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GG
Grundgesetz
Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland
Art. 15 (Regelung seit 23.05.1949)
Grund und Boden, Naturschätze und Produktionsmittel können zum Zwecke der Vergesellschaftung durch ein Gesetz, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt, in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft überführt werden. Für die Entschädigung gilt Artikel 14 Absatz 3 Satz 3 und 4 entsprechend.
Franz-Anton Plitt
 (Internet entrepreneur)
 Chisinau
 (Moldova)


Stand: 03.04.2008
Abgelehnte Änderung des Grundgesetzes zu Artikel 15 (2001)
(Etwaige Ergänzungen zum Originaltext sind blau!)


Inhalt:

Aufhebung von Art. 15 Grundgesetz (Vergesellschaftung von Grund und Boden, Naturschätzen und Produktionsmitteln). Es entstehen keine Kosten.


Gang der Gesetzgebung:

Bundestag - Gesetzentwurf Rainer Brüderle, F.D.P.; Rainer Funke, F.D.P.; und andere; F.D.P. 25.09.2001 Drucksache 14/6962


A. Gesetzentwurf der Abgeordneten[...] und der Fraktion der FDP , Bundestag-Drucksache 14/6962, 25.09.2001

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 15)

A. Problem

Die Durchsetzung wirtschaftspolitischer Vorstellungen durch Sozialisierungen sowie die Vergesellschaftung als Mittel der Wirtschaftspolitik generell haben sich überlebt. Die diesbezügliche Ermächtigungsnorm im Grundgesetz ist obsolet und deshalb aufzuheben.

B. Lösung

Aufhebung von Artikel 15 des Grundgesetzes.

C. Alternativen

Keine

D. Kosten

Keine


1. Vorschlag


Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 15)

Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen; Artikel 79 Abs. 2 des Grundgesetzes ist eingehalten:

Artikel 1

Änderung des Grundgesetzes


Artikel 15 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland in der im Bundesgesetzblatt Teil III , Gliederungsnummer 100-1, veröffentlichen bereinigten Fassung, das zuletzt durch das Gesetz ... geändert worden ist, wird aufgehoben.

Artikel 15 wird gestrichen.

Artikel 2

Inkrafttreten


Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft.

Berlin, den 24. September 2001


2. Begründung


Zu Artikel 1 (Artikel 15 GG)

Artikel 15 des Grundgesetzes (GG) ging aus der Weimarer Reichsverfassung von 1919 hervor. Die Überführung von Unternehmen in Gemeineigentum wurde in der Nachkriegszeit von vielen als zulässiges Mittel der Wirtschaftspolitik betrachtet. Für die SPD von 1949 war die in Artikel 15 GG eröffnete Möglichkeit, bei entsprechender Mehrheit im Parlament eine grundlegende Umgestaltung der Wirtschaftsordnung vornehmen zu können, ein wichtiges Argument für die Zustimmung zum Gesamtwerk des Grundgesetzes trotz aus ihrer Sicht bestehender Unvollkommenheiten.

Die Sozialisierung von Grund und Boden, Naturschätzen und Produktionsmitteln ist in Artikel 15 GG geregelt worden. Dieser sieht eine Überführung in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft vor. Der Begriff der Gemeinwirtschaft entzieht sich einer präzisen Definition. Die Entschädigungsregel ist analog zu Artikel 14 Abs. 3 GG, der sich mit der Enteignung zum Wohle der Allgemeinheit generell befasst, ausgestaltet. Die Sozialisierung nach Artikel 15 GG muss als eigenständiges Rechtsinstitut gegenüber der Enteignung nach Artikel 14 Abs. 3 GG angesehen werden. Sie bezieht sich ausschließlich auf Grund und Boden, Naturschätze sowie Produktionsmittel und entfaltet ihre Wirkung insofern als Ermächtigung zum Eingriff in dieWirtschaftsverfassung. Die spezifisch wirtschaftspolitische Ausrichtung zeigt sich auch daran, dass anders als bei der Enteignungsnorm nach Artikel 14 Abs. 3 GG keine Bindung an das Gemeinwohl expressis verbis vorgesehen ist. Artikel 15 GG ist deshalb als Teil einer Entscheidung für die wirtschaftspolitische Offenheit des GG zu verstehen.

Der Begriff der Vergesellschaftung in Artikel 15 GG ist lediglich ein anderes Wort für Sozialisierung. Die Vergesellschaftung stellt eine alte Forderung sozialistischer Parteien dar. Die Sozialisierung von Produktionsmitteln sollte der wesentliche Schritt zur Überwindung des Kapitalismus sein. Mittels der Vergesellschaftung wollte der Sozialismus den bürgerlich-liberalen Kapitalismus durch ein System der Gemeinwirtschaft ersetzen, das den besitzlosen Schichten kollektive Verfügungsmacht über das Wirtschaftseigentum verschaffen sollte.

Artikel 15 GG ermächtigt den Gesetzgeber, zwangsweise in Eigentumsrechte einzugreifen. Unter dem Begriff Produktionsmittel versteht die herrschende Lehre wörtlich die „Mittel der Produktion“ und zwar die der Produktion unmittelbar dienenden Betriebsanlagen (Gebäude, Maschinen, Werkzeuge), die für die Produktion verwandten Betriebsmittel (Rohstoffe, Halbfabrikate) und die in der Produktion eingesetzten Urheberrechte (Patente, Warenzeichen). Auch im internationalen Recht und im Europäischen Gemeinschaftsrecht wird die Sozialisierung als Eingriff in das Eigentum behandelt.

Mit Blick auf Artikel 19 Abs. 1 GG ist lediglich die allgemeine Sozialisierung, nicht aber die Sozialisierung nur bestimmter einzelner Eigentumsobjekte, wie z. B. nur einer Fabrik, zulässig.

