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BGB
Bürgerliches Gesetzbuch
§ 199 Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist und Höchstfristen (Regelung seit 01.01.2002 gültig bis vor 01.01.2010, bitte hier klicken zur Änderung)
(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem

1. der Anspruch entstanden ist und

2. der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1. ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und

2. ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(4) Andere Ansprüche als Schadensersatzansprüche verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.
Zur Änderung zum 01.01.2002 (Schuldrechtsreform!)
(Etwaige Ergänzungen zum Originaltext sind blau!)


A. Auszug aus Entwurf BT-Drucksache 14/6040:


Entwurf der Bundesregierung (Seite 3)

1. Vorschlag


(1) Das Bürgerliche Gesetzbuch in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 400-2, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch ..., wird wie folgt geändert:

§ 199

Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, wenn

1. der Anspruch fällig ist, und

2. der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis verjährt der Anspruch in zehn Jahren von der Fälligkeit an. Satz 1 gilt nicht bei Ansprüchen wegen Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit.

(3) Ohne Rücksicht auf die Fälligkeit und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis verjähren Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung, aus Gefährdungshaftung und aus Verletzung einer Pflicht aus



2. Begründung zur Änderung des § 196:


Zu Artikel 1 – Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs

Zu Nummer 3 – Neufassung des fünften Abschnitts des ersten Buches über die Verjährung

Zur Aufhebung der bisherigen §§ 199 und 200

Auf die beiden Vorschriften soll künftig verzichtet werden. Sie betreffen den Verjährungsbeginn bei Kündigung und Anfechtung. Gemäß dem bisherigen § 199 beginnt die Verjährung eines Anspruchs, der von einer Kündigung abhängig ist, in dem Zeitpunkt, in dem die Kündigung zulässig ist, also nicht erst mit der Fälligkeit des Anspruchs (vgl. bisheriger § 198 Satz 1 gegenüber § 199 Abs. 1 Nr. 1 und § 200 Satz 1 RE), die nicht vor der Erklärung der Kündigung eintritt.

In ähnlicher Weise bestimmt der bisherige § 200, dass die Verjährung der durch eine Anfechtung ausgelösten Ansprüche mit dem Zeitpunkt beginnt, von welchem an die Anfechtung zulässig ist.

Beide Vorschriften sind nicht nur entbehrlich, sondern ließen sich nur rechtfertigen, wenn vergleichbare Fälle mit einbezogen würden, vor allem der Hauptfall einer möglichen Verzögerung des Verjährungsbeginns, nämlich der Fall der Erteilung einer Rechnung für die vereinbarte Vergütung, auf den die genannten Bestimmungen nach h. M. nicht anzuwenden sind (BGHZ 55, 340, 344; BGH, NJW 1982, 930, 931; BGH, NJW-RR 1987, 237, 239; Palandt/Heinrichs §§ 199, 200 Rdnr. 2). Aufschiebend bedingte oder von einem Anfangstermin abhängige Ansprüche verjähren deshalb erst mit Eintritt der Bedingung oder des Anfangstermins, während verhaltene Ansprüche, die jederzeit, aber nur auf Verlangen des Berechtigten zu erfüllen sind, sofort fällig sind und damit auch sofort zu verjähren beginnen.

Neue Gliederung

Anders als bisher wird der Abschnitt in Titel unterteilt. Dieses Einfügen von neuen Titeln im fünften Abschnitt des ersten Buches dient dazu, die Vorschriften des Verjährungs- rechts übersichtlicher zu gestalten. In § 194 bleibt – wie bisher

– geregelt, dass Ansprüche Gegenstand der Verjährung sind. Der erste Titel betrifft neben dem Gegenstand der Verjährung die Dauer der Verjährungsfrist, während sich der zweite Titel auf die Umstände bezieht, die einen Einfluss auf den Lauf und das Ende der Verjährungsfrist haben können (Hemmung und Neubeginn der Verjährung). Der dritte Titel regelt schließlich die wesentlichen Rechtsfolgen der Verjährung.

Aufgehobene Vorschriften

Die Neufassung des Verjährungsrechts, deren Grundzüge bereits in der Allgemeinen Begründung dargestellt wurden, bringt die ersatzlose Aufhebung einiger Vorschriften des bisherigen Verjährungsrechts mit sich. Die größte Zahl der in Abschnitt 5 aufgenommenen Vorschriften enthält jedoch Regelungen, die sich bereits im bisherigen Verjährungsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs finden und nun zum Teil unter anderer Paragraphenbezeichnung bzw. zusammengefasst oder mit einer prägnanteren sprachlichen Fassung erscheinen. Von einer ersatzlosen Aufhebung sind im Verjährungsrecht die folgenden Vorschriften betroffen:

Zur Aufhebung der bisherigen §§ 196 und 197

Die bisherigen §§ 196 und 197 betreffen Sonderfälle der kurzen Verjährung, die von der langen regelmäßigen Verjährungsfrist des bisherigen § 195 (30 Jahre) abweichen. Nachdem diese regelmäßige Verjährungsfrist für alle Fälle auf drei Jahre reduziert worden ist, entfällt ein Bedürfnis für Regelungen, wie sie in den bisherigen §§ 196 und 197 enthalten waren, wenn auch nach wie vor eine Sonderregelung für die wiederkehrenden Leistungen (bisheriger § 197) in § 197 Abs. 2 RE erforderlich ist.

