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GG
Grundgesetz
Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland
Art. 12 (Regelung seit 28.06.1968)
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden
Abgelehnte Änderung des Grundgesetzes zu Artikel 12 (1997)
(Etwaige Ergänzungen zum Originaltext sind blau!)


Inhalt:

Änderung Art. 12 Grundgesetz: Einfügung eines Rechts auf berufliche Ausbildung. Kosten sind von der Art der Umsetzung abhängig.


Gang der Gesetzgebung:

Bundestag - Gesetzentwurf Marietta Böttcher, PDS; Dr. Christa Luft, PDS; und andere; PDS 23.09.1997 Drucksache 13/8573

1. Beratung

Bundestag - Plenarprotokoll 13/197 09.10.1997 S. 17750B-17781D

Beschluß: S. 17781D - Überweisung: Rechtsausschuß (federführend), Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung, Ausschuß für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Ausschuß für Bildung, Wissenschaft, Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung

Parlamentsarchiv Gesetzesdokumentation: Signatur XIII/1145


A. Gesetzentwurf der Abgeordneten [...] und der Gruppe der PDS, Bundestag-Drucksache 13/8573, 23.09.1997


Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 12)

A. Problem

Im Berufsbildungsbericht 1997 stellt die Bundesregierung fest, daß die Berufsbildungspolitik "durch geeignete Rahmenbedingungen die Funktionsfähigkeit des dualen Systems erhalten und verbessern" muß. "Dies ist Voraussetzung für ein wachsendes betriebliches Ausbildungsplatzangebot und deshalb nicht nur wirtschafts- und beschäftigungspolitisch bedeutsam, sondern auch eine bildungs- und gesellschaftspolitische Aufgabe." Der Anspruch, allen Jugendlichen ein ausreichendes und auswahlfähiges Ausbildungsstellenangebot zu gewährleisten, der im Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 10. Dezember 1980 (Akt.Z.: 2 BvF 3/77) dahin gehend ausgelegt wurde, daß Unternehmen einen Lehrstellenüberhang von 12,5 % anbieten müssen, wurde bereits seit 1993 auf dem Ausbildungsstellenmarkt global nicht mehr erreicht. Erstmals seit der deutschen Einheit gab es 1996 nicht einmal mehr einen rechnerischen Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage. Die Lage spitzt sich weiter zu. Regionale Probleme verschärfen die Situation nicht nur in den neuen, sondern auch in den alten Bundesländern.

Mehr als 150 000 unvermittelte Jugendliche zu Beginn des Ausbildungsjahres 1997/98 sind ein neuer Negativrekord. Entgegen dem Lehrstellenversprechen der Wirtschaft wurden bundesweit wiederum 3 % weniger Lehrstellen über die Arbeitsämter angeboten. Gleichzeitig suchten 7,5 % mehr Jugendliche einen Ausbildungsplatz. Infolge der geburtenstarken Jahrgänge ist in den nächsten Jahren mit einer weiteren Verschärfung des Problems zu rechnen. Im Jahr 2007 wird die Nachfrage nach Lehrstellen im Vergleich zu 1994 um 30 % steigen.

B. Lösung

Das Grundgesetz wird durch die Aufnahme des Rechts auf berufliche Ausbildung für jeden ergänzt.

C. Alternativen

Keine

D. Kosten

Abhängig von der Art der Umsetzung.


1. Vorschlag


Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 12)


Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen; Artikel 79 Abs. 2 des Grundgesetzes ist eingehalten:

Artikel 1

Änderung des Grundgesetzes


Das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 100-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch ..., wird wie folgt geändert:

1.In Artikel 12 Abs. 1 wird nach Satz 1 folgender Satz eingefügt:

"Jeder hat das Recht auf berufliche Ausbildung."

2.Der bisherige Satz 2 wird Satz 3.

Artikel 2

Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.

