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BGB
Bürgerliches Gesetzbuch
§ 310 Anwendungsbereich (Regelung seit 01.01.2002 gültig bis vor 01.01.2009, bitte hier klicken zur Änderung)
(1) § 305 Abs. 2 und 3 und die §§ 308 und 309 finden keine Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen verwendet werden. § 307 Abs. 1 und 2 findet in den Fällen des Satzes 1 auch insoweit Anwendung, als dies zur Unwirksamkeit von in den §§ 308 und 309 genannten Vertragsbestimmungen führt; auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche ist angemessen Rücksicht zu nehmen.

(2) Die §§ 308 und 309 finden keine Anwendung auf Verträge der Elektrizitäts-, Gas-, Fernwärme- und Wasserversorgungsunternehmen über die Versorgung von Sonderabnehmern mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser aus dem Versorgungsnetz, soweit die Versorgungsbedingungen nicht zum Nachteil der Abnehmer von Verordnungen über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung von Tarifkunden mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser abweichen. Satz 1 gilt entsprechend für Verträge über die Entsorgung von Abwasser.

(3) Bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher (Verbraucherverträge) finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit folgenden Maßgaben Anwendung:

1. Allgemeine Geschäftsbedingungen gelten als vom Unternehmer gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden;

2. § 305c Abs. 2 und die §§ 306 und 307 bis 309 dieses Gesetzes sowie Artikel 29a des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche finden auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann Anwendung, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und soweit der Verbraucher auf Grund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte;

3. bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 und 2 sind auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen.

(4) Dieser Abschnitt findet keine Anwendung bei Verträgen auf dem Gebiet des Erb-, Familien- und Gesellschaftsrechts sowie auf Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen. Bei der Anwendung auf Arbeitsverträge sind die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen; § 305 Abs. 2 und 3 ist nicht anzuwenden. Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen stehen Rechtsvorschriften im Sinne von § 307 Abs. 3 gleich.
Zur Änderung zum 01.01.2002 (Schuldrechtsreform!)
(Etwaige Ergänzungen zum Originaltext sind blau!)


A. Auszug aus Entwurf BT-Drucksache 14/6040:


Entwurf der Bundesregierung (Seite 3)

1. Vorschlag


12. Dem zweiten Abschnitt des zweiten Buches wird folgender Abschnitt vorangestellt:

„Abschnitt 2

Gestaltung rechtsgeschäftlicher Schuldverhältnisse durch Allgemeine Geschäftsbedingungen

§ 310

Anwendungsbereich

(1) § 305 Abs. 2 und 3 und die §§ 308 und 309 finden keine Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen verwendet werden. § 307 Abs. 1 und 2 findet in den Fällen des Satzes 1 auch insoweit Anwendung, als dies zur Unwirksamkeit von in den §§ 308 und 309 genannten Vertragsbestimmungen führt; auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche ist angemessen Rücksicht zu nehmen.

(2) Die §§ 308 und 309 finden keine Anwendung auf Verträge der Elektrizitäts-, Gas-, Fernwärme- und Wasserversorgungsunternehmen über die Versorgung von Sonderabnehmern mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser aus dem Versorgungsnetz, soweit die Versorgungsbedingungen nicht zum Nachteil der Abnehmer von den Verordnungen über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung von Tarifkunden mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser abweichen. Satz 1 gilt entsprechend für Verträge über die Entsorgung von Abwasser.

(3) Bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher (Verbraucherverträge) finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit folgenden Maßgaben Anwendung:

1. Allgemeine Geschäftsbedingungen gelten als vom Unternehmer gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden;

2. § 305c Abs. 2 und die §§ 306 bis 309 dieses Gesetzes sowie Artikel 29a des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche finden auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann Anwendung, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und soweit der Verbraucher auf Grund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte;

3. bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 und 2 sind auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen.