Erläuterung der neuen Vorschriften

Vorbemerkung zu den §§ 199 bis 201

Neben der Länge der Verjährungsfrist ist deren Beginn von entscheidender Bedeutung dafür, ob ein Anspruch infolge Zeitablaufs außer Kraft gesetzt wird. Eine kurze Verjährungsfrist kann für den Gläubiger ungefährlich sein, wenn die Frist erst spät zu laufen beginnt. Umgekehrt kann sich trotz einer langen Verjährungsfrist der Verjährungsbeginn als absolute Sperre für die Durchsetzung des Anspruchs auswirken, wenn die Verjährungsfrist unabhängig von der Kenntnis des Gläubigers, dass ihm der Anspruch zusteht, zu laufen beginnt.

Das Gesetz muss einen allgemeinen Anknüpfungspunkt für den Verjährungsbeginn festlegen. Fraglich ist dann, inwieweit für bestimmte Anspruchsinhalte abweichende tatbestandliche Anknüpfungen vorzusehen sind. Insbesondere Ansprüche wegen Verletzung vertraglicher Pflichten müssen hinsichtlich des Verjährungsbeginns von den Erfüllungsansprüchen abgekoppelt werden, weil die Vertragspflichtverletzungkeinen Bezug zum Lauf der Verjährungsfrist für den Anspruch auf die Primärleistung zu haben braucht (z. B. bei Verletzung einer Schutzpflicht). Aber selbst wo dies der Fall ist, kann sich ein unterschiedlicher Verjährungsbeginn je nach dem empfehlen, ob sich die Leistungsstörung gegenständlich niederschlägt (z. B. Mangelhaftigkeit der Kaufsache) oder nicht.

Das geltende Recht enthält in § 198 eine grundsätzliche Regelung des Verjährungsbeginns, macht davon aber in den folgenden Bestimmungen und anderswo zahlreiche Ausnahmen.

Die Verjährung beginnt regelmäßig mit der Entstehung des Anspruchs. Hängt dieser von einer Kündigung oder Anfechtung ab, beginnt die Verjährung derzeit schon mit dem Zeitpunkt, von welchem ab das Gestaltungsrecht ausgeübt werden konnte (bisherige §§ 199, 200 Satz 1). Bei Ansprüchen auf bestimmte Leistungen des täglichen Lebens, für die eine kurze Verjährungsfrist von zwei bzw. vier Jahren angeordnet ist, beginnt die Verjährung erst mit dem Schluss des Jahres (geltender § 201 Satz 1). Sondervorschriften zum Verjährungsbeginn finden sich derzeit sodann für die verschiedenartigsten Leistungsansprüche über das ganze Bürgerliche Gesetzbuch verstreut (z. B. §§ 425, 558 Abs. 2, 801 Abs. 1 Satz 2, 1057, 1226, 2332 Abs. 1), besonders konzentriert im Mängelgewährleistungsrecht (bisherige §§ 477 Abs. 1 Satz 1, 638 Abs. 1 Satz 2, 651g Abs. 2) und auch außerhalb des Bürgerlichen Gesetzbuchs (z. B. §§ 88, 439 HGB; § 4 ErbbauVO; § 51b BRAO; § 68 StBerG; § 51a WiPO).

Die gegenwärtige Regelung des Verjährungsbeginns wird als unklar, ungerecht, inkonsequent, präzisierungs- und ergänzungsbedürftig sowie als prozessrechtlich fragwürdig bemängelt (Peters/Zimmermann, S. 244 ff.). Im Mängelgewährleistungsrecht wird der Verjährungsbeginn an objektive Umstände (wie die Übergabe) geknüpft, so dass bei verborgenen Mängeln auf Grund der geltenden kurzen Verjährungsfristen etwaige Ansprüche des Gläubigers bereits verjährt sein können, ehe der Mangel überhaupt entdeckt worden ist. Das Hauptdefizit der geltenden Regelung sieht man in der Beliebigkeit, mit der die Gerichte in andere Verjährungssysteme ausweichen und damit der Voraussehbarkeit der gerichtlichen Entscheidungsergebnisse jede Sicherheit nehmen (Peters/Zimmermann, S. 248 f.; Weyers, S. 1170).

Dieses Defizit will der Entwurf dadurch ausgleichen, dass er für die regelmäßige Verjährungsfrist einen einheitlichen Beginn festlegt, der dem bisherigen § 852 Abs. 1 nachgebildet ist. Dieser Beginn ist das entscheidende Merkmal der neuen regelmäßigen Verjährungsfrist. Der Entwurf enthält mit § 200 RE einen Auffangtatbestand für Verjährungsfristen, die ohne Beginn bestimmt werden. Einen besonderen Beginn gibt es nur noch für festgestellte Ansprüche und Sachmängelansprüche.

Zu § 199 – Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist

§ 199 RE regelt den Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist.

Er betrifft damit nur Ansprüche, die der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren unterliegen. Ist für Ansprüche eine Verjährungsfrist von drei Jahren ausdrücklich bestimmt, unterliegen sie gleichwohl einer besonderen Frist und nicht der allgemeinen Verjährungsfrist. Der Verjährungsbeginn richtet sich dann auch nicht nach § 199 RE, sondern nach § 200 RE.

Zu Absatz 1

Nach Absatz 1 beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist, wenn – kumulativ – die Voraussetzungen der Nummern 1 und 2 erfüllt sind.

Nach der Nummer 1 muss der Anspruch fällig sein.

Dies entspricht dem bisherigen § 198 Satz 1 mit der Maßgabe, dass statt von der Entstehung von der Fälligkeit des Anspruches gesprochen wird. Eine sachliche Änderung gegenüber der bisherigen Rechtslage ist damit nicht verbunden, weil das Tatbestandsmerkmal der „Entstehung des Anspruchs“ in dem bisherigen § 198 Satz 1 ebenfalls im Sinne der Fälligkeit verstanden wird (vgl. BGHZ 53, 222, 225; 55, 340, 341 f.; Palandt/Heinrichs, § 198 Rdnr. 1).