Bonn, den 23. September 1997


2. Begründung


Das Recht auf berufliche Erstausbildung und Weiterbildung muß für jede und jeden durchgesetzt werden, unabhängig von sozialer Herkunft, Geschlecht oder Vorbildung sowie regionalen Unterschieden. Der Staat ist verpflichtet, für die Verwirklichung dieses Rechts insbesondere durch Schaffung öffentlicher Aus- und Weiterbildungseinrichtungen und durch Förderung beruflicher Ausbildungssysteme zu sorgen. Für Zeiten der Ausbildung ist eine ausreichende soziale Absicherung zu gewährleisten. Das Recht auf Ausbildung ist fundamentale Voraussetzung der freien Berufswahl und ist insofern als Staatsziel festzulegen und als Individualrecht abzusichern.

Soziale Staatszielbestimmungen, die auch den Gedanken sozialer Grundrechte aufnehmen, sind nicht gegenläufig zu Freiheitsrechten. Sie sind eine wichtige Voraussetzung für den Gebrauch von Freiheitsrechten. Das Sozialstaatsgebot des Grundgesetzes ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts mehr als ein bloßer Programmansatz. Es ist eines der "tragenden Prinzipien unseres Staates" (BVerfG 3, 337, 381) und unterliegt der Ewigkeitsgarantie nach Artikel 79 Abs. 3 Grundgesetz. Das geltende Sozialstaatsgebot (Artikel 20 Abs. 1) ist nicht nur als konstitutive Grundsatznorm zu verstehen, sondern auch als gesellschaftspolitischer Handlungsauftrag.

Auch die in Artikel 14 Abs. 2 festgelegte Bindung des Eigentums an das Wohl der Allgemeinheit erfordert politisches Handeln, wenn die Wirtschaft Jahr für Jahr ungenügend Ausbildungsplätze zur Verfügung stellt. Durch die gesetzliche Regelung der Umlagefinanzierung kann die Bundesregierung zur Überwindung der Lehrstellenkrise und zur Bereitstellung von ausreichend Ausbildungsplätzen für alle Jugendlichen beitragen.


B. Weiterer Fortgang des Gesetzes

Dieser Vorschlag fand nicht die notwendige Zustimmung. Deshalb wurde er nie Bestandteil des Grundgesetzes.
In dieser Kommentarsreihe werden insbesondere folgende Abkürzungen und Quellen verwendet:
a.A. = Anderer Ansicht
AG = Arbeitgeber (evtl. auch einmal "Aktiengesellschaft")
AGBs, AGB´s = Allgemeine Geschäftsbedingungen
AG = Amtsgericht
ArbG = Arbeitsgericht (gelegentlich auch für Arbeitgeber!)
ArbGG = Arbeitsgerichtsgesetz
AT = Austria, Österreich
BAG = Bundesarbeitsgericht (BRD)
BGB = Bürgerliches Gesetzbuch (BRD)
BGH = Bundesgerichtshof (BRD)
BRD = Bundesrepublik Deutschland
BVerwG = Bundesverwaltungsgericht
CH = Schweiz
Dornb./W.- ... Dornbusch/Wolff-(Bearbeiter), KSchG, arbeitsrechtliche Kurzkommentare, Luchterhand-Verlag
EuGH = Europäischer Gerichtshof
EU = Europäische Union
h.M. = Herrschende Meinung
KSchG = Kündigungsschutzgesetz
LAG = Landesarbeitsgericht
OGH = Oberster Gerichtshof (Österreich)
OLG = Oberlandesgericht (BRD)
OVG = Oberverwaltungsgericht (BRD)
Pal.- ... = Palandt-(Bearbeitername), Kurzkommentar zum BGB, C.H. Beck-Verlag
PM = Pressemitteilung
m.M. = Mindermeinung
Staudinger-... = Staudinger-(Bearbeiter, Kommentar zum BGB
str. = strittig, streitig
u.a. = unter anderem
u.U. = Unter Umständen
ZPO = Zivilprozeßordnung
Urteile nach 06.04.2008, also nach Abschluss dieser Kommentierung