(4) Dieser Abschnitt findet keine Anwendung bei Verträgen auf dem Gebiet des Arbeits-, Erb-, Familienund Gesellschaftsrechts.“



2. Begründung zur Änderung des § 310:


Zu § 310 – Anwendungsbereich

Zu Absatz 1

Absatz 1 entspricht fast wörtlich dem bisherigen § 24 AGBG. Es werden lediglich die Verweisungen auf die Vorschriften des AGB-Gesetzes durch Verweisungen auf die Vorschriften des neuen Abschnitts 2 ersetzt. Die Verweisung auf § 29a EGBGB entfällt, da sie überflüssig ist: Der von Artikel 29a EGBGB intendierte Schutz gegen eine Abwahl der EU-Verbraucherschutzstandards ist bei der Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen gegenüber Unternehmern verzichtbar. Denn die Klauselrichtlinie 93/13/EWG, deren Transformationsbestimmungen nach Artikel 29a Abs. 1 und 4 Nr. 1 EGBGB trotz Rechtswahl weiterhin Anwendung finden sollen, hat allein vorformulierte Vertragsbedingungen im Visier, die ein Unternehmer gegenüber Verbrauchern stellt (Dörner in: Schulze/ Schulte-Nölke, S. 186 ff., 199).

Zu Absatz 2

Absatz 2 übernimmt die bisherige Ausnahme des § 23 Abs. 2 Nr. 3 AGBG. Danach gelten die bisherigen §§ 10, 11 AGBG (= §§ 308, 309 RE) nicht für Verträge mit Sonderabnehmern von Strom und Gas, es sei denn, dass die Verträge Abweichungen von den Verordnungen über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Elektrizität bzw. Gas, die für den Regelfall der typisierten Vertragsbeziehungen der Versorgungsunternehmen zu Tarifkunden den Inhalt der Versorgungsverträge bestimmen, vorsehen. Hinter dieser Ausnahme steht der Gedanke, dass Sonderabnehmer, auch wenn sie Verbraucher sind, keines stärkeren Schutzes bedürfen als Tarifabnehmer, so dass es den Versorgungsunternehmen frei stehen muss, ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen mit Sonderabnehmern entsprechend den Allgemeinen Versorgungsbedingungen auszugestalten.

Der Anwendungsbereich dieser Ausnahme ist durch die zunehmende Liberalisierung auf dem Energieversorgungsmarkt gestiegen. Daraus folgt nämlich, dass zunehmend auch Verbraucher mit Versorgungsunternehmen Verträge abschließen, die nicht von vornherein den Allgemeinen Bedingungen für die Versorgung mit Elektrizität, Gas usw. unterliegen, und insoweit zu „Sonderabnehmern“ werden. Das Bedürfnis für eine Parallelgestaltung der Vertragsbedingungen der Versorgungsunternehmen gegenüber Verbrauchern als Tarifkunden und Verbrauchern als Sonderabnehmern besteht mithin weiterhin, so dass der Entwurf die Ausnahmeregelung beibehält.

Zugleich wird die Ausnahmeregelung des Absatzes 2 um eine entsprechende Regelung für Verträge mit Sonderabnehmern über die Versorgung von Wasser und Fernwärme sowie die Entsorgung von Abwasser ergänzt. Insoweit lag nämlich nach bisherigem Recht eine „planwidrige Lücke“ (Ulmer in: Ulmer/Brandner/Hensen, § 23 Rdnr. 39) vor. Auch für diese Bereiche sieht nämlich der geltende § 27 AGBG, der als Artikel 242 in das Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche integriert werden soll (vgl. Artikel 2 Nr. 3 des Entwurfs) eine Ermächtigungsgrundlage zum Erlass von Rechtsverordnungen zur Regelung der Verbzw. Entsorgungsbedingungen vor. Die entsprechenden Verordnungen über die Allgemeinen Versorgungsbedingungen für Wasser und Fernwärme für Verträge zwischen Versorgungsunternehmen und ihren (Tarif-)Kunden sind inzwischen auch mit Wirkung vom 1. April 1980 erlassen worden.

Der Erlass einer entsprechenden Verordnung über die Allgemeinen Entsorgungsbedingungen für Abwasser steht bevor. Gründe, die für eine divergierende Regelung sprechen könnten, sind nicht ersichtlich, so dass der Gesetzgeber die Lücke im Rahmen einer Fortschreibung der Vorschriften zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen schließen sollte.