Auch hinsichtlich der der regelmäßigen Verjährungsfrist unterfallenden Ansprüche auf Ersatz des aus einer unerlaubten Handlung entstandenen Schadens entstehen durch das Abstellen auf die Fälligkeit keine sachlichen Änderungen. Insbesondere ändert diese Regelung nicht die im Schadensrecht entwickelte Rechtsprechung zur Schadenseinheit. Der BGH geht nämlich davon aus, dass ein Schaden im Sinne des bisherigen § 198 Satz 1 entstanden ist, wenn die Vermögenslage des Geschädigten sich durch eine unerlaubte Handlung verschlechtert und sich diese Verschlechterung „wenigstens dem Grunde nach verwirklicht hat“ (BGH, NJW 1993, 648, 650). Die Verjährung von Schadensersatzansprüchen kann nach dem Grundsatz der Schadenseinheit auch für nachträglich auftretende, zunächst also nur drohende, aber nicht unvorhersehbare Folgen beginnen, sobald irgendein (Teil-)Schaden entstanden ist (BGH wie vor). Daran ändert sich nichts.

Nach der Nummer 2 ist weitere Voraussetzung, dass der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen. Damit wird das aus dem bisherigen § 852 Abs. 1 bekannte Merkmal der Kenntniserlangung erweitert um die grob fahrlässigeUnkenntnis. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich großem Maße verletzt worden ist, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt oder beiseitegeschoben wurden und dasjenige unbeachtet geblieben ist, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen (BGHZ 10, 14, 16; 89, 153, 161; NJW-RR 1994, 1469, 1471; NJW 1992, 3235, 3236). Davon ist Kenntnis, wie sie in § 852 Abs. 1 verlangt wird, nicht weit entfernt. So werden von der Rechtsprechung schon bislang der positiven Kenntnis die Fälle gleichgestellt, in denen der Gläubiger es versäumt, eine gleichsam auf der Hand liegende Erkenntnismöglichkeit wahrzunehmen und deshalb letztlich das Sichberufen auf Unkenntnis als Förmelei erscheint, weil jeder andere in der Lage des Gläubigers unter denselben konkreten Umständen die Kenntnis gehabt hätte (BGHZ 133, 192, 199; BGH, NJW 2000, 953; NJW 1999, 423, 425; NJW 1994, 3092, 3094). Auch im Rahmen der vorstehend erwähnten Rechtsprechung zur Schadenseinheit werden bereits die als möglich voraussehbaren Schadensfolgen erfasst, obwohl das bloß Voraussehbare gerade nicht bekannt ist, so dass auch hier im Ergebnis Kennenmüssen und Kenntnis gleichgestellt werden. Diese Auflockerungstendenzen haben Peters/Zimmermann in ihrem Gutachten zu dem Vorschlag bewogen, die grob fahrlässige Unkenntnis der Kenntnis gleichzustellen (vgl. den von Peters/Zimmermann vorgeschlagenen § 199 – Hemmung durch Unkenntnis des Berechtigten, S. 316). In § 12 des ProdHaftG hat der Gesetzgeber diese Angleichung auch schon vollzogen.

Die Einbeziehung der grob fahrlässigen Unkenntnis entspricht schließlich auch dem Rechtsgedanken des § 277, wonach grobe Fahrlässigkeit stets auch dann schadet, wenn man in eigenen Angelegenheiten handelt. Von der Existenz eines Anspruchs sowie der Person des Schuldners Kenntnis zu nehmen, ist eine eigene Angelegenheit des Gläubigers. Daher soll bereits bei Vorliegen grober Fahrlässigkeit die Verjährung zu laufen beginnen.

Zu Absatz 2

Nach Absatz 2 Satz 1 verjährt der Anspruch ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von der Fälligkeit an.

Die Anknüpfung des Beginns der Verjährung an die Kenntniserlangung oder grob fahrlässige Unkenntnis in Absatz 1 Nr. 2 führt zu der Notwendigkeit einer zeitlichen Begrenzung, da sich bei Nichtvorliegen des Kenntnismerkmals der Eintritt der Verjährung auf unabsehbare Zeit hinausschieben könnte.

Entsprechend dem von der Schuldrechtskommission vorgeschlagenen Weg, den Anwendungsbereich der 30-jährigen Verjährungsfrist nach Möglichkeit zurückzudrängen und stattdessen eine 10-jährige Frist vorzusehen (vgl. §§ 198 und 199 KE) wird die absolute Verjährungsfrist auf zehn Jahre festgelegt. Diese Frist erscheint angemessen und ist in der wissenschaftlichen Kritik auch nicht beanstandet worden. Die Absage an die 30-jährige Frist kommt einerseits dem Schuldner entgegen, andererseits ist die Zehn-Jahres- Frist so lang, dass die Gefahr, dass Ansprüche verjähren, bevor der Gläubiger von ihnen Kenntnis erlangt, auf ein hinnehmbares Maß reduziert ist.

Diese Begrenzungsmodalitäten entsprechen der Verjährungsregelung des Produkthaftungsgesetzes. Dieses sieht bereits jetzt ein Erlöschen der Ansprüche zehn Jahre nach dem Zeitpunkt vor, in dem das fehlerhafte Produkt in den Verkehr gebracht worden ist (§ 13 Abs. 1 ProdHaftG).