Es ist in der Bundesrepublik Deutschland nie zu Sozialisierungen gekommen. Der wirtschaftliche und politische Zusammenbruch der DDR und die Wiedervereinigung auf der Basis des Modells der sozialen Marktwirtschaft haben die praktische Irrelevanz des Artikels 15 GG untermauert. Auch die Rechtfertigung des Artikels als innenpolitisches Ventil ist nicht tragbar. Der Zusammenbruch der DDR hat gezeigt, dass eine sozialistische oder auch gemeinwirtschaftliche Alternative in dieser Form nicht existiert. Die Einigungsverträge haben ein Weiteres getan, die derzeitige Wirtschaftsund Eigentumsverfassung normativ zu verfestigen. Bei der Regelung offener Vermögensfragen stand die Alternative, in den neuen Bundesländern Volks- und genossenschaftliches Eigentum in einem von Artikel 15 GG zugelassenen Maße in gemeinwirtschaftlichen Formen zu belassen, nie zur Diskussion. Die von der sozialistischen Lehre unter dem spezifischen Gesichtspunkt der Verwirklichung des Sozialismus entwickelten Formen der Sozialisierung sind für den deutschen Gesetzgeber ohnehin nicht verbindlich; er könnte, er müsste sie aber nicht zugrunde legen, wenn er sich für eine Sozialisierung einzelner Produktionsmittel oder von Grund und Boden entschiede. Aber allein die Existenz des Artikels 15 GG stellt eine potentielle Bedrohung der Wirtschaftsordnung der Bundesrepublik Deutschland dar, da sie eine gesetzliche Ermächtigung zu Grundrechtseingriffen bedeutet. Sie passt auch nur sehr bedingt in die Gesamtkonzeption des GG, die von der freien Persönlichkeitsentfaltung und der Eigenverantwortlichkeit des Individuums ausgeht. Die Verstaatlichung ganzer Wirtschaftssektoren ist außerdem nicht mit Artikel 98 EG-Vertrag vereinbar, wonach die Mitgliedstaaten und die Gemeinschaft im Einklang mit dem Grundsatz einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb handeln sollen.

Eine ersatzlose Streichung des Artikels 15 GG trägt den Erfahrungen Rechnung, die seit 1949 auch weltweit mit dem Institut der Vergesellschaftungen als wirtschaftspolitischem Instrument gemacht worden sind. Nach dem Erfolg der sozialen Marktwirtschaft in der Bundesrepublik Deutschland und angesichts des Niedergangs der planwirtschaftlich bestimmtenWirtschaftsordnungen sind die Sozialisierungsforderungen aus den politischen Programmen der großen politischen Parteien nicht nur in Deutschland verschwunden. Der wirtschaftliche und politische Zusammenbruch der DDR dürfte bewirken, dass auch längerfristig in der Bundesrepublik Deutschland Sozialisierungsforderungen keine Bedeutung in der politischen Auseinandersetzung gewinnen werden.

Alle bedeutenden politischen Kräfte der Bundesrepublik Deutschland sind sich in ihrer Unterstützung der marktwirtschaftlichen Ordnung auf der Grundlage im Privateigentum stehender Wirtschaftsunternehmen einig. In der gegenwärtigen Verfassungswirklichkeit ist der Artikel 15 GG daher bedeutungslos geworden.

Eine Streichung des Artikels 15 GG würde die Achtung des Gesetzgebers vor dem Eigentum und dem verantwortungsvollen Umgang damit sowie die Überzeugung dokumentieren, dass sich wirtschaftspolitische Ziele mit der Vergesellschaftung unter anderem von Produktionsmitteln nicht erreichen lassen. Damit ist zugleich ein nachdrückliches Bekenntnis des Gesetzgebers zur sozialen Marktwirtschaft verbunden.

Zu Artikel 2 (Inkrafttreten)

Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten.


B. Weiterer Fortgang des Gesetzes

Dieser Vorschlag fand nicht die notwendige Zustimmung. Deshalb wurde er nie Bestandteil des Grundgesetzes.
In dieser Kommentarsreihe werden insbesondere folgende Abkürzungen und Quellen verwendet:
a.A. = Anderer Ansicht
AG = Arbeitgeber (evtl. auch einmal "Aktiengesellschaft")
AGBs, AGB´s = Allgemeine Geschäftsbedingungen
AG = Amtsgericht
ArbG = Arbeitsgericht (gelegentlich auch für Arbeitgeber!)
ArbGG = Arbeitsgerichtsgesetz
AT = Austria, Österreich
BAG = Bundesarbeitsgericht (BRD)
BGB = Bürgerliches Gesetzbuch (BRD)
BGH = Bundesgerichtshof (BRD)
BRD = Bundesrepublik Deutschland
BVerwG = Bundesverwaltungsgericht
CH = Schweiz
Dornb./W.- ... Dornbusch/Wolff-(Bearbeiter), KSchG, arbeitsrechtliche Kurzkommentare, Luchterhand-Verlag
EuGH = Europäischer Gerichtshof
EU = Europäische Union
h.M. = Herrschende Meinung
KSchG = Kündigungsschutzgesetz
LAG = Landesarbeitsgericht
OGH = Oberster Gerichtshof (Österreich)
OLG = Oberlandesgericht (BRD)
OVG = Oberverwaltungsgericht (BRD)
Pal.- ... = Palandt-(Bearbeitername), Kurzkommentar zum BGB, C.H. Beck-Verlag
PM = Pressemitteilung
m.M. = Mindermeinung
Staudinger-... = Staudinger-(Bearbeiter, Kommentar zum BGB
str. = strittig, streitig
u.a. = unter anderem
u.U. = Unter Umständen
ZPO = Zivilprozeßordnung