Zu Absatz 3

Absatz 3 entspricht wörtlich dem bisherigen § 24a AGBG.
Auch hier werden lediglich die Verweisungen auf Vorschriften des AGB-Gesetzes durch Verweisungen auf die Bestimmungen des neuen Abschnitts 2 ersetzt. Neu ist hier die bislang fehlende Definition von Verbraucherverträgen.

Zu Absatz 4

Absatz 4 entspricht wörtlich dem bisherigen § 23 Abs. 1 AGBG.

B. Stellungnahme des Bundesrates - BT-Drucksache 14/6857, Anlage 2, Seite 5-41


1. Vorschlag - 49. Zu Artikel 1 Abs. 1 Nr. 12 (§ 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB)


In Artikel 1 Abs. 1 Nr. 12 § 310 Abs. 3 Nr. 2 ist die Angabe „die § 305c Abs. 2 und §§ 306 bis 309“ durch die Angabe „§ 305c Abs. 2 und die §§ 306, 307 bis 309“ zu ersetzen.

2. Begründung - 49. Zu Artikel 1 Abs. 1 Nr. 12 (§ 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB)


Nach der Begründung des Gesetzentwurfes soll lediglich § 24a AGB-Gesetz übernommen werden. Dort wird jedoch § 7 AGB-Gesetz nicht in Bezug genommen, weshalb auch die Verweisung auf § 306a BGB-E entfallen muss, der § 7 AGB-Gesetz entspricht. Andernfalls bedürfte die Änderung näherer Begründung.

3. Vorschlag - 50. Zu Artikel 1 Abs. 1 Nr. 12 (§ 310 Abs. 4 BGB)


Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob die Ausnahme für das Arbeitsrecht in § 310 Abs. 4 BGB-E (bisher § 23 Abs. 1 AGB-Gesetz) noch sachgerecht ist.

4. Begründung - 50. Zu Artikel 1 Abs. 1 Nr. 12 (§ 310 Abs. 4 BGB)


§ 23 Abs. 1 AGB-Gesetz bestimmt gegenwärtig, dass das AGB-Gesetz insgesamt auf Arbeitsverträge keine Anwendung findet. Das bedeutet, dass sowohl die Vorschriften des AGB-Gesetzes über die Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen als auch die Vorschriften über ihre Kontrolle nicht auf Arbeitsvertragsbedingungen anzuwenden sind. Hieraus ist aber nicht der Schluss zu ziehen, dass eine AGB-Kontrolle im Bereich des Arbeitsrechts nicht stattfindet. § 23 Abs. 1 AGB-Gesetz wird nämlich einhellig so ausgelegt, dass die Vorschrift nur speziell die Anwendung des AGB-Gesetzes, nicht aber die Vornahme einer AGB-Kontrolle an sich untersage. Das Bundesarbeitsgericht geht deshalb derzeit so vor wie der Bundesgerichtshof vor Schaffung des AGB-Gesetzes. Auf der Grundlage von §§ 242 und 315 BGB werden Arbeitsvertragsbedingungen im Prinzip so überprüft, als fände jedenfalls § 9 AGB-Gesetz auf sie Anwendung. Damit stellt sich die Frage, ob die Herausnahme des Arbeitsrechts insgesamt aus dem Anwendungsbereich des
AGB-Gesetzes und der dieses insoweit ersetzenden §§ 305 ff. BGB-E sachlich gerechtfertigt ist.

5. Vorschlag - 51. Zu Artikel 1 Abs. 1 Nr. 12 (§ 310 BGB)


Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, wie sichergestellt werden kann, dass die Neuregelungen des Gesetzes nicht zu einer unangemessenen Beeinträchtigung der Vertragsfreiheit von Unternehmen bei der Gestaltung ihrer Vertragsbeziehungen untereinander führen.