Die absolute Verjährungsfrist von zehn Jahren kann für den Gläubiger allerdings dann zu ungünstig sein, wenn es um Ansprüche geht, die sich aus der Verletzung besonders wertvoller Rechtsgüter ergeben. Das ist bei der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit der Fall. Eine Verletzung dieser Rechtsgüter führt nicht selten erst nach vielen Jahren zu erkennbaren Schäden. Die absolute Verjährungsfrist von zehn Jahren ist dann zu kurz. Absatz 2 Satz 2 sieht deshalb vor, dass in diesen Fällen die absolute Verjährungsfrist von zehn Jahren nach Absatz 2 Satz 1 nicht gilt. Insoweit bleibt es also – vorbehaltlich des Absatzes 3 – dabei, dass es für den Beginn der Verjährung nach Absatz 1 Nr. 2 auf die Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis ankommt. Auch in diesen Fällen ist die Geltendmachung indes nicht zeitlich uneingeschränkt möglich. Dies folgt aus Absatz 3, auf dessen Erläuterung Bezug genommen wird.

Damit kann sich allerdings die Situation ergeben, dass aus derselben unerlaubten Handlung, z. B. aus demselben Verkehrsunfall, resultierende Ansprüche je nach Art des verletzten Rechtsguts zu unterschiedlichen Zeitpunkten verjähren. Dieses Ergebnis muss aber hingenommen werden. Es hängt mit der dem Absatz 2 Satz 2 zugrunde liegenden Wertung zusammen, die den dort genannten Rechtsgütern einen besonders hohen Stellenwert zumisst.

Die Schuldrechtskommission hatte darüber hinaus vorgeschlagen, eine Frist von 30 Jahren für die absolute Verjährung von Ansprüchen wegen Verletzung einer Amtspflicht vorzusehen. Eine derartige Privilegierung der Ansprüche aus Amtspflichtverletzung erscheint indes nicht gerechtfertigt. Die von der Schuldrechtskommission zur Begründung angeführte Möglichkeit von Spätschäden ergibt sich auch bei sonstigen Schadensersatzansprüchen aus unerlaubter Handlung.

Zu Absatz 3

Nach Absatz 3 verjähren ohne Rücksicht auf die Fälligkeit und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung, aus Gefährdungshaftung und aus Verletzung einer Pflicht aus einem Schuldverhältnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Verwirklichung der Gefahr oder der Pflichtverletzung an.

Das Abstellen auf die Fälligkeit einerseits und dem von subjektiven Umständen abhängigen Verjährungsbeginn andererseits führen zu Unsicherheiten über den Lauf der Verjährungsfrist. Das ist im Interesse des Gläubigers notwendig. Der Schuldner andererseits muss aber zu einem bestimmten Zeitpunkt auch Gewissheit haben, ob er noch in Anspruch genommen werden kann oder nicht. Dies ist der Zweck der absoluten Verjährungsfristen. Die in Absatz 2 Satz 1 bestimmte absolute Verjährungsfrist von zehn Jahren betrifft indessen nur das Merkmal Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis nach Absatz 1 Nr. 2. Außerdem gilt dieses nicht bei Ansprüchen wegen Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit. In diesen von Absatz 2 Satz 1 nicht erfassten Fällen kann der Eintritt der Verjährung also auf unabsehbare Zeit hinausgeschoben werden. Bei einem Fehler des Notars bei der Testamentsgestaltung, der erst mit Eintreten des Erbfalls zu einem Schaden führt, können zwischen der Pflichtverletzung und der Fälligkeit ohne weiteres mehr als 30 Jahre liegen. Auch ein Verkehrsunfall vermag nach mehr als 30 Jahren z. B. einen Körperschaden zu verursachen, der nicht vorhersehbar war und damit noch nicht verjährt wäre.

Um dies zu vermeiden, lässt auch der bisherige § 852 Abs. 1 die 30-jährige absolute Verjährungsfrist nicht mit der Entstehung des Schadens beginnen, sondern schon mit der Begehung der Handlung, d. h. mit der Setzung der Schadensursache (Palandt/Thomas, § 852 Rdnr. 15). Dem folgt Absatz 3.

Die Verjährungsfrist von 30 Jahren beginnt bei Schadensersatzansprüchen aus unerlaubter Handlung mit der Begehung der Handlung. Dies entspricht dem bisherigen § 852 Abs. 1. Bei Schadensersatzansprüchen aus Gefährdungshaftung beginnt die Verjährung mit der Verwirklichung der Gefahr. Damit wird dem Vorschlag der Schuldrechtskommission (vgl. § 199 Abs. 1 KE) gefolgt. Soweit sich mit der Tierhalterhaftung nach § 833 unter den Vorschriften zur unerlaubten Handlung auch ein Gefährdungsdelikt befindet, beginnt die Verjährung mit der Verwirklichung der Gefahr. Für Gefährdungshaftungstatbestände innerhalb oder – soweit die Verjährungsvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs Anwendung finden – außerhalb des Bürgerlichen Gesetzbuchs führt die Klarstellung des Verjährungsbeginns zu einer Vereinfachung und Erleichterung. Bei Schadensersatzansprüchen wegen Verletzung einer Pflicht aus einem Schuldverhältnis (§ 280 RE) beginnt die Verjährungsfrist mit der Pflichtverletzung.

Zu Absatz 4

Soweit der Anspruch auf ein Unterlassen gerichtet ist, ist in den vorstehenden Absätzen statt auf die Fälligkeit auf die Zuwiderhandlung abzustellen. Dies entspricht dem bisherigen § 198 Satz 2.


B. Stellungnahme des Bundesrates - BT-Drucksache 14/6857, Anlage 2, Seite 5-41


1. Vorschlag - 4. Zu Artikel 1 Abs. 1 Nr. 3 (§ 199 BGB)


Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob die Vorschrift des § 199 BGB-E um eine Ausschluss- oder Verjährungsfrist für nicht fällige vertragliche Erfüllungsansprüche zu ergänzen ist.

