemeinden ist das Recht einzuräumen, die Hebesätze der Grundsteuer im Rahmen der Gesetze festzusetzen. Bestehen in einem Land keine Gemeinden, so steht das Aufkommen der Grundsteuer sowie der örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern dem Land zu. Nach Maßgabe der Landesgesetzgebung können die Grundsteuer, der gemeindliche Zuschlag zur Einkommen- und Körperschaftsteuer sowie der Gemeindeanteil am Aufkommen der Umsatzsteuer als Bemessungsgrundlagen für Umlagen zugrunde gelegt werden.“

Artikel 2

Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt mit Beginn des zweiten Kalenderjahres nach der Verkündung in Kraft.


2. Begründung


A. Allgemeines

Die Zunahme der Aufgaben des Staates und seiner Gliederungsebenen, die nicht zuletzt durch die Einbindung als Vollzugssubjekt der Europäischen Union noch verstärkt worden ist, hat schon vielfältige Beschreibung und Analyse gefunden. Auf der kommunalen Ebene ist diese Entwicklung besonders nachhaltig und fühlbar. Die Kenntnis des Sachverhaltes kann heute als Allgemeingut gelten.

Mit der Aufgabenvermehrung geht ein Ausgabenanstieg einher, der mit der Ressourcenverteilung auf den einzelnen staatlichen Ebenen kaum noch zusammenpasst. Schwächstes Glied sind dabei die Kommunen. Sie sind Adressat zahlreicher Aufgabenzuweisungen, verfügen aber nur sehr begrenzt über entsprechende Einnahmemöglichkeiten und kommen angesichts der Aufgaben- wie Ausgabenlast kaum noch zur Erfüllung ihrer eigentlichen Aufgaben, nämlich die „Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft in eigener Verantwortung zu regeln“ (Artikel 28 Abs. 2 Satz 1 GG). Gerade für freiwillige Selbstverwaltungsaufgaben, deren örtliche Unterschiedlichkeit den Reiz der kommunalen Arbeit ausmacht und die Grundlage für einen am Wohl der Bürger orientierten kommunalen Wettbewerb darstellt, fehlen die Mittel. Verfassungsänderungen wie 1997 bei Artikel 28 Abs. 2 Satz 3, Artikel 106 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 6 GG haben keine Abhilfe schaffen können, sondern allenfalls eine Verschärfung des Problembewusstseins erreicht. Die allgemeine Konjunkturschwäche hat diese Fehlentwicklungen mittlerweile noch gravierender deutlich werden lassen.

Die anhaltende dramatische Haushaltslage der Kommunen macht einen entschiedenen Reformschritt unumgänglich. Notwendig ist eine Reform der grundgesetzlichen kommunalen Finanzverfassung, die das Problem an der Wurzel packt.

Grundsätzlich steht für alle Hoheitsebenen im gegliederten Staat, für alle Verwaltungsträger, die Aufgaben finanzieren sollen, nur eine Finanzmasse zur Verfügung. Diese ist bereits ökonomisch begrenzt, weil sonst der Produktivbereich, welcher die Gelder erwirtschaftet, an denen die Hoheitsseite via Steuer- und Abgabenerhebung partizipieren will, niedergedrückt würde. Unternehmergeist würde erlöschen, Arbeitsplätze würden ins Ausland verlagert, tendenziell käme die Volkswirtschaft zum Erliegen. Bei jeder Neufassung des Finanzausgleichs muss deshalb darauf geachtet werden, dass die Lasten für das produzierende Gewerbe und für die schöpferischen, sozialaktiven wie investitionsbereiten Menschen nicht höher werden oder besser noch gesenkt werden können. Das Steueraufkommen darf keinesfalls steigen.