6. Begründung - 51. Zu Artikel 1 Abs. 1 Nr. 12 (§ 310 BGB)


Die Überprüfung Allgemeiner Geschäftsbedingungen zwischen Unternehmen erfolgt gemäß § 307 BGB-E anhand der wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung. Diese werden durch den vorliegenden Gesetzentwurf in erheblichem Umfang vor allem zu Gunsten der Käufer und Werkbesteller verschärft. Damit besteht die Gefahr, dass eine gleichartige Verschiebung der Gewichte anhand der AGB-Kontrolle auch zwischen Unternehmen herbeigeführt wird, obwohl dort kein entsprechendes Schutzbedürfnis vorhanden ist und keine Veranlassung besteht, bislang zulässige Allgemeine Geschäftsbedingungen für unzulässig zu erklären. Die Entwicklung der Kontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen zwischen Unternehmen auf Grund des vorliegenden Gesetzentwurfes bereitet deshalb der deutschen Wirtschaft größte Sorge. Es wird ein zunehmender Druck zum Ausweichen auf ausländisches Recht befürchtet, was nicht Ziel des deutschen Gesetzgebers sein kann. In § 310 BGB-E sollte dem in geeigneter Weise Rechnung getragen werden, etwa indem die (in aller Regel) deutlich geringere Schutzbedürftigkeit bei der Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen gegenüber Unternehmen herausgestellt wird. So könnten etwa in Absatz 1 Satz 2 nach dem Wort „Gebräuche“ die Worte „sowie die geringere Schutzbedürftigkeit“ eingefügt werden.


C. Gegenäußerung der Bundesregierung- BT-Drucksache 14/6857, Anlage 3, Seite 42-72


Zu Nummer 49 Zu Artikel 1 Abs. 1 Nr. 12 (§ 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB)


Der vorgeschlagenen Änderung wird zugestimmt.

Zu Nummer 50 Zu Artikel 1 Abs. 1 Nr. 12 (§ 310 Abs. 4 BGB)


Als Ergebnis der erbetenen Prüfung schlägt die Bundesregierung vor, § 310 Abs 4 BGB-RE wie folgt zu fassen:

„(4) Dieser Abschnitt findet keine Anwendung bei Verträgen auf dem Gebiet des Erb-, Familien- und Gesellschaftsrechts sowie auf Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen. Bei Arbeitsverträgen sind die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen; § 305 Abs. 2 und 3 ist nicht anzuwenden. Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen stehen Rechtsvorschriften im Sinne von § 307 Abs. 3 gleich.“