2. Begründung- 4. Zu Artikel 1 Abs. 1 Nr. 3 (§ 199 BGB)


Nach der Regelung des § 199 BGB-E können vertragliche Erfüllungsansprüche, die noch nicht fällig sind, nicht verjähren. Die zehnjährige Verjährungsfrist des § 199 Abs. 2 Satz 1 BGB-E greift nicht ein, da dort für den Beginn der Verjährung auf die Fälligkeit des Anspruchs abgestellt wird. Die Ausschlussfrist des § 199 Abs. 3 BGB-E greift nicht ein, da diese Vorschrift lediglich Schadensersatzansprüche erfasst. Danach gäbe es nach dem Entwurf in einem großen Bereich unverjährbare Ansprüche.

Dies ist auch das Ergebnis der ersatzlosen Abschaffung des § 199 BGB, der jedenfalls für diejenigen Ansprüche, denen eine Kündigung des Berechtigten vorangehen musste, eine besondere Vorschrift über den (vorverlagerten) Verjährungsbeginn enthält. Eine gewisse Bedeutung erlangt die Bestimmung des § 199 BGB zur Zeit bei der Frage, wann Forderungen aus so genannten „Uralt-Sparbüchern“ verjähren (vgl. dazu Arendts/Teuber, MDR 2001, 546).

Nach dem Entwurf können aber auch Werklohn-, Honorar- oder andere Entgeltansprüche nicht verjähren, wenn deren Fälligkeit von der Stellung einer Rechnung oder einer sonstigen die Fälligkeit begründenden Erklärung des Gläubigers abhängt (vgl. z. B. § 8 HOAI; Palandt/ Heinrichs, BGB-Komm., 60. Aufl., § 271, Rdnr. 7).


C. Gegenäußerung der Bundesregierung - BT-Drucksache 14/7052, Seite 42-72


Zu Nummer 4 Zu Artikel 1 Abs. 1 Nr. 3 (§ 199 BGB)

Die Bundesregierung hält es nicht für erforderlich, § 199 BGB-RE um eine Ausschluss- oder Verjährungsfrist für nicht fällige vertragliche Erfüllungsansprüche zu ergänzen.

Schon bislang beginnt die regelmäßige Verjährung nach dem geltenden § 198 Satz 1 BGB mit der Entstehung des Anspruchs, worunter die Fälligkeit zu verstehen ist, ohne dass es eine Ausschluss- oder Verjährungsfrist für nicht fällige vertragliche Erfüllungsansprüche gibt. Diese können daher auch nach bisherigem Recht grundsätzlich nicht verjähren. Nach Ansicht der Bundesregierung besteht auch kein Bedürfnis für eine Ausschluss- oder Verjährungsfrist bei nicht fälligen vertraglichen Erfüllungsansprüchen. Nach § 271 Abs. 1 BGB richtet sich die Fälligkeit zunächst nach der vertraglichen oder gesetzlichen Bestimmung und sodann nach den Umständen. Fehlen Sonderregeln, liegt sofortige Fälligkeit vor. Die Parteien haben es daher regelmäßig selbst in der Hand, die Fälligkeit ihrer vertraglichen ErDeutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 43 – Drucksache 14/6857 füllungsansprüche im Vertrag festzulegen. Wenn sie vereinbaren, dass ein Erfüllungsanspruch erst nach geraumer Zeit, gegebenenfalls sogar erst nach mehr als 30 Jahren fällig sein soll, so ist das ihre freie Entscheidung. Auch solche Absprachen der Beteiligten unterliegen der Inhaltskontrolle. Das reicht nach Ansicht der Bundesregierung aus.

Teilweise knüpft indessen der Gesetz- oder Verordnungsgeber selbst die Fälligkeit einer Forderung an die Erteilung einer Rechnung an, wie dies beispielsweise hinsichtlich der Honorare von Architekten gemäß § 8 Abs. 1 HOAI geschehen ist. Hier ändert sich die Rechtslage gegenüber dem geltenden Recht nicht. Nennenswerte Probleme sind bislang nicht aufgetreten und werden sich auch künftig nicht ergeben. Soweit der Gläubiger wider Treu und Glauben die Rechnungserteilung unterlässt, bieten sich Lösungsmöglichkeiten über § 242 BGB, insbesondere über die Verwirkung (Palandt/Heinrichs, BGB, 60. Aufl. 2001, §§ 199, 200 Rdn. 2).

Selbst eine 30-jährige Ausschluss- oder Verjährungsfrist für nicht fällige vertragliche Erfüllungsansprüche wäre im Übrigen insbesondere bei Dauerschuldverhältnissen nicht ausreichend. Viele Dienstverträge, insbesondere Arbeitsverträge, haben über mehr als 30 Jahre Bestand. Es wäre nicht akzeptabel, wenn z. B. im 31. Jahr weder der Arbeitnehmer zur Leistung der versprochenen Dienste noch der Arbeitgeber zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet wäre. Entsprechendes gilt für mehr als 30 Jahre andauernde Mietverhältnisse hinsichtlich des Anspruchs auf Gebrauchsgewährung einerseits und des Anspruchs auf Mietzins andererseits.

Auch bei den vom Bundesrat unter Verweis auf „Uralt-Sparbücher“ angesprochenen Darlehensverträgen führt das Abstellen auf die Fälligkeit und damit bei solchen Verträgen auf die Kündigung zu sachgerechten Ergebnissen: Der Sparer einerseits geht nicht der Spareinlage verlustig, die er vergessen oder ererbt hat, ohne davon zu wissen. Banken und Sparkassen andererseits können – wie bisher – den Berechtigten ausfindig machen, ihm gegenüber das Darlehen kündigen und damit die (regelmäßige) Verjährungsfrist in Gang setzen, die künftig nur drei Jahre statt 30 Jahre beträgt. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass es auch Fälle geben kann, in denen die Bank oder Sparkasse Gläubiger eines nicht fälligen Rückerstattungsanspruchs ist, der mehr als 30 Jahre „alt“ ist, wenn etwa ein Darlehen nicht laufend getilgt wird, sondern durch eine – beispielsweise mit Vollendung des 65. Lebensjahres des Darlehensnehmers fällige – Kapitallebensversicherung zurückgezahlt werden soll und bis dahin mehr als 30 Jahre vergehen.