Der Gesetzentwurf will diesem Aspekt durch die Streichung einer möglichen Gewerbesteuererhebung sowie durch die legislatorische Empfehlung einer Stabilhaltung der Einkommensteuerbelastung Rechnung tragen. Das veränderte Lastengewicht auf den verschiedenen Hoheitsebenen soll durch eine neue Kommunalsteuer (in Gestalt eines prozentualen, gleich hohen Zuschlags zur Einkommen- und Körperschaftsteuer, der von den Städten und Gemeinden eigenständig festgelegt wird) sowie durch einen ertragreicheren Kommunalanteil an der Umsatzsteuer aufgefangen werden. Die Stabilisierung bzw. Verstetigung der damit erreichten finanzverfassungsrechtlichen Grundverhältnisse soll durch eine Justierung bzw. Ausweitung des Konnexitätsprinzips für die Kommunen erreicht werden.

B. Zu den einzelnen Vorschriften

Zu Artikel 1 Nr. 1

Zu Buchstabe a


Durch das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 20. Oktober 1997 (BGBl. I S. 2470) ist den Gemeinden in Artikel 28 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 GG eine „wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle“ zugesichert. Die eigenverantwortliche Bestimmung über diese Einnahmegrundlage sollte durch ein gemeindliches Hebesatzrecht gewährleistet werden. Unabhängig von dem Streit über Sinn und Wirkung dieser Grundgesetzergänzung herrscht in Rechtsprechung und Wissenschaft Einigkeit darüber, dass eine Stärkung der kommunalen Finanzhoheit und damit der kommunalen Selbstverwaltung beabsichtigt war.

Die eigenverantwortliche Festlegung der definitiven gemeindlichen Steuererhebung kann aber nicht nur durch ein Hebesatzrecht, sondern auch – wie vorgeschlagen – durch ein kommunales Zuschlagsrecht erreicht werden. Der Artikel 28 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 GG ist zu ergänzen.

Zu Buchstabe b

Eine wirklich effektive Sicherung des Konnexitätsprinzips für die Kommunen ist zunächst formell nur durch eine Verankerung in Artikel 28 Abs. 2 GG zu erreichen. Eine Einfügung bei Artikel 104a Abs. 3 GG, wie sie der einundsechzigste Deutsche Juristentag 1996 vorgeschlagen hat (Beschluss II der Abteilung Verfassungsrecht, in Sitzungsberichte Bd. II/1, S. M 76) bzw. in den Absätzen 1, 2, 3 oder 5 von Artikel 104a GG würde ebenso wie eine Verankerung beispielsweise in Artikel 106 Abs. 8 GG ein kommunalbezogenes Konnexitätsprinzip nur als objektiven Rechtsgrundsatz behandeln und damit aus Sicht der Kommunen lediglich begrenzten Fortschritt bedeuten. Wichtig ist demgegenüber, dass ein verfassungsrechtlicher Zusammenhang zur Finanzhoheit – in der geltenden Grundgesetzfassung in Artikel 28 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 1 angesprochen – hergestellt wird und die Kommunen die Einhaltung des Konnexitätsprinzips auch verfassungsgerichtlich überprüfen lassen können. Entscheidend ist daher eine Absicherung des Konnexitätsprinzips über die subjektive Rechtsstellungsgarantie der Kommunen, da nur so eine wirkliche Verknüpfung von Aufgabenzugriff und finanziellem Ausgleich hergestellt werden kann. Deshalb ist eine Ergänzung des Artikels 28 Abs. 3 GG um einen entsprechenden Satz notwendig.

Bei der Formulierung dieser Konnexitätsgarantie hat sich der Entwurf an jenen Landesverfassungen orientiert, die bereits ein striktes Konnexitätsprinzip enthalten. Es ist dies die Mehrzahl der Flächenländer, während die anderen noch an einem summarischen bzw. an einem relativen Konnexitätsprinzip festhalten. Insofern hat die Verankerung im Grundgesetz auch eine ganz eigene Bedeutung. Der Bund, d. h. der Bundesgesetzgeber, wird davon nur marginal erfasst, denn unmittelbare Aufgabendurchgriffe zu den Kommunen sind ihm in der Regel untersagt. Gegenüber den Ländern ist er ohnehin bereits durch Artikel 104a Abs. 1 und 2 GG zur Konnexität verpflichtet. Hauptadressat sind deshalb die Länder. Bei ihnen werden die Verfassungen, die den aufgabenverlagernden Landesgesetzgeber normativ einschwören, nun – soweit noch dahinter zurückbleibend – auf das Niveau der Grundgesetzfestlegung aufgestockt.