Die Bundesregierung ist der Auffassung, dass die Bereichsausnahme des Arbeitsrechts hinsichtlich des AGB-Gesetzes im Grundsatz aufzuheben ist. Trotz des Schutzes durch zwingende gesetzliche Vorschriften und kollektive Vereinbarungen besteht auch im Arbeitsrecht ein Bedürfnis nach richterlicher Kontrolle der einseitig vom Arbeitgeber festgesetzten Arbeitsbedingungen; dies ist gerade vor dem Hintergrund des existentiellen Angewiesenseins auf einen Arbeitsplatz von besonderer Bedeutung. Das Fall-Material der Rechtsprechung des BAG zu den Arbeitsvertragsmodalitäten zeigt, dass eine „sich selbst überlassene“ Vertragsfreiheit nicht in der Lage war, insgesamt einen ausreichenden Schutz der Arbeitnehmer vor unangemessenen Vertragsbedingungen zu gewährleisten. Das BAG unterzieht daher Arbeitsbedingungen trotz des geltenden § 23 AGBG, der bestimmt, dass das AGB-Gesetz insgesamt auf Arbeitsverträge keine Anwendung findet, einer Inhaltskontrolle. Es legt § 23 Abs. 1 AGBG dabei so aus, dass die Vorschrift nur speziell die Anwendung des AGB-Gesetzes, nicht aber die Vornahme einer AGB-Kontrolle an sich untersage. Das BAG geht deshalb derzeit so vor wie der BGH vor Schaffung des AGB-Gesetzes. Auf der Grundlage von §§ 242 und 315 BGB werden Arbeitsvertragsbedingungen im Prinzip so überprüft, als fände jedenfalls § 9 AGBG auf sie Anwendung. Dabei ist die Rechtsprechung des BAG allerdings nicht einheitlich: Während einzelne Senate arbeitsvertragliche Klauseln sehr streng nach den Maßstäben des AGB-Gesetzes kontrollieren (vgl. BAG, DB 1996, S. 989), tendieren andere Senate des Gerichts in eine andere Richtung, wie eine der jüngsten Entscheidungen zur Frage der Ausschlussfristen bzw. abgekürzten Verjährungsfristen (BAG vom 13. Dezember 2000 – 10 AZR 168/2000) zeigt. Die aus dieser uneinheitlichen Rechtsprechung entstehende Rechtsunsicherheit sollte durch die Streichung der Bereichsausnahme beseitigt werden. Dadurch wird auch dafür gesorgt, dass das Schutzniveau der Vertragsinhaltskontrolle im Arbeitsrecht nicht hinter demjenigen des Zivilrechts zurückbleibt. Allerdings sollten vor allem die besonderen Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit im Arbeitsrecht nicht zwingend uneingeschränkt zur Anwendung kommen. Vielmehr sollten hier die besonderen Bedürfnisse eines Arbeitsverhältnisses berücksichtigt werden können. Die Bereichsausnahme muss allerdings weiterhin für Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen bestehen bleiben. Sie stellen nicht nur ausgehandelte Verträge zwischen den beteiligten Kollektivvertragsparteien dar, sondern enthalten zugleich Rechtsnormen, die unmittelbar und zwingend für die Arbeitsverhältnisse der betriebsangehörigen bzw. tarifgebundenen Arbeitsnehmer gelten (§ 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG, § 4 Abs. 1 Satz TVG). In diesen gewissermaßen „normsetzenden“ Bereich kann und darf eine AGB-Kontrolle nicht eingreifen, da anderenfalls das System der Tarifautonomie konterkariert würde. Des weiteren sind die Erfordernisse des § 305 Abs. 2 und 3 BGB-RE bei Arbeitsverträgen nicht einzuhalten. Insoweit bestimmt nämlich § 2 Abs. 1 Satz 1 des Nachweisgesetzes vom 20. Juli 1995 (BGBl. I S. 946), dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die wesentlichen Vertragsbestimmungen auszuhändigen hat. Dies kann durch einen entsprechenden Hinweis auf die einschlägigen Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen und ähnliche für das Arbeitsverhältnis geltende Regelungen ersetzt werden (§ 2 Abs. 3 des Nachweisgesetzes). In Satz 3 der vorgeschlagenen Neufassung von § 310 Abs. 4 BGB-RE wird klargestellt, dass Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen Rechtsvorschriften im Sinne § 307 Abs. 3 BGB-RE gleichstehen. Daraus folgt, dass auch Einzelarbeitsverträge, die Bezug auf einen Tarifvertrag nehmen, ohne dass eine beiderseitige Tarifbindung besteht oder die mit Kollektivverträgen übereinstimmen und lediglich deren gesamten Inhalt wiedergeben, ebenfalls nicht der Inhaltskontrolle unterliegen, sondern nur am Transparenzgebot zu messen sind.

Zu Nummer 51 Zu Artikel 1 Abs. 1 Nr. 12 (§ 310 BGB)


Die Bundesregierung hält es nicht für geboten, die Überprüfung Allgemeiner Geschäftsbedingungen, die Unternehmen untereinander verwenden, unter den Vorbehalt geringerer Schutzbedürftigkeit der Unternehmen zu stellen. Dass beiderseitige Handelsgeschäfte flexibleren Prüfungskriterien unterliegen als Verbrauchergeschäfte, ergibt sich bereits aus § 310 Abs. 1 BGB-RE. Im Übrigen würde ein Hinweis auf die „Schutzbedürftigkeit“ von Unternehmen nur zusätzliche Rechtsunsicherheit hervorrufen.

D. Bericht des Rechtsausschusses (6. Ausschuss)- BT-Drucksache 14/7052


I. Zusammenstellung des Entwurfs eines Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts mit den Beschlüssen des Rechtsausschusses (6. Ausschuss, Drucksache 14/6040)

Der 6. Ausschuß des Bundestages beschloß dann den §310 wie es folgt zu ändern: (BT-Drucksache 14/7052, Seite 4)

Entwurf Beschlüsse des 19. Ausschusses
§ 310 § 310
12. Dem zweiten Abschnitt des zweiten Buches wird folgender Abschnitt vorangestellt:

„Abschnitt 2 - Gestaltung rechtsgeschäftlicher Schuldverhältnisse durch Allgemeine Geschäftsbedingungen

§ 310 - Anwendungsbereich

12. Dem zweiten Abschnitt des zweiten Buches wird folgender Abschnitt vorangestellt:

„Abschnitt 2 - Gestaltung rechtsgeschäftlicher Schuldverhältnisse durch Allgemeine Geschäftsbedingungen

§ 310 - Anwendungsbereich

(1) § 305 Abs. 2 und 3 und die §§ 308 und 309 finden keine Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer, einer foljuristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen verwendet werden. § 307 Abs. 1 und 2 findet in den Fällen des Satzes 1 auch insoweit Anwendung, als dies zur Unwirksamkeit von in den §§ 308 und 309 genannten Vertragsbestimmungen führt; auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche ist angemessen Rücksicht zu nehmen.