D. Bericht des Rechtsausschusses (6. Ausschuss)- BT-Drucksache 14/7052


I. Der 6. Ausschuß des Bundestages beschloß dann den §199 wie es folgt zu ändern: (BT-Drucksache 14/7052, Seite 4)

Entwurf Beschlüsse des 6. Ausschusses
§ 199 § 199
3. Im ersten Buch wird der fünfte Abschnitt wie folgt gefasst:

„Abschnitt 5 - Verjährung

Titel 1 - Verjährung bei Rechtsnachfolge

3. Im ersten Buch wird der fünfte Abschnitt wie folgt gefasst:

„Abschnitt 5 - Verjährung

Titel 1 - Verjährung bei Rechtsnachfolge

§ 199 - Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist

§ 199 - Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist und Höchstfristen

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, wenn

1. der Anspruch fällig ist, und

2. der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem

1. der Anspruch entstanden ist, und

2. der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis verjährt der Anspruch in zehn Jahren von der Fälligkeit an. Satz 1 gilt nicht bei Ansprüchen wegen Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3) Ohne Rücksicht auf die Fälligkeit und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis verjähren Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung, aus Gefährdungshaftung und aus Verletzung einer Pflicht aus einem Schuldverhältnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung,der Verwirklichung der Gefahr oder der Pflichtverletzung an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1. ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an, und

2. ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösendenEreignis an.

Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(4) Andere Ansprüche als Schadensersatzansprüche
verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder
grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer
Entstehung an.
(4) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an
die Stelle der Fälligkeit die Zuwiderhandlung.
(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an
die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.



II. Beratung und Beratungsergebnis im Rechtsausschuss

Der Rechtsausschuss hat die Vorlage in seiner 96. Sitzung am 25. September 2001 abschließend beraten.

Die Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN trugen übereinstimmend vor, mit dem Gesetzentwurf werde einer jahrzehntelang andauernden Diskussion und umfangreichen Vorarbeiten seit 1978 Rechnung getragen. Der Gesetzentwurf bewirke die dringend erforderliche Modernisierung des Schuldrechts. Das komplizierte und in weiten Teilen durch Richterrecht abgelöste Schuldrecht werde deutlich vereinfacht, übersichtlich gegliedert und inhaltlich modernisiert. Die Ausrichtung an den internationalen Vertragsprinzipien trage auch dazu bei, dass das deutsche Recht international wieder wettbewerbsfähig werde und in eine europäische Diskussion zur Vereinheitlichung des Vertragsrechts effektvoll werde eingebracht werden können. Die Integration der Verbraucherschutzgesetze in das Bürgerliche Gesetzbuch sei überfällig. Zur Verbesserung des Entwurfs sollten die in der Gegenäußerung der Bundesregierung akzeptierten Änderungen sowie einige Änderungen aus den Gesprächen der Berichterstatter, wie aus der Zusammenstellung ersichtlich, berücksichtigt werden. Schließlich solle die bisherige Verjährungsregelung für Betriebsrenten beibehalten werden.

Der entsprechende Antrag zu Artikel 5 Abs. 35 wurde mit den Stimmen der Fraktionen SPD, BÃœNDNIS 90/DIE GRÃœNEN und PDS gegen die Stimmen der Fraktionen CDU/CSU und FDP angenommen.

Die Fraktion der CDU/CSU wandte gegen den Gesetzentwurf ein, dass er einen wesentlichen Teil der deutschen Rechtsordnung übereilt ändere. Hierzu bestehe keine Veranlassung, da sich die europäischen Richtlinien auch in kleinerem Rahmen umsetzen ließen. Es sei zu befürchten, dass sich in der Praxis herausstellen werde, dass eine Vielzahl von Fragen nicht geregelt seien. Daraus könnten sich Fehler ergeben, mit denen der Rechtsverkehr nicht zurechtkommen werde. Außerdem sei es besser, zunächst die Entwicklung der europäischen Bemühungen um eine Vereinheitlichung des Vertragsrechts abzuwarten. Anderenfalls sei zu befürchten, dass in wenigen Jahren wieder eine grundlegende Überarbeitung erforderlich sei. Die zahlreichen Änderungen des Entwurfs im Laufe der Beratungen seien ein Zeichen dafür, dass es sich nicht um eine ausgereifte Vorlage handele.

Die Fraktion der CDU/CSU stellte zu dem Gesetzentwurf insgesamt folgenden Antrag:

Der Rechtsausschuss möge beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, eine Fassung des Gesetzentwurfs vorzulegen, die – auch in der Begründung – sämtliche Änderungen berücksichtigt, die sich im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens ergeben haben.“

Begründung

Die zahlreichen Änderungen, die im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens notwendig waren, werden durch eine bloße Synopse nicht in der gebotenen Weise transparent gemacht.

Eine abschließende Fassung des Gesetzentwurfs nebst Begründung ist erforderlich, um dem Rechtsanwender die Erschließung und Einarbeitung der Neuerungen zu erleichtern. Dieser Antrag wurde mit den Stimmen der Fraktionen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und PDS gegen die Stimmen der Fraktion der CDU/CSU bei Abwesenheit der Fraktion der FDP abgelehnt.


Die Fraktion der CDU/CSU stellte zu den einzelnen Vorschriften des Gesetzentwurfs folgenden Antrag:

1.(...)