Kennzeichen des statuierten strikten gegenüber einem bloß summarischen oder relativen Konnexitätsprinzips ist, dass bei Aufgabenübertragungen nicht nur allgemein eine Bestimmung über die Deckung der Kosten getroffen werden muss, sondern bei effektiver Mehrkostenveranlassung auch ein voller finanzieller Ausgleich vorzusehen ist. Da die Gemeindeverbände – also zentral die Kreise – praktisch gemeindegleichwertige Selbstverwaltungsträger sind und ganz ähnlich wie jene mit staatlich veranlassten Aufgaben belastet werden, sind auch sie in das neue Konnexitätsprinzip einzubeziehen.

Zu Artikel 1 Nr. 2

Zu Buchstabe a


Die Beteiligung der Gemeinden an der Körperschaftsteuer ist als Ersatz für die Gewerbesteuer notwendig, weil nur so neben den Bürgern auch die ortsansässigen Kapitalgesellschaften zur Finanzierung der kommunalen Haushalte beitragen.

Zu Buchstabe b

Die Städte und Gemeinden dürfen eine Kommunalsteuer als gleich hohen Zuschlag auf die Einkommen- und Körperschaftsteuer erheben. Sie soll in einem einheitlichen Steuersatz für die Einkommensteuerpflichtigen und die Kapitalgesellschaften gelten und ist damit rechtsformneutral.

Die Kommunalsteuer führt dazu, dass alle Einwohner und Unternehmen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit an der Finanzierung ihrer Gemeinde beteiligt werden. Der Kommunalsteuersatz wird auf der Lohnsteuerkarte gesondert ausgewiesen und ist damit für Bürger und Unternehmen auch transparent. Die Kommunalsteuer fördert damit die Wahrnehmung der konkreten gemeindlichen Anstrengungen und Finanzbedarfe, steigert das kritische Interesse für die erbrachten Leistungen und animiert zur Beteiligung bei der Selbstverwaltung.

Da sich durch diese kommunale Finanzreform das Steueraufkommen insgesamt nicht verändern soll, sind Änderungen der Steuergesetze durch den Gesetzgeber notwendig. Wegen des Wegfalls der Gewerbesteuer kann z. B. die Körperschaftsteuer so angehoben werden, dass die bisherige durchschnittliche Belastung der Kapitalgesellschaften durch Körperschaftsteuer plus Gewerbesteuer künftig der Belastung durch Körperschaftsteuer plus Kommunalsteuer entspricht. Weil die Kommunalsteuer der Einkommensteuerpflichtigen an die Stelle des bisherigen 15prozentigen Anteils der Gemeinden am Einkommensteueraufkommen tritt, sind die Einkommensteuertarife entsprechend abzusenken. Aufkommensneutralität wäre etwa bei einem Kommunalsteuersatz (als Zuschlag zur tariflichen Einkommensteuer) von 13 Prozent erreicht. (Der derzeit 15prozentige Anteil der Kommunen am Einkommensteueraufkommen entspricht 11 Prozent der tariflichen Einkommensteuer. Ein Zuschlag von 13 Prozent auf die um 11 Prozent abgesenkte tarifliche Einkommensteuer ergibt Aufkommensneutralität.) Letztlich soll die Höhe des Zuschlags aber von den Gemeinden selbst bestimmt, also vom Gesetzgeber nicht festgeschrieben werden.