Auch soweit eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften zulässig ist, ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam

(2) Die §§ 308 und 309 finden keine Anwendung auf Verträge der Elektrizitäts-, Gas-, Fernwärme- und Wasserversorgungsunternehmen über die Versorgung von Sonderabnehmern mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser aus dem Versorgungsnetz, soweit die Versorgungsbedingungen nicht zum Nachteil der Abnehmer von den Verordnungen über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung von Tarifkunden mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser abweichen. Satz 1 gilt entsprechend für Verträge über die Entsorgung von Abwasser. 1. unverändert
(3) Bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher (Verbraucherverträge) finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit folgenden Maßgaben Anwendung:

1. Allgemeine Geschäftsbedingungen gelten als vom Unternehmer gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden

2. die § 305c Abs. 2 und §§ 306 bis 309 dieses Gesetzes sowie Artikel 29a des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche finden auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann Anwendung, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und soweit der Verbraucher auf Grund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte

3. bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 und 2 sind auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen.

(3) Bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher (Verbraucherverträge) finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit folgenden Maßgaben Anwendung:

1. unverändert

2. § 305c Abs. 2 und die §§ 306 und 307 bis 309 dieses Gesetzes sowie Artikel 29a des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche finden auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann Anwendung, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und soweit der Verbraucher auf Grund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte

3. unverändert

(4) Dieser Abschnitt findet keine Anwendung bei Verträgen auf dem Gebiet des Arbeits-, Erb-, Familienund Gesellschaftsrechts. (4) Dieser Abschnitt findet keine Anwendung bei Verträgen auf dem Gebiet des Erb-, Familien- und Gesellschaftsrechts sowie auf Tarifverträge, Betriebs und Dienstvereinbarungen. Bei der Anwendung auf Arbeitsverträge sind die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen; § 305 Abs. 2 und 3 ist nicht anzuwenden. Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen stehen Rechtsvorschriften im Sinne von § 307 Abs. 3 gleich.



II. Zur Begründung der Beschlussempfehlung

Zu § 310 (Anwendungsbereich)

Zu Absatz 1

Der Ausschuss hat davon abgesehen, in Absatz 1 am Ende neben den im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuchen auch die „geringere Schutzbedürftigkeit“ als ein weiteres Kriterium aufzuführen, das bei der Inhaltskontrolle in den Fällen des Absatzes 1 zu berücksichtigen ist.
Die Regelung entspricht in der Entwurfsfassung geltendem Recht, § 24 Abs. 2 letzter Halbsatz des AGB-Gesetzes. Die „Schutzbedürftigkeit“ ist bei Unternehmern nämlich sehr unterschiedlich ausgestaltet, so dass schon deshalb verallgemeinernde Aussagen hierüber vermieden werden sollten; den Umständen des Einzelfalls kann nach Auffassung des Ausschusses am besten mit der geltenden Regelung, die auf die Besonderheiten des Handelsverkehrs abstellt, Rechnung getragen werden.

Zu Absatz 2

Durch die Streichung des Wortes „den“ wird die Vorschrift flexibler im Hinblick auf etwaige Änderungen der Bezeichnung solcher Allgemeiner Versorgungsbedingungen gestaltet.

Zu Absatz 3

Die redaktionelle Änderung entspricht dem Änderungsantrag des Bundesrates in seiner Stellungnahme zu Nummer 49, dem sich die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung angeschlossen hat.

