Di, 14. Mai 2024, 09:50    |  Login:  User Passwort    Anmelden    Passwort vergessen
ARBEITSPLATTFORM NEWS URTEILE GESETZE/VO KOMMENTARE SITEINFO/IMPRESSUM NEWSLETTER
GG
Grundgesetz
Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland
Art. (Regelung seit ..)
Franz-Anton Plitt
 (Internet entrepreneur)
 Chisinau
 (Moldova)


Stand: 06.04.2008
Abgelehnte Änderung des Grundgesetzes zu Artikel 6 (1997)
(Etwaige Ergänzungen zum Originaltext sind blau!)


Inhalt:

Änderung Art. 6 und Einfügung Art. 6a Grundgesetz: Aufnahme von Rechten für Kinder und Jugendliche, die deren Stellung als Grundrechtsträger und eigene Rechtspersönlichkeit sichern. Es entstehen keine Kosten.


Gang der Gesetzgebung:

Bundestag - Gesetzentwurf Heidemarie Lüth, PDS; Rosel Neuhäuser, PDS; und andere; PDS 23.09.1997 Drucksache 13/8549


A. Gesetzentwurf der Abgeordneten [...] und der Gruppe der PDS , Bundestag-Drucksache 13/8549, 23.09.1997

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes

A. Problem

Freiheitsrechte schließen gerade auch verfassungsmäßige Rechte von Kindern und Jugendlichen ein, deren Ausgestaltung die Persönlichkeit fördern und ihren wachsenden Fähigkeiten und Bedürfnissen zu selbständigem Handeln entsprechen müssen. Das verlangt, die Rechte von Kindern und Jugendlichen als Grundrechtsträger und eigene Rechtspersönlichkeit zu sichern. Das ist im Grundgesetz derzeit nicht gegeben.

Mit der Ratifizierung der VN-Konvention über die Rechte des Kindes durch die Bundesrepublik Deutschland ist die Pflicht verbunden, Kindern und Jugendlichen zu garantieren, daß sie als eigenständige Personen das Recht auf Achtung ihrer Würde sowie auf Entwicklung und Entfaltung haben.

B. Lösung

Das Grundgesetz wird durch die Aufnahme von Rechten für Kinder und Jugendliche, die ihre Stellung als Grundrechtsträger und eigene Rechtspersönlichkeit sichern, ergänzt.

C. Alternativen

Keine

D. Kosten

Keine


1. Vorschlag


Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes


Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen; Artikel 79 Abs. 2 des Grundgesetzes ist eingehalten.

Artikel 1

Änderung des Grundgesetzes


Das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 100-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch . . ., wird wie folgt geändert:

1.Artikel 6 wird wie folgt geändert:

a)Die bisherigen Absätze 2 und 3 werden gestrichen.

b)Der bisherige Absatz 4 wird Absatz 2; der bisherige Absatz 5 wird Absatz 3.

2.Folgender Artikel 6 a wird eingefügt:

"Artikel 6 a

[Kinder und Jugendliche]

(1) Kinder und Jugendliche sind Träger von Rechten. Die Achtung ihrer Würde beinhaltet den Anspruch auf Entwicklung und Entfaltung ihrer Persönlichkeit. Sie sind an gesellschaftlichen und politischen Entscheidungen angemessen zu beteiligen. Sie genießen den besonderen Schutz von Staat und Gesellschaft.

(2) Kinder und Jugendliche haben unabhängig von ihrer Herkunft und sozialen Lage ein Recht auf Erziehung, Bildung, Betreuung und Versorgung. Kinder haben Anspruch auf einen Kindertagesstättenplatz.

(3) Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf ein gewaltfreies Leben. Wird das Wohl von Kindern und Jugendlichen gefährdet und wenden die Sorgeberechtigten die Gefahr nicht ab, hat das Gemeinwesen die erforderlichen Hilfen zu gewährleisten.

(4) Kinder und Jugendliche dürfen gegen den Willen von den Sorgeberechtigten nur auf Grund eines Gesetzes getrennt werden, sofern ihr Wohl oder das anderer Menschen unmittelbar gefährdet ist und der Gefahr nicht auf andere Weise begegnet werden kann.

(5) Kinder und Jugendliche mit Behinderung haben das Recht, in das Leben der Gemeinschaft einbezogen zu werden.

Für Kinder und Jugendliche, deren physische und psychische Eigenschaften sie im öffentlichen Leben benachteiligen, ist ein angemessener Ausgleich zu schaffen.

(6) Kinderarbeit ist verboten."

Artikel 2

Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tage der Verkündung in Kraft.

Bonn, den 23. September 1997


2. Begründung


Die verfassungsmäßige Ausgestaltung der Rechte von Kindern und Jugendlichen fördert deren Persönlichkeitsentwicklung und entspricht deren wachsenden Fähigkeiten und Bedürfnissen zu selbständigem Handeln. Mit dem neuen Artikel 6 a des Grundgesetzes werden derartige Rechte und entsprechende Pflichten des Staates in bewußter Anlehnung an die Konvention der VN über die Rechte des Kindes vom 20. November 1989 fixiert. Kinder und Jugendliche haben danach als eigenständige Persönlichkeiten das Recht auf Achtung ihrer Würde sowie auf Entwicklung und Entfaltung. Bei ihrer Erziehung ist vom Prinzip der Gewaltfreiheit auszugehen.

Körperstrafen und die Würde des Kindes verletzende Sanktionen sind damit unzulässig, entwürdigende "Erziehungsmaßnahmen" unter Strafe zu stellen.

Das Grundgesetz sieht Kinder und Jugendliche nur aus dem Blickwinkel der Zugehörigkeit zu ihren Eltern/Sorgeberechtigten und teilt ihnen damit durchgängig die Rolle als Objekt elterlicher und staatlicher Sorge zu.

Das entspricht vollständig dem gängigen Bild von Kindern und Jugendlichen als defizitären Wesen, die erst mit Eintritt in das Erwachsenenalter vollwertige Menschen werden. Dies widerspiegelt sich auch in der Stellung von Kindern und Jugendlichen in der Gesellschaft und in der Art und Weise, wie sie im öffentlichen Bewußtsein existieren.

Hierin liegt eine der Ursachen für eine Reihe gravierender gesellschaftlicher Probleme.

Dazu zählt zum einen die Gewalt gegen Kinder und Jugendliche in der Gesellschaft insgesamt wie auch Gewalt und Mißbrauch innerhalb der Familie, die auf alten paternalistischen Denkmustern von der allgewaltigen Verfügungsmacht der Erwachsenen über Kinder beruhen. Zum anderen ignoriert und vernachlässigt die Gesellschaft ihre Verantwortung gegenüber Kindern und Jugendlichen, durch politische Rahmenbedingungen und zukunftsorientierte Politik dafür zu sorgen, daß die kommende Generation ihre Vorstellungen von Leben und Entwicklung jetzt und in Zukunft realisieren kann.

Wir brauchen umfangreiche und tiefgreifende Wandlungen im gesellschaftlichen Bewußtsein, damit die etablierten und tradierten Sichtweisen aufgebrochen werden können. Um solche grundlegenden Veränderungen zu erreichen, bedarf es einer verfassungsmäßigen Verankerung der Grundrechte von Kindern und Jugendlichen. Kinder und Jugendliche müssen in allen gesellschaftlichen Bereichen und vor allem in der Rechtsprechung als Subjekte, als selbstbestimmte Personen mit unverbrüchlichen Rechten behandelt werden. Die Würde der Kinder und Jugendlichen und deren psychisches und physisches Wohlergehen müssen von Staat und Gesellschaft besonders gefördert werden. In der Ergänzung des Grundgesetzes um den Artikel 6 a "Kinder und Jugendliche" werden deren Rechte so festgeschrieben, daß sie unmittelbar als Grundrechte eigenständiger Persönlichkeiten Verfassungscharakter erhalten und damit auch einklagbar werden. Es wird deutlich gemacht, daß Kinder von Geburt an Träger von Rechten sind, die auch dadurch nicht aufgehoben werden, daß Eltern/Sorgeberechtigte etc. ihre Schutz- und Fürsorgepflicht den Kindern gegenüber wahrnehmen. Pflege und Erziehung der Kinder bleiben natürliches Recht und zuvörderst ihnen obliegende Pflicht der Eltern. Darüber hinaus aber haben Kinder und Jugendliche unabhängig von ihrer Herkunft und ihrer sozialen Lage das Recht auf eine ihren Fähigkeiten entsprechende unentgeltliche Erziehung, Bildung und Ausbildung. Die Ergänzung des Grundgesetzes um den Artikel 6 a sichert Kindern und Jugendlichen ihre Selbständigkeit sowie das Recht, entsprechend ihres psychischen und physischen Entwicklungsstandes zu urteilen und zu handeln.

Der Ausschuß der Vereinten Nationen für die Rechte des Kindes hat die Bundesrepublik Deutschland Ende 1995 zu weiteren Bemühungen um einen verfassungsmäßigen Status der Kinderrechte ermuntert. Mit der Aufnahme spezieller Rechte von Kindern und Jugendlichen in das Grundgesetz wird also auch den Anforderungen der VN-Kinderrechtskonvention entsprochen.


B. Weiterer Fortgang des Gesetzes

Dieser Vorschlag fand nicht die notwendige Zustimmung. Deshalb wurde er nie Bestandteil des Grundgesetzes.
In dieser Kommentarsreihe werden insbesondere folgende Abkürzungen und Quellen verwendet:
a.A. = Anderer Ansicht
AG = Arbeitgeber (evtl. auch einmal "Aktiengesellschaft")
AGBs, AGB´s = Allgemeine Geschäftsbedingungen
AG = Amtsgericht
ArbG = Arbeitsgericht (gelegentlich auch für Arbeitgeber!)
ArbGG = Arbeitsgerichtsgesetz
AT = Austria, Österreich
BAG = Bundesarbeitsgericht (BRD)
BGB = Bürgerliches Gesetzbuch (BRD)
BGH = Bundesgerichtshof (BRD)
BRD = Bundesrepublik Deutschland
BVerwG = Bundesverwaltungsgericht
CH = Schweiz
Dornb./W.- ... Dornbusch/Wolff-(Bearbeiter), KSchG, arbeitsrechtliche Kurzkommentare, Luchterhand-Verlag
EuGH = Europäischer Gerichtshof
EU = Europäische Union
h.M. = Herrschende Meinung
KSchG = Kündigungsschutzgesetz
LAG = Landesarbeitsgericht
OGH = Oberster Gerichtshof (Österreich)
OLG = Oberlandesgericht (BRD)
OVG = Oberverwaltungsgericht (BRD)
Pal.- ... = Palandt-(Bearbeitername), Kurzkommentar zum BGB, C.H. Beck-Verlag
PM = Pressemitteilung
m.M. = Mindermeinung
Staudinger-... = Staudinger-(Bearbeiter, Kommentar zum BGB
str. = strittig, streitig
u.a. = unter anderem
u.U. = Unter Umständen
ZPO = Zivilprozeßordnung