2. Zu Artikel 1 Abs. 1 Nr. 3 (§ 199 BGB)

In Artikel 1 Abs. 1 Nr. 3 § 199 Abs. 2 ist folgender neuer Satz 2 einzufügen:

„Satz 1 gilt auch für andere Schadensersatzansprüche aufgrund vorsätzlich oder grob fahrlässig verursachter Vermögensschäden.
“

Begründung

Die in der Synopse (Stand 17. September 2001) vorgesehene Konzeption des § 199 BGB leidet an erheblichen Wertungswidersprüchen.

Danach unterliegen Ansprüche wegen einer geringfügigen Körperverletzung oder der Verletzung eines der anderen in § 199 Abs. 2 BGB-E genannten Rechtsgüter auch im Falle leichtester Fahrlässigkeit oder – bei Vorliegen eines Gefährdungshaftungstatbestandes – ohne jedes Verschulden des Schädigers der dreißigjährigen Ausschlussfrist des § 199 Abs. 2 BGB-E.

Gleichzeitig verjähren Schadensersatzansprüche wegen einer vorsätzlich sittenwidrigen Schädigung (§ 826 BGB) oder wegen der Begehung einer vorsätzlichen Straftat (§ 823 Abs. 2 BGB) spätestens zehn Jahre nach ihrer Entstehung, auch wenn sie zur Vernichtung der wirtschaftlichen Existenz des Geschädigten führen. Das Eigentum und das Vermögen des Geschädigten werden in Fällen vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Übergriffe Dritter gegenüber den höchstpersönlichen Rechtsgütern unangemessen benachteiligt. Dabei beachtet der Entwurf nicht hinreichend die Wertentscheidung der Verfassung, die mit Artikel 14 GG dem Grundrechtsträger einen Freiheitsraum im vermögensrechtlichen Bereich sichern und ihm damit eine eigenverantwortliche Gestaltung des Lebens ermöglichen will (vgl. BVerfGE 68, 193/ 222), die im engen Zusammenhang mit der persönlichen Freiheit steht (vgl. BVerfGE 24, 367/389).

§ 199 Abs. 3 BGB-E (Fassung des Synopsenänderungspapiers) umfasst dann nur noch Schadensersatzansprüche die leicht oder mittelschwer fahrlässig verursacht wurden.

Der Antrag zu Ziffer 1 wurde mit den Stimmen der Fraktionen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und PDS bei Abwesenheit der Fraktion der FDP abgelehnt. Die Anträge zur den Ziffern 2 bis 6 wurden mit den Stimmen der Fraktionen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und PDS gegen die Stimmen der Fraktion der CDU/CSU und bei Abwesenheit der Fraktion der FDP abgelehnt.

Die Fraktion der FDP kritisierte, dass die Beratungen unter großem Zeitdruck gestanden hätten. Aufgrund der kurzen Beratungszeit seien die vielen Anregungen der Verbände nicht berücksichtigt worden. Daher sei es sehr schwer zu beurteilen, ob sich die gefundenen Änderungen als praxistauglich erweisen werden. Es wäre richtig gewesen abzuwarten, bis eine europäische Lösung des Schuldrechts vorgelegen hätte.

Die Fraktion der PDS hielt eine Schuldrechtsreform, mit der Anpassungen an die moderne Entwicklung vorgenommen würden, für notwendig. Grundsätzlich werde diese Reform Verbesserungen für die Verbraucher bringen und die Rechtsanwendung vereinfachen. Die Umsetzung des Entwurfs in der Praxis werde aber dadurch erschwert, dass der Entwurf sehr spät vorgelegt worden sei. Positiv zu werten seien grundsätzlich die Schaffung eines einheitlichen Tatbestandes der Pflichtverletzung, die Verlängerung der Gewährleistungsfrist, die konsumentenfreundliche Beweislastumkehr, die Verpflichtung des Käufers, eine mangelfreie Ware zu liefern einschließlich der Haftung für versprochene Eigenschaften und die Integration der Verbraucherschutzgesetze in das Schuldrecht. Die Verabschiedung des Gesetzentwurfs werde jedoch weitere Verbesserungen im Bauwerkvertragsrecht und zur Hebung der Zahlungsmoral nicht entbehrlich machen.

In seiner Schlussabstimmung wurde der Gesetzentwurf in der aus der Zusammenstellung ersichtlichen Fassung mit den Stimmen der Fraktionen SPD, BÃœNDNIS 90/DIE GRÃœNEN und PDS gegen die Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP angenommen.


III. Zur Begründung der Beschlussempfehlung

Zu Artikel 1 (Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs)

Zu § 199 (Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist und Höchstfristen)

Der Ausschuss hält die Regelung des § 199 BGB-E im Grundsatz für zweckmäßig. Er hält indessen folgende Änderungen für geboten:

– Die bisherige Überschrift soll um den Zusatz „und Höchstfristen“ ergänzt werden. Denn § 199 BGB-E regelt nicht allein den Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist, sondern auch besondere Verjährungsfristen, die als Höchstfristen erwähnt werden sollen.

– Der Ausschuss hält es für geboten, die regelmäßige Verjährungsfrist nicht schon mit Fälligkeit und Kenntnis bzw. grob fahrlässiger Unkenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen beginnen zu lassen, sondern erst mit dem Ablauf des Kalenderjahres, in dem diese Umstände eintreten. Diese sog. Ultimoverjährung gilt nach dem bisherigen § 199 BGB für die bisher in 2 und in 4 Jahren verjährenden Vergütungsansprüche. Der Entwurf verwirft diese Regelung, weil sie ungerecht und sachlich nicht veranlasst sei (Drucksache 14/6040 S. 99). In der vor dem Ausschuss stattgefundenen Sachverständigenanhörung hat sich indes gezeigt, dass sie nicht unerhebliche praktische Erleichterungen bietet. Allerdings kann sie – wie der Entwurf mit Recht bemerkt

– nicht nur für Vergütungsansprüche vorgesehen werden. Sie muss vielmehr für alle Ansprüche gelten, die der regelmäßigen Verjährung unterliegen. Denn die Sachlage ist bei allen diesen Ansprüchen die gleiche.

