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KSchG
Kündigungsschutzgesetz
§ 6 Verlängerte Anrufungsfrist (Regelung seit 01.01.2004)
Hat ein Arbeitnehmer innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung im Klagewege geltend gemacht, dass eine rechtswirksame Kündigung nicht vorliege, so kann er sich in diesem Verfahren bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz zur Begründung der Unwirksamkeit der Kündigung auch auf innerhalb der Klagefrist nicht geltend gemachte Gründe berufen. Das Arbeitsgericht soll ihn hierauf hinweisen.
Franz-Anton Plitt
 (Internet entrepreneur)
 Chisinau
 (Moldova)


Stand: 11.01.2011
Co-Kommentatoren
Düsseldorf
:
Christoph Burgmer
 (Rechtsanwalt)

München
:
Pierre Rosenberger
 (Rechtsanwalt)

Ãœberblick zum Thema
I. Allgemeines und Anwendbarkeit


Die Bestimmung ist nur anwendbar, wenn die Frist des § 4 KSchG bei der Einlegung der Kündigungsschutzklage eingehalten worden ist.

Zweck der Bestimmung ist es, im Zusammenspiel mit § 4 KSchG frühzeitig Rechtsklarheit und -sicherheit zu schaffen.

§ 6 KSchG will dabei zusätzlich den - häufig rechtsunkundigen - Arbeitnehmer vor einem unnötigen Verlust seines Kündigungsschutzes aus formalen Gründen schützen. Auch wenn die Begründung nicht auf die Sozialwidrigkeit sondern auf andere Umstände abstellt, so steht dem Klagenden auch weiterhin die Möglichkeit offen, sich auf die Sozialwidrigkeit der Kündigung zu berufen (BAG, 2 AZR 699/06 - Urt.v. 23.04.2008, Rn. 24).

Die Bestimmung ist entsprechend anzuwenden, wenn der Arbeitnehmer Leistungsklage erhebt. Voraussetzung ist aber auch hier die Einhaltung der Frist des § 4 KSchG.

Eine entsprechende Anwendung ist auch bei einer Klage gegen eine Änderungskündigung (§ 2 KSchG) geboten.

Analog gilt die Norm, wenn eine neue Kündigung aus denselben Gründen ausgesprochen wird und der ArbN im Prozeß durch Aufrechterhaltung seines Feststellungsantrages auf Bestehen des Arbeitsverhältnisses sowie Eingehens auf die Kündigung erkennbar seinen Willen, sich auch gegen diese Kündigung wehren zu wollen, äußert (BAG, 2 AZR 699/06 - Urt.v. 23.04.2008, Rn. 22 + 25).

Nicht entschieden vom BAG wurde bislang offenbar die Konstellation, daß die neue Kündigung aus anderen Gründen erging; im Ergebnis sollte aber dasselbe wie bei der Begründungsgleichen Zweit-Kündigung gelten. Hierfür sprechen Zweck der Norm wie die Prozeßökonomie und die Urteilslogik.


II. Inhalt


Der gekündigte kann bis zum Ende der 1. Instanz weitere Unwirksamkeitsgründe einführen.

Auch wenn die Begründung z.B. nicht auf die Sozialwidrigkeit sondern auf andere Umstände abstellt, so steht dem Klagenden auch weiterhin die Möglichkeit offen, sich auf die Sozialwidrigkeit der Kündigung zu berufen.

Dies ist in gewisser Hinsicht eine Privilegierung zum normalen ZPO-Verfahren, wo doch auch in der 1. Instanz bereits neuer Vortrag wegen Verspätung zurückgewiesen werden kann.

Der Vortrag muß aber wirklich noch bis zum Ende der mündl. Verhandlung der 1. Instanz erfolgen (BAG, 2 AZR 314/06 - PM v. 08.11.2007).


III. Verfahren und Hinweispflicht


Das Gericht soll den AN auf die Möglichkeit hinweisen, daß die Kündigung wegen Sozialwidrigkeit unwirksam sein könnte.

Bedeutung hat der Hinweis, wenn ein Auflösungsantrag nach §§ 9, 10 KSchG erfolgen könnte.

Auch wenn die Bestimmung des § 6 KSchG als Soll-Vorschrift verfaßt ist, besteht doch (nahezu?) Einigkeit, daß ein unterbliebender Hinweis einen Verfahrensmangel darstellt.
In dieser Kommentarsreihe werden insbesondere folgende Abkürzungen und Quellen verwendet:
a.A. = Anderer Ansicht
AG = Arbeitgeber (evtl. auch einmal "Aktiengesellschaft")
AGBs, AGB´s = Allgemeine Geschäftsbedingungen
AN = Arbeitnehmer
AG = Arbeitgeber
ArbG = Arbeitsgericht (gelegentlich auch für Arbeitgeber!)
ArbGG = Arbeitsgerichtsgesetz
ArbN = Arbeitnehmer
ArbZG = Arbeitszeitgesetz
AT = Austria, Österreich
BAG = Bundesarbeitsgericht (BRD)
BGB = Bürgerliches Gesetzbuch (BRD)
BGH = Bundesgerichtshof (BRD)
BRD = Bundesrepublik Deutschland
BVerwG = Bundesverwaltungsgericht
CH = Schweiz
Dornb./W.- ... Dornbusch/Wolff-(Bearbeiter), KSchG, arbeitsrechtliche Kurzkommentare, Luchterhand-Verlag
EuGH = Europäischer Gerichtshof
EU = Europäische Union
h.M. = Herrschende Meinung
KSchG = Kündigungsschutzgesetz
LAG = Landesarbeitsgericht
OGH = Oberster Gerichtshof (Österreich)
OLG = Oberlandesgericht (BRD)
OVG = Oberverwaltungsgericht (BRD)
Pal.- ... = Palandt-(Bearbeitername), Kurzkommentar zum BGB, C.H. Beck-Verlag
PM = Pressemitteilung
m.M. = Mindermeinung
Staudinger-... = Staudinger-(Bearbeiter, Kommentar zum BGB
str. = strittig, streitig
u.a. = unter anderem
u.U. = Unter Umständen
ZPO = Zivilprozeßordnung