Zu Absatz 4

Die teilweise Zurücknahme der Ausnahme für Arbeitsverträge entspricht der Gegenäußerung der Bundesregierung zu Nummer 50 der Stellungnahme des Bundesrates. Die dort dargestellten Gründe teilt der Ausschuss. Klarzustellen war in redaktioneller Hinsicht, dass sich Satz 2 nicht unmittelbar auf Arbeitsverträge beziehen und deren besondere Ausgestaltung fordern soll, sondern auf die Anwendung der Vorschriften auf Arbeitsverträge. Der Auschuss verbindet mit der vorgesehenen Formulierung die Erwartung, dass den Besonderheiten spezifischer Bereiche des Arbeitsrechts wie z. B. des kirchlichen Arbeitsrechts angemessen Rechnung getragen werden kann. Der Ausschuss ist darüber hinaus der Ansicht, dass mit der Ausweitung der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle auf dem Gebiet des Arbeitsrechts nicht gleichermaßen eine Ausweitung im Verfahrensrecht einhergehen sollte, sondern dass im Unterlassungsklagengesetz eine Ausnahme vom Anwendungsbereich für das Arbeitsrecht vorgesehen werden sollte (vgl. § 15 UklaG-BE). Das System der Unterlassungsansprüche erscheint nämlich im Bereich des Arbeitsrechts in der im Unterlassungsklagengesetz vorgesehenen Form in zweierlei Hinsicht nicht zweckmäßig zu sein: Zum einen bestimmt § 6 UKlaG-RE die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte, was ohne die nunmehr in § 15 UKlaG-BE vorgesehene Ausnahme dazu führen würde, dass sich Zivilgerichte mit der Frage unwirksamer Klauseln in Arbeitsverträgen beschäftigen müssten, obwohl dies ein Bereich ist, der typischerweise den Arbeitsgerichten vorbehalten ist. In diesem Zusammenhang wäre auch die schwierige Frage zu entscheiden, ob derartige Klagen im streitigen Verfahren oder im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren entschieden werden sollten. Eine Anwendung des UKlaG würde auch weit über den Bereich hinausgehen, für den bisher im Arbeitsrecht eine Unterlassungsklage diskutiert wird. Dies bedarf ebenso einer besonderen Diskussion wie die Frage, wer solche Ansprüche sollte geltend machen können. Nach § 3 UKlaG-RE sind Verbraucherschutzverbände, soweit sie in der Liste qualifizierter Einrichtungen eingetragen sind, Wettbewerbsverbände sowie die Industrie- und Handelskammern aktivlegitimiert.


E. Weiterer Fortgang des Verfahrens


Folglich erging das Gesetz ohne weitere Änderungen zu diesem Paragraphen.
In dieser Kommentarsreihe werden insbesondere folgende Abkürzungen und Quellen verwendet:
a.A. = Anderer Ansicht
AG = Arbeitgeber (evtl. auch einmal "Aktiengesellschaft")
AGBs, AGB´s = Allgemeine Geschäftsbedingungen
AG = Amtsgericht
ArbG = Arbeitsgericht (gelegentlich auch für Arbeitgeber!)
ArbGG = Arbeitsgerichtsgesetz
AT = Austria, Österreich
BAG = Bundesarbeitsgericht (BRD)
BGB = Bürgerliches Gesetzbuch (BRD)
BGH = Bundesgerichtshof (BRD)
BRD = Bundesrepublik Deutschland
BVerwG = Bundesverwaltungsgericht
CH = Schweiz
Dornb./W.- ... Dornbusch/Wolff-(Bearbeiter), KSchG, arbeitsrechtliche Kurzkommentare, Luchterhand-Verlag
EuGH = Europäischer Gerichtshof
EU = Europäische Union
h.M. = Herrschende Meinung
KSchG = Kündigungsschutzgesetz
LAG = Landesarbeitsgericht
OGH = Oberster Gerichtshof (Österreich)
OLG = Oberlandesgericht (BRD)
OVG = Oberverwaltungsgericht (BRD)
Pal.- ... = Palandt-(Bearbeitername), Kurzkommentar zum BGB, C.H. Beck-Verlag
PM = Pressemitteilung
m.M. = Mindermeinung
Staudinger-... = Staudinger-(Bearbeiter, Kommentar zum BGB
str. = strittig, streitig
u.a. = unter anderem
u.U. = Unter Umständen
ZPO = Zivilprozeßordnung
Urteile nach 06.07.2006, also nach Abschluss dieser Kommentierung