Durch die Einheitlichkeit des prozentualen Gemeindezuschlags zu Einkommen- und Körperschaftsteuer wird nicht nur die Übersichtlichkeit des neuen Steuerinstrumentes gewährleistet, sondern auch der Verwaltungsaufwand niedrig gehalten. Da die Gemeinden den Kommunalsteuerzuschlag nach ihrem Finanzbedarf individuell festlegen, wird vor allem die kommunale Eigenverantwortung gestärkt. Dadurch entsteht zwischen den Gemeinden der erwünschte Wettbewerb, der möglichst günstige Ansiedlungsbedingungen zeitigen will und ernsthafte Anreize zur Sparsamkeit bei der Verwendung der Steuermittel erzeugt.

Zu Buchstabe c

Die Einnahmezuwächse bei den Ertragsteuern, die durch die Abschaffung der Gewerbesteuer entstehen, und die zu erwartende bzw. empfohlene Anhebung der Körperschaftsteuer führen zu Mehreinnahmen bei Bund und Ländern. Für die Gemeinden verbliebe indessen trotz Einführung der Kommunalsteuer noch ein Einnahmedefizit von etwa der gleichen Größenordnung. Dieses Defizit muss über die Erhöhung des Anteils der Gemeinden an der Umsatzsteuer ausgeglichen werden. Seit Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer 1998 erhalten die Gemeinden bereits einen Anteil von 2,2 Prozent an der Umsatzsteuer. Wenn dieser Anteil etwa um 9,3 Prozent-Punkte auf etwa 11,5 Prozent erhöht würde, ergäbe sich nicht nur eine weitgehende Aufkommensneutralität der konzipierten Finanzverfassungsreform. Über den erhöhten Anteil an der Umsatzsteuer gewännen die Gemeinden auch eine ergiebige und im Grunde konjunkturunabhängige Einnahmequelle. Insoweit bedeutet die Verpflichtung zur „wesentlichen“ Beteiligung eine zwingende inhaltliche Vorgabe für den Gesetzgeber. Es ist nicht mehr mit einem marginalen, wenige Prozentpunkte umfassenden Anteil getan. Es muss vielmehr ein nennenswertes, solides Stück des Gesamtaufkommens als Gemeindequote ausgewiesen werden.

Dass im Übrigen der Vorgabe aus Artikel 106 Abs. 5a Satz 2 GG, der einen orts- und wirtschaftskraftbezogenen Schlüssel für die Verteilung vorsieht, besser als bisher entsprochen werden könnte, wenn man die Verteilung der Umsatzsteuer ausschließlich nach der Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten (ohne Beschäftigte von Gebietskörperschaften, Behörden und Sozialversicherungen) vornähme, sei nur der Vollständigkeit halber angemerkt. Andere Kriterien sollten zudem geprüft werden. Auch dies anzuordnen, wäre indessen eine Aufgabe des einfachen Gesetzgebers, die über das Gebot des Artikels 106 Abs. 5a Satz 2 GG hinaus nicht durch Verfassungsvorgaben noch weiter stimuliert werden kann.

Zu Buchstabe d

Die Änderungen in Artikel 106 Abs. 6 GG entziehen der Erhebung der Gewerbesteuer die Grundlage. Man könnte die Gewerbesteuer zwar auch bei unveränderter Grundgesetzfassung abschaffen, indem der einfache Gesetzgeber die Vorschriften über ihre Erhebung beseitigte. Denn die Bestimmungen über das Aufkommen der Gewerbesteuer (ebenso wie der Grundsteuer) in Artikel 106 Abs. 6 GG a. F. sind wohl so zu lesen, dass sie nur greifen, sofern der Gesetzgeber tatsächlich eine Erhebung von Gewerbesteuer vorsieht. Der definitive Wegfall der Gewerbesteuer erscheint aber so wichtig und grundlegend, dass auch die Grundgesetzfassung dem Rechnung tragen sollte. Die Änderungen schaffen Rechtsicherheit und vermeiden, dass eine Diskussion wie um die Wiedererhebung der Vermögensteuer geführt wird.