– Nach Ansicht des Ausschusses sollte der Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist nicht von der Fälligkeit, sondern – insoweit wie bisher (vgl. § 198 BGB) – von dem Entstehen des Anspruchs abhängen. Damit soll das mit dem Entwurf Gewollte zielsicherer erreicht werden. Der bisher in § 198 Satz 1 BGB verwandte Begriff der Entstehung des Anspruchs ist zwar gleichbedeutend mit der Fälligkeit des Anspruchs. Soweit indes künftig auch die deliktischen Ansprüche der regelmäßigen Verjährungsfrist unterfallen, ist zweifelhaft, ob die Rechtsprechung zum namentlich im Deliktsrecht angewandten Grundsatz der Schadenseinheit, die der Entwurf unangetastet lassen möchte, fortgesetzt werden kann. Wenn jemand heute körperlich geschädigt wird, lässt sich sagen, dass sein Anspruch auf Ersatz jener Heilungskosten, die in 5 Jahren anfallen werden, schon heute „entstanden“ ist; als fällig kann er dagegen wohl nicht bezeichnet werden. Wenn jene Schäden zwar vorhersehbar sind, in ihrer konkreten Ausprägung aber noch nicht feststehen, können sie nicht mit der – mit dem Begriff der Fälligkeit untrennbar verbundenen – Leistungsklage verfolgt werden, sondern allein mit der Feststellungsklage. Daher erscheint es angezeigt, generell wieder zu dem Begriff der Entstehung des Anspruchs zurückzukehren.

– § 199 Abs. 3 BGB-E enthält zwei unterschiedlich wirkende Regelungen für die verschiedenen Arten des Anspruchs auf Schadensersatz, die oft missverstanden worden sind. Die Regelungen sollen entzerrt werden. Dazu soll in Absatz 2 unmittelbar nur die Verjährung von Schadensersatzansprüchen wegen der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit geregelt werden. Als Anknüpfungspunkt für die Frist soll nicht mehr die Verwirklichung der Gefahr genannt werden. Es gibt nämlich außer den im Entwurf genannten drei Anknüpfungspunkten noch weitere, z. B. bei Unterlassungsansprüchen den Zeitpunkt, in dem eine Handlung geboten gewesen wäre. Deshalb soll neben der Begehung der Handlung und der Pflichtverletzung das den Schaden auslösende Ereignis als Auffangtatbestand genannt werden.

– Absatz 3 soll regeln, was für die nicht in § 199 Abs. 2 BGB-BE genannten Schadensersatzansprüche, insbesondere für solche wegen der Verletzung des Eigentums oder des Vermögens gelten soll. Ein solcher Anspruch verjährt, wenn die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis nicht vorliegt, in 10 Jahren von seiner Entstehung an. Liegt auch die Voraussetzung der Entstehung des Anspruchs nicht vor, verjährt er ohne Rücksicht auf Entstehung und Kenntnis in 30 Jahren von dem schadensauslösenden Ereignis an. Maßgeblich soll stets die im Ergebnis früher ablaufende Verjährungsfrist sein.

– § 199 Abs. 2 BGB-E gilt nicht nur für andere Ansprüche als Schadensersatzansprüche, sondern auch für Schadensersatzansprüche wegen der Verletzung des Eigentums und des Vermögens. Für letztere wird in § 199 Abs. 3 BGB-BE eine ausdrückliche Regelung getroffen. Der verbleibende Regelungsinhalt des § 199 Abs. 2 BGB-E soll in Absatz 4 untergebracht werden.

C. Weiterer Fortgang des Verfahrens


Folglich erging das Gesetz ohne weitere Änderungen zu diesem Paragraphen.
In dieser Kommentarsreihe werden insbesondere folgende Abkürzungen und Quellen verwendet:
a.A. = Anderer Ansicht
AG = Arbeitgeber (evtl. auch einmal "Aktiengesellschaft")
AGBs, AGB´s = Allgemeine Geschäftsbedingungen
AG = Amtsgericht
ArbG = Arbeitsgericht (gelegentlich auch für Arbeitgeber!)
ArbGG = Arbeitsgerichtsgesetz
AT = Austria, Österreich
BAG = Bundesarbeitsgericht (BRD)
BGB = Bürgerliches Gesetzbuch (BRD)
BGH = Bundesgerichtshof (BRD)
BRD = Bundesrepublik Deutschland
BVerwG = Bundesverwaltungsgericht
CH = Schweiz
Dornb./W.- ... Dornbusch/Wolff-(Bearbeiter), KSchG, arbeitsrechtliche Kurzkommentare, Luchterhand-Verlag
EuGH = Europäischer Gerichtshof
EU = Europäische Union
h.M. = Herrschende Meinung
KSchG = Kündigungsschutzgesetz
LAG = Landesarbeitsgericht
OGH = Oberster Gerichtshof (Österreich)
OLG = Oberlandesgericht (BRD)
OVG = Oberverwaltungsgericht (BRD)
Pal.- ... = Palandt-(Bearbeitername), Kurzkommentar zum BGB, C.H. Beck-Verlag
PM = Pressemitteilung
m.M. = Mindermeinung
Staudinger-... = Staudinger-(Bearbeiter, Kommentar zum BGB
str. = strittig, streitig
u.a. = unter anderem
u.U. = Unter Umständen
ZPO = Zivilprozeßordnung
Urteile nach 21.06.2006, also nach Abschluss dieser Kommentierung