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BbgPBWoG (ENTWURF!)
Brandenburgisches Pflege und Betreuungswohngesetz
Gesetz über das Wohnen mit Pflege und Betreuung des Landes Brandenburg
Art. 10 Ausnahmen von Strukturanforderungen (Regelung seit 26.05.2009)
(1) Die zuständige Behörde soll auf Antrag von den Anforderungen der nach § 9 Absatz 3 und § 16 Absatz 7 erlassenen Rechtsverordnungen teilweise Ausnahmen erteilen, wenn

1. die Pflege- oder Betreuungsleistungen bedarfsgerecht ohne die Erfüllung einzelner Strukturanforderungen erbracht werden können oder

2. ohne die Ausnahme ein besonderes fachlich begründetes Konzept nicht umgesetzt werden kann.

(2) Vereinbart der Leistungsanbieter mit den Bewohnerinnen und Bewohnern eine Leistungsbegrenzung im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, ist er verpflichtet, vor Vertragsschluss die Bewohnerin oder den Bewohner schriftlich darauf hinzuweisen, dass das Leistungsangebot der Einrichtung bestimmte Betreuungsbedarfe nicht umfasst und welche Konsequenzen sich hierdurch für die Bewohnerin oder den Bewohner ergeben. Der Leistungsanbieter hat sicherzustellen, dass der Bedarf der Bewohnerinnen und Bewohner an Pflege und behinderungsbedingten Hilfeleistungen nicht über die angebotenen Leistungen hinausgeht. Kann durch eine Änderung des Unterstützungsbedarfes eine fachgerechte Versorgung mit den vertraglich vereinbarten Ressourcen nicht mehr erreicht werden und erfolgt keine Anpassung der Leistungspflichten, hat er den dem Wohnund Betreuungsverhältnis zugrundeliegenden Vertrag unverzüglich aus wichtigem Grund zu kündigen.

(3) Die Entscheidung der zuständigen Behörde über einen Antrag nach Absatz 1 Nummer 2 ist erstmalig auf höchstens sechs Jahre zu befristen. Die zuständige Behörde kann ihre Ausnahmegenehmigung von Auflagen und Bedingungen abhängig machen. Hat sich das Konzept innerhalb des Erprobungszeitraums bewährt, kann die Ausnahmegenehmigung auf Dauer erteilt werden.

(4) Vor der Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach Absatz 1 ist das Einvernehmen der Brandschutzdienststelle nach § 32 des Brandenburgischen Brand- und Katastrophenschutzgesetzes vom 24. Mai 2004 (GVBl. I S. 197), das zuletzt durch Artikel 5 des Gesetzes vom 23. September 2008 (GVBl. I S. 202, 206) geändert worden ist, herzustellen, soweit Belange des Brandschutzes von der Ausnahmegenehmigung betroffen sind.

(5) Die Rechte der zuständigen Behörde zur Überwachung nach Abschnitt 4 bleiben durch die Ausnahmegenehmigung unberührt. Der Leistungsanbieter ist verpflichtet, Änderungen der der Ausnahme zugrundeliegenden Tatsachen unverzüglich der zuständigen Behörde mitzuteilen.
Franz-Anton Plitt
 (Internet entrepreneur)
 Chisinau
 (Moldova)


Stand: 27.05.2009
zur Entstehung des § 10 BbgKPBauV
Zu § 10 Ausnahmen von Strukturanforderungen

Die neue Systematik des Gesetzes erfordert eine differenzierte Anwendung der Vorschriften über Qualitäts- und Strukturanforderungen. Die Regelung schafft den ordnungsrechtlichen Spielraum, der sowohl zur Flexibilisierung als auch zur konzeptionellen Weiterentwicklung und Spezialisierung von Einrichtungen erforderlich ist. Von bestehenden Anforderungen an die Strukturqualität kann so entsprechend der Bedarfslage von bestimmten Personengruppen abgewichen werden. Bislang stellte das Heimrecht einheitliche Anforderungen an sämtliche in seinen Anwendungsbereich fallende Einrichtungen. Dadurch war es unflexibel und stand der Weiterentwicklung neuer Wohnformen häufig entgegen. Hieran konnte auch die Existenz des § 25a des Heimgesetzes nur bedingt etwas ändern, da dieser zwar eine Befreiung von Anforderungen erlaubte, diese jedoch auf höchstens vier Jahre begrenzt war. Nach Ablauf der Erprobungszeit wies die Einrichtung damit zwangsläufig einen Mangel auf, auch wenn sich das Konzept in dieser Zeit bewährt hatte. Der Bedarf an flexiblen Regelungen wird in der landesgesetzlichen Regelung noch erhöht, da der Anwendungsbereich weiter gefasst ist.

Zu Absatz 1

In Nummer 1 wird die Flexibilisierung von Strukturanforderungen nach § 9 Absatz 3 und § 16 Absatz 7 ermöglicht. Die Norm stellt ausdrücklich nicht auf das Erfordernis einer fachlichen Notwendigkeit oder einer Erprobung neuer Betreuungsformen ab. Vielmehr wird die Möglichkeit eröffnet, von Strukturanforderungen abzuweichen, die erkennbar nicht im Verhältnis zum Charakter der Einrichtung stehen. Damit soll insbesondere dem Umstand entgegengewirkt werden, dass kleinteilig ausgelegte Einrichtungen durch bauliche, auf Großeinrichtungen bezogene Anforderungen in ihrer wirtschaftlichen Existenz gefährdet werden. Auch kann die Behörde dem Umstand Rechnung tragen, dass sich der Bedarf an staatlichem Schutz dort verringert, wo sich Menschen aufgrund ihres Pflege- oder Betreuungsbedarfes zwar in ein Abhängigkeitsverhältnis begeben, aber bewusst und frei verantwortlich ein begrenztes Dienstleistungsangebot in Kauf nehmen. So wird ein Höchstmaß der an der Normalität orientierten Teilhabe ermöglicht und Entscheidungen der Nutzerinnen und Nutzer wird der nach diesem Gesetz erforderliche Respekt entgegen gebracht. So kann sich eine Bewohnerin oder ein Bewohner etwa dazu entscheiden, ein Zimmer im Obergeschoss einer Einrichtung zu beziehen, das nicht mit einem Fahrstuhl erreichbar ist. Dies ist möglich, wenn die betroffene Bewohnerin oder der betroffene Bewohner aktuell in der Lage ist, die Treppe zu benutzen und somit keinen Bedarf am Vorhandensein eines Fahrstuhls aufweist. Sollte sich der Hilfebedarf während des Aufenthaltes ändern, macht Absatz 2 Satz 3 entsprechende Vorgaben. Die Gewährung einer Ausnahme von Strukturanforderungen erfolgt grundsätzlich auf Antrag. Im Fall der Nummer 2 hat der Leistungserbringer im Antrag zu begründen, weshalb die Umsetzung seines Einrichtungskonzeptes bestimmten Anforderungen nach § 10 des Gesetzes nicht entsprechen kann und die Anforderungen für eine angemessene Qualität der Betreuung und des Wohnens nicht erheblich sind. Dies erfordert in der Regel ein aussagefähiges Einrichtungskonzept, welches sich auf den Grad der Beeinträchtigung der aufzunehmenden Personen bezieht und den Ablauf von Betreuungsprozessen unter den Voraussetzungen der angestrebten Strukturqualität beschreibt. Nummer 2 greift die nach dem Heimgesetz gegebene Erprobungsregelung auf und entwickelt sie weiter. Über die Erprobung neuer Wohnformen hinaus wird auch der Fall der Spezialisierung von Einrichtungen erfasst. So wird der ordnungsrechtliche Rahmen für Einrichtungen erweitert, deren Wohn- und Betreuungsangebot sich an einen bestimmten Personenkreis richtet. Das Leistungsangebot von Einrichtungen muss fachlich an dem Bedarf des Personenkreises ausgerichtet sein, der in der Einrichtung betreut werden soll. Insofern kann in spezialisierten Einrichtungen von bestimmten Anforderungen an die Ausstattung und Raumgrößen und die qualitative und quantitative Personalausstattung abgewichen werden. Damit wird ein höheres Maß an Rechtssicherheit für Nutzende und Träger von Einrichtungen in der Verwirklichung neuer Formen des Wohnens und der Betreuung geschaffen.

Zu Absatz 2

Die Regelung enthält eine schriftliche Hinweispflicht bei zulässigen Leistungsbegrenzungen der Einrichtung und verpflichtet den Leistungsanbieter, Vorkehrungen für den Fall einer sich verändernden Bedarfslage aufgenommener Personen zu treffen. Insbesondere soll eine angemessene Betreuung auch in dem Fall gesichert sein, dass sie in der Einrichtung selbst aufgrund des begrenzten Leistungsumfangs nicht mehr erbracht werden kann.

Mit der Regelung sollen denkbare Missbrauchsmöglichkeiten durch die Organisatoren und Leistungsanbieter ausgeschlossen werden, indem die Vereinbarung auf ihre Schlüssigkeit überprüft wird und eindeutig definierte Qualitätskriterien als Ausgleich für das Abweichen von der Norm aufgestellt werden können. So wäre beispielsweise ein Abweichen von Anforderungen an die bauliche Ausstattung dann möglich, wenn die zukünftige Bewohnerin oder der zukünftige Bewohner einer Zielgruppe angehört, die diesbezüglich keinen Bedarf aufweist, vor und bei Vertragsschluss umfassend über den vom „Standard“ abweichenden Umstand beraten wurde. Da die Anwendung dieser Ausnahmemöglichkeit nicht dazu führen darf, dass sich in der brandenburgischen Versorgungslandschaft Substandards etablieren, muss sichergestellt sein, dass für die betroffene Bewohnerin oder für den betroffenen Bewohner tatsächlich kein entgegenstehender Bedarf besteht. Daher wird dem Leistungsanbieter zusätzlich auferlegt, auf einen veränderten Schutzbedarfs der Bewohnerin oder des Bewohners sachgerecht zu reagieren und dabei nötigenfalls einen Umzug in eine bedarfsgerechte Einrichtung zu organisieren. Die Einhaltung der vereinbarten Kriterien ist Gegenstand einer regelmäßigen aufsichtsrechtlichen Prüfung.

Zu Absatz 3

Es wird die Möglichkeit einer dauerhaften Ausnahmeregelung für den Fall geschaffen, dass Konzepte sich während der Geltungsdauer der Ausnahmegenehmigung bewährt haben.

Zu Absatz 4

Absatz 4 stellt die Beteiligung der zuständigen Brandschutzdienststelle klar, soweit Belange des Brandschutzes von einer Ausnahmegenehmigung betroffen sind. Das sind gemäß § 31 des Brandenburgisches Brand- und Katastrophenschutzgesetz die Träger des örtlichen Brandschutzes, die über eine Berufsfeuerwehr verfügen oder deren öffentliche Feuerwehren gleichwertige hauptamtliche Feuerwehrangehörige haben, und im Übrigen die Landkreise.

Zu Absatz 5

Absatz 5 regelt die Pflicht des verantwortlichen Leistungsanbieters, Änderungen der für die Ausnahmegenehmigung erheblichen Tatsachen ohne schuldhaftes Zögern der zuständigen Behörde anzuzeigen. Zudem befreit eine Ausnahmegenehmigung nicht von der Überwachungstätigkeit der zuständigen Behörde.
In dieser Kommentarsreihe werden insbesondere folgende Abkürzungen und Quellen verwendet:
a.A. = Anderer Ansicht
AG = Arbeitgeber (evtl. auch einmal "Aktiengesellschaft")
AGBs, AGB´s = Allgemeine Geschäftsbedingungen
AG = Amtsgericht
ArbG = Arbeitsgericht (gelegentlich auch für Arbeitgeber!)
ArbGG = Arbeitsgerichtsgesetz
AT = Austria, Österreich
BAG = Bundesarbeitsgericht (BRD)
BGB = Bürgerliches Gesetzbuch (BRD)
BGH = Bundesgerichtshof (BRD)
BRD = Bundesrepublik Deutschland
BVerwG = Bundesverwaltungsgericht
CH = Schweiz
Dornb./W.- ... Dornbusch/Wolff-(Bearbeiter), KSchG, arbeitsrechtliche Kurzkommentare, Luchterhand-Verlag
EuGH = Europäischer Gerichtshof
EU = Europäische Union
h.M. = Herrschende Meinung
KSchG = Kündigungsschutzgesetz
LAG = Landesarbeitsgericht
OGH = Oberster Gerichtshof (Österreich)
OLG = Oberlandesgericht (BRD)
OVG = Oberverwaltungsgericht (BRD)
Pal.- ... = Palandt-(Bearbeitername), Kurzkommentar zum BGB, C.H. Beck-Verlag
PM = Pressemitteilung
m.M. = Mindermeinung
Staudinger-... = Staudinger-(Bearbeiter, Kommentar zum BGB
str. = strittig, streitig
u.a. = unter anderem
u.U. = Unter Umständen
ZPO = Zivilprozeßordnung