Die Gewerbesteuer stellt im internationalen Vergleich eine weitgehende Sonderbelastung für die Unternehmen in Deutschland dar. Sie behindert Investitionen und die Schaffung von Arbeitsplätzen. Sie wirkt wettbewerbsverzerrend. Für die Gemeinden ist die Gewerbesteuer außerdem viel zu konjunkturanfällig. Sie erschwert daher eine nachhaltige Einnahmeplanung. Schließlich hat sich die Gewerbesteuer durch mannigfache Befreiungstatbestände auch immer mehr zu einer präsumtiven Großbetriebssteuer entwickelt. Die Abschaffung einer ganzen Steuerart ist zudem ein wesentlicher Beitrag zum Bürokratieabbau.

Eine Rekonstruktion oder Ausweitung der Gewerbesteuer würde hunderttausende von Arbeitsstätten und Ausbildungsbetrieben mit zusätzlicher Abgabenlast sowie Bürokratie überziehen. Forderungen, der Konjunkturanfälligkeit der Gewerbesteuer durch eine Erweiterung der Bemessungsgrundlage um ertragsunabhängige Anteile von Mieten, Pachten und Leasingraten zu begegnen, würden sich als wirtschaftspolitischer Bumerang erweisen und den Gemeinden nicht helfen. Wenn der Staat unabhängig von der Ertragslage Steuern erhebt, wird die Eigenkapitaldecke der Unternehmen noch dünner und die Insolvenzwahrscheinlichkeit noch höher. Das gilt insbesondere für Unternehmen, die nur geringe Gewinne machen oder gar Verluste schreiben. Rezessive Kräfte würden verstärkt, was sich ebenso nachteilig für die allgemeine Beschäftigungslage wie für die öffentlichen Haushalte auswirken müsste. Die Gemeinden brauchen statt der kontraproduktiven Gewerbesteuer eine solidere, unbürokratische und stärker konjunkturunabhängige Finanzgrundlage.


C. Weiterer Fortgang des Gesetzes


Dieser Vorschlag fand nicht die notwendige Zustimmung. Deshalb wurde er nie Bestandteil des Grundgesetzes.
In dieser Kommentarsreihe werden insbesondere folgende Abkürzungen und Quellen verwendet:
a.A. = Anderer Ansicht
AG = Arbeitgeber (evtl. auch einmal "Aktiengesellschaft")
AGBs, AGB´s = Allgemeine Geschäftsbedingungen
AG = Amtsgericht
ArbG = Arbeitsgericht (gelegentlich auch für Arbeitgeber!)
ArbGG = Arbeitsgerichtsgesetz
AT = Austria, Österreich
BAG = Bundesarbeitsgericht (BRD)
BGB = Bürgerliches Gesetzbuch (BRD)
BGH = Bundesgerichtshof (BRD)
BRD = Bundesrepublik Deutschland
BVerwG = Bundesverwaltungsgericht
CH = Schweiz
Dornb./W.- ... Dornbusch/Wolff-(Bearbeiter), KSchG, arbeitsrechtliche Kurzkommentare, Luchterhand-Verlag
EuGH = Europäischer Gerichtshof
EU = Europäische Union
h.M. = Herrschende Meinung
KSchG = Kündigungsschutzgesetz
LAG = Landesarbeitsgericht
OGH = Oberster Gerichtshof (Österreich)
OLG = Oberlandesgericht (BRD)
OVG = Oberverwaltungsgericht (BRD)
Pal.- ... = Palandt-(Bearbeitername), Kurzkommentar zum BGB, C.H. Beck-Verlag
PM = Pressemitteilung
m.M. = Mindermeinung
Staudinger-... = Staudinger-(Bearbeiter, Kommentar zum BGB
str. = strittig, streitig
u.a. = unter anderem
u.U. = Unter Umständen
ZPO = Zivilprozeßordnung
Urteile nach 12.03.2008, also nach Abschluss dieser